Bremens 1:1 in Berlin:Der unglaubliche Claudio Pizarro

Hertha BSC v SV Werder Bremen - Bundesliga

Finale Ekstase: Nach seinem späten Ausgleich gibt es für Claudio Pizarro kein Halten mehr. Er ist nun der älteste aller Bundesliga-Torschützen.

(Foto: Bongarts/Getty Images)
  • Claudio Pizarro beschert Werder Bremen in der 96. Minute einen unverhofften Punkt in Berlin.
  • Er trifft per Freistoß - und ist nun der älteste aller Torschützen in der Bundesliga.
  • Für Hertha BSC ist der späte Ausgleich doppelt bitter.

Von Javier Cáceres, Berlin

Die unglaubliche Geschichte des unglaublichen Claudio Pizarro bei Werder Bremen ist um eine Episode reicher. Der Peruaner traf unmittelbar vor dem Schlusspfiff durch einen abgefälschten Freistoß in der 96. Minute zum 1:1-Ausgleich bei Hertha BSC Berlin - und sicherte den Bremern am Samstagabend einen kaum noch für möglich gehaltenen Punkt.

Pizarro, 40 Jahre und 136 Tage alt, darf sich nun mit einem offiziösen Titel schmücken: Er löste den früheren Bremer Mirko Votava (40 Jahre, 121 Tage) als ältesten Spieler ab, der je einen Bundesligatreffer erzielt hat.

Vor dem Freistoß hatte Pizarro zusammen mit Max Kruse am Ball gestanden. Ein kurzes Gespräch, Pizarro hatte eine Idee, Kruse nickte - und Pizarro jagte den Ball flach unter den hochspringenden Abwehrbeinen ins Netz. Abgefälscht war der Ball noch, von Herthas Valentino Lazaro, aber er fand sein Ziel. Mit ausgebreiteten Armen rannte Pizarro in finaler Ekstase über den Platz, seine Mannschaftskollegen mit ausgebreiteten Armen hinter ihm her.

Er sei "sehr stolz und zufrieden", sagte Pizarro nach seinem Jubellauf bei Sky: "Der Trainer hat mich gefragt, warum hast du geschossen? Ich habe mit Max Kruse darüber gesprochen, dass es vielleicht gut wäre, unter der Mauer durchzuschießen, weil die werden springen." Der Rekord mache ihn ebenfalls "sehr stolz".

Selke trifft gegen seine frühere Mannschaft zur Führung

Mit seinem Treffer entriss der nach gut einer Stunde eingewechselte Pizarro dem Slowenen Ondrej Duda die Rolle des Protagonisten einer umkämpften, aber zähen Partie. Der Slowene war der Faktor gewesen, der lange Zeit den Unterschied zwischen den beiden Tabellennachbarn ausmachte - und überhaupt für fußballerischen Flair sorgte.

Viel zu lange war die Partie von der Kontrollsucht beider Mannschaften zerfressen, das heißt: frei von Strafraumszenen gewesen. Dann tauchte Duda auf, testete ein, zwei Mal aus, ob sich mit Pässen in die Spitze etwas ausrichten lassen könnte. Das diente zunächst Salomon Kalou als Inspiration: In der 21. Minute filetierte er die Abwehr der Bremer mit einem Pass auf Davie Selke (21.); der einst in Bremen beschäftigte Mittelstürmer traf mit einem spektakulären Rechtsschuss aber nur den Pfosten. Vier Minuten drauf traf Selke dann doch zur Führung, nach einer brillanten Eingebung Dudas.

Der Slowene hatte in Nähe der Mittellinie den Ball erhalten, den Laufweg Kalous genau kalibriert und einen Pass gespielt, wie ihn nur echte Zehner aus dem Fußgelenk schütteln können. Kalou bediente Selke mit einem Querpass, der eine Spur zu großzügig bemessen war, Selke aber doch noch erreichte: Mit einem sanften Lupfer gegen die Laufrichtung des herausstürzenden Werder-Torwart Jiri Pavlenka sorgte Herthas Angreifer für das 1:0.

Der Ausgleich ist doppelt bitter für Hertha BSC

Kurz darauf hätte Duda fast für das 2:0 gesorgt - mit einem so brachialen wie zauberhaften Freistoß aus 25 Metern, der aber nur an der Querlatte landete. Die Führung der Berliner war insofern verdient, als Herthas Spiel vor allem durch Duda eine Vertikalität aufwies, die den Bremern in der ersten Halbzeit völlig abging. Sie kamen in den ersten 45 Minuten auf nicht einen einzigen Torschuss, was allerdings nicht nur an den formidablen Berliner Defensive lag, sondern auch an Schiedsrichter Sören Storks. Vor allem Herthas Innenverteidiger Niklas Stark genoss völlige Straflosigkeit, zwei gelbwürdige Fouls Starks (gegen Davy Klaasen und gegen Milot Rashica) wurden nicht oder nicht mit der gebotenen Härte geahndet.

Nach der Pause waren die Bremer dann erkennbar darum bemüht, die eigenen Angriffsbemühungen mit größerer Überzeugung vorzutragen. Ein erster Torschuss Rashicas, den Herthas Torwart Jarstein ohne größere Mühe parierte, zeugte davon. Jedoch: Es war wieder Hertha, die größere Gefahr heraufbeschwor, und wieder durch Duda. Erst tanzte Duda in der Bremer Hälfte einen Gegner aus, betrat den Strafraum und hätte wohl Tor schreien dürfen, wenn der frühere Berliner Sebastian Langkamp nicht noch das Bein dazwischen bekommen hätte (59.). Danach sah Werders Trainer Florian Kohfeldt die Minute gekommen, Pizarro für den 20-jährigen Johannes Eggestein einzuwechseln.

Werder setzte sich fortan zwar in der Hälfte der Herthaner fest. Doch obschon die Berliner wegen einer Verletzung von Jordan Torunarigha (57.) ihre Defensive umstellen mussten, fanden die zunehmend ideenlosen Bremer nicht mal Haarrisse im italienisch anmutenden Hertha-Beton. Als die Zeit davonzulaufen schien, versuchte es Kohfeldt mit einem Doppelwechsel: Kevin Möhwald und Joshua Sargent kamen für Philipp Bargfrede, doch auch das fruchtete zunächst nicht: Zermürbt und entnervt mussten die Bremer taumelten die Bremer einer Niederlage entgegen. In der Nachspielzeit kam es zu einem Tumult am Spielfeldrand, weil die Berliner versuchten, auf Zeit zu spielen und den Ball versteckten - Herthas Reservist Vedad Ibisevic und Werder-Trainer Kohfeldt sahen jeweils die gelbe Karte.

Dann leistete sich Fabian Lustenberger ein Foul an Joshua Sargent. Und als niemand mehr daran glaubte, traf Pizarro.

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