Bundesliga:Umschwung in Bremen

Werder Bremen v RB Leipzig - Bundesliga

"Traumtor" zum 1:0: Zlatko Junuzovic.

(Foto: Stuart Franklin/Bongarts/Getty Images)

Von Ralf Wiegand, Bremen

Es war ein großes Thema vor dem Spiel, was sich die Fans des SV Werder Bremen als Protest gegen den österreichischen Getränke-Multi Red Bull ausdenken würden. Von einer ebenso großen wie geheimen Choreographie war die Rede, begleitet von Appellen der Bremer Vereinsführung, gewaltfrei und fair zu bleiben. Es wurden dann tatsächlich ein paar der üblichen Spruchbänder aufgezogen, die das distanzierte Verhältnis zum Deutschen Fußballbund wie zum Gegner RB Leipzig verbal zum Ausdruck brachten - die eindrucksvollste und perfideste Aktion gegen die von Österreich aus finanzierten Sachsen gelang allerdings den Bremer Fußballern: Alle drei Tore beim schier sensationellen 3:0 schossen Österreicher. Ziemlich gewaltig.

Zlatko Junuzovic (34. Minute), Florian Grillitsch (59.) und Florian Kainz (90.) schossen das Bremer Publikum bedenklich nahe an eine handfeste Euphorie heran und Werders Team an ein spezielles Mannschaftsessen: "Um einen Kaiserschmarrn werden wir wohl nicht rumkommen", sagte Zaltko Junuzovic nach dem 3:0 im Länderspiel zwischen der Republik Österreichs gegen Sachsen. Junuzovics Treffer zum 1:0 bewunderten sogar die Gegner, "das macht der auch nicht alle Tage", staunte der Ex-Bremer David Selke, "ein Traumtor" attestierte Leipzigs Marcel Sabitzer seinem Landsmann.

"Die Tore tun alle gleich weh, egal wer sie schießt", sagte Leipzigs Trainer Ralph Hasenhüttel, er selbst natürlich auch ein Österreicher. Tatsächlich waren es drei sehr, sehr schöne Tore, Junuzovics perfekt getroffener Fernschuss, Grillitschs Treffer in den Winkel nach ebenso simplem wie beeindruckendem Freistoßtrick und die Vollendung eines starken Konters durch Kainz. "Wir wissen jetzt, wie wir als Mannschaft erfolgreich sein können", sagte Junuzovic, nämlich nur genau so: "Als Mannschaft."

"Wichtiger ist, dass du als Mannschaft funktionierst"

Werders letztlich souveräner Sieg kam auch deshalb überraschend, weil die Bremer kurz vor dem Spiel ihre wichtigsten Offensivkräfte verloren: Sowohl Serge Gnabry als auch Max Kruse mussten mit muskulären Problemen passen. Dass Werder dennoch neben der zuletzt in vier Spielen ohne Niederlage eingeübten Stabilität auch offensive Aktionen von großer Reife zeigte, war so nicht zu erwarten. Nach einem offenen Spiel in der ersten Halbzeit, in dem Leipzig noch die besseren Chancen hatte, etwa durch einen Treffer von Sabitzer an den Innenpfosten, über den man gerne mal mit einem Ballistiker sprechen würde, waren die Bremer nach der Pause komplett überlegen. So war es möglich, in der Tabelle noch zwei Mannschaften wegen des besseren Torverhältnisses zu überholen - wann hat es das bei den notorisch anfälligen Bremern zuletzt gegeben?

Werder hat, das kann man jetzt nach vier Spielen und einem Unentschieden aus den letzten fünf Partien sagen, den Turnaround in jeder Hinsicht geschafft. Tabellarisch ist die Gefahr des direkten Abstiegs gebannt. Die Abwehr kassiert - etwa dank des fast unüberwindbaren Kopfball-Riesen Lamine Sané und dank des gereiften Torwarts Felix Wiedwald - kaum noch Gegentore. Das defensive Mittelfeld ist durch den Dänen Thomas Delaney eine Klasse besser geworden, und offensiv hat Werder traditionell mehr Möglichkeiten als gewöhnliche Abstiegskandidaten.

Der Ausfall von Gnabry und Kruse führte zu einer bisher nicht gesehenen Kompaktheit der Bremer, die ohne die beiden Alleingänger im Sturm viel geduldiger nach der besten Idee suchten und nicht nach der erstbesten. "Individualität hilft", sagte Zlatko Junuzovic, "aber wichtiger ist, dass du als Mannschaft funktionierst." Und so feierte das Bremer Publikum den Sieg derart befreit und fröhlich wie seit Jahren keinen Erfolg mehr im notorischen Überlebenskampf in der Bundesliga.

Werder mit einem Matchplan

In der kommenden Länderspielpause dürfte daher das Trainerthema an der Weser wieder aufploppen, nur andersrum als bisher. Da stand, räumte Junuzovic ungewöhnlich freimütig ein, "das Trainerteam auf der Kippe", weil Werder einfach nicht gewann. "Deswegen freut es mich jetzt umso mehr, weil das Trainerteam gut zu uns passt." Nouri hat nur einen Vertrag bis zum Saisonende, Sportchef Frank Baumann will erst verlängern, wenn der Klassenerhalt sicher ist.

Nouri musste sich noch vor zwei Wochen für ein fast peinliches 2:0 gegen den überlegenen Tabellenletzten Darmstadt rechtfertigen, diesmal bekam er Lob von allen Seiten. "Alles, was wir uns vorgenommen haben, haben wir umgesetzt", sagte Florian Grillitsch, "wir wollten das intensive Pressing der Leipziger überspielen, und das ist uns gut gelungen." Klingt nach einem echten Matchplan - noch was Neues bei den wiederauferstandenen Werderanern.

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