Bundesliga: Werder Bremen:Verrückt nach Mesut

Während Werder Bremen versucht, einen Überblick über den Transfermarkt für Mesut Özil zu gewinnen, verliert die Mannschaft ein Testspiel mit 1:5 beim FC Fulham - Manager Allofs platzt der Kragen.

Jörg Marwedel

Klar, ein Testspiel ist ein Testspiel. Das Ergebnis, sagen gewöhnlich die Trainer und Manager, zähle nicht, sondern nur die Erkenntnisse, die man aus solchen Proben zieht. Doch was ist, wenn eine Woche vor dem Start in den DFB-Pokal, anderthalb Wochen vor dem Duell um die Champions-League-Qualifikation und zwei Wochen vor dem ersten Bundesligaspiel passiert, was dem SV Werder Bremen passiert ist? Nämlich eine 1:5-Niederlage beim englischen Premier-League-Klub FC Fulham, obwohl in der ersten Halbzeit alles noch so prima lief und Claudio Pizarro (14.) das 1:0 zum Pausenstand erzielte?

Fulham v Werder Bremen

Ehemaliger Nationalspieler gegen Neu-Nationalspieler: Während Werders Torsten Frings in der DFB-Elf keine Chance mehr hat, wurde Fulhams Bobby Zamora (li.) erstmals ins englische Nationalteam berufen.

(Foto: Getty Images)

Danach aber brach das Team derart zusammen, dass Werder-Chef Klaus Allofs seine vornehme Zurückhaltung aufgab wie ein Chauffeur, der plötzlich über andere, fahrlässige Autofahrer herzieht. Das sei naiv, unprofessionell und katastrophal gewesen, monierte er: "Wir vertreten hier auch Deutschland und die Bundesliga, so kann man sich nicht präsentieren." Überhaupt läuft es derzeit nicht so, wie sie es in Bremen gerne hätten. Auch im Falle Mesut Özil, der bei der Pleite im Stadion Craven Cottage zum ersten Mal nach seinem WM-Urlaub ins Spiel kam, in der 36. Minute als Einwechselkraft für den indisponierten Tim Borowski.

Vermutlich wird Klaus Allofs dennoch weniger Özil gemeint haben, als er davon sprach, einige Profis seien nicht "zu hundert Prozent dabei" gewesen, und wer nicht die Bereitschaft habe "mitzuziehen, hat keine Zukunft bei Werder". Dass Özil vermutlich keine Zukunft mehr bei Werder hat und der Klub ihn verkaufen will, obwohl das nicht die offizielle Lesart ist, liegt weniger an seiner Lustlosigkeit am Ball.

Eher daran, dass er nicht bereit ist, den Stift in die Hand zu nehmen, um den noch bis 2011 laufenden Vertrag zu verlängern. Nur in diesem Jahr kann Werder noch Millionen für Özil kassieren. Dann ist er ablösefrei. Bis zum 31. August haben jene Klubs noch Zeit, die an einer Verpflichtung der 21-jährigen WM-Entdeckung interessiert sind - und vermutlich werden sie diesen Rahmen auch ausschöpfen.

Will Werder Özil verkaufen?

Damit Werder mit dem Preis noch heruntergeht, bevor man gar nichts mehr bekommt. Die Gruppe der zumindest interessierten Bewerber dürfte aus vier klangvollen Namen bestehen: Manchester United, FC Chelsea, FC Barcelona, Real Madrid. Manchesters Manager Alex Ferguson hat sich das Werder-Desaster sogar live im Stadion angesehen. Weil sein Team bald auf den FC Fulham trifft? Oder weil es so kommt, wie der Kolumnist des angesehenen Guardian glaubt: "Alex Ferguson wird sich bald mit Chief Executive David Gill zusammensetzen, einen Taschenrechner, einen Stift und ein Blatt Papier nehmen, um den Plan zu entwickeln, wie er den deutschen Mittelfeldspieler nach Old Trafford bringt."

In der Zeitung Daily Star Sunday wird Özil zitiert, es gebe vier, fünf Vereine in Europa, die für jeden Spieler interessant seien. Manchester United und der FC Chelsea gehörten mit Sicherheit dazu. Özils Berater Reza Fazeli sagte der SZ, sein Klient habe nie mit Reportern dieses Blattes gesprochen.

Ersatz für Kaká bei Real?

Es gibt auch Berater, die vermuten, dass Werder hinter diesen Zitaten steckt, um Özils Marktwert zu erhöhen. In Spanien hingegen glauben Insider, der neue Präsident des FC Barcelona, Sandro Rosell, sei mit Werder einig. Nur Trainer Josep Guardiola müsse noch zustimmen. Für Rosell, einst tätig für den Sportartikelanbieter Nike und noch immer mit guten Kontakten zur Firma versehen, wäre Özil auch aus diesem Grunde perfekt - er ist ja auch in Deutschland schon ein Nike-Gesicht. Real wiederum wirft ein Auge auf Özil, weil Kaká lange ausfällt.

Auch sonst laufen die Geschäftsgänge in Bremen längst nicht optimal. Bei der Auslosung zur Champions-League-Qualifikation erwischte man mit dem italienischen Tabellenvierten Sampdoria Genua einen der schwierigsten Gegner. Zudem muss man auf der Baustelle Weserstadion antreten. Dort ist die Ostkurve, die Heimat der echten Fans, nach dem Umbau noch nicht fertig. Der brasilianische Mittelfeldspieler Wesley vom FC Santos, mit dem man schon handelseinig war, hat noch einmal Bedenkzeit erbeten, seitdem nun auch Benfica Lissabon um ihn wirbt.

Und Marko Arnautovic, der schwierige österreichische Wunderknabe, hat auch gleich für Irritationen gesorgt. Er musste vergangene Woche Liegestütze machen und Strafrunden laufen, weil er nach einer Entscheidung von Trainer Schaaf im Training den Ball wutentbrannt gegen die Werbebande schoss. Eine bessere Werder-Woche wäre wohl eine, in der man den reisewilligen Özil gegen gutes Geld verkauft - und dafür den bei Juventus Turin unglücklichen Diego zurückholt.

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