Bundesliga:Was passiert, wenn Frankfurt in der Champions League landet?

Bundesliga: Ab nach Europa? Kevin-Prince Boateng wäre dabei.

Ab nach Europa? Kevin-Prince Boateng wäre dabei.

(Foto: AFP)
  • Eintracht Frankfurt müsste schon viel falsch machen, damit diese Saison nicht auf einem Europapokalplatz endet.
  • Sogar die Qualifikation für die Champions League ist möglich, im Klub werden bereits Chancen und Risiken abgewogen.
  • Hier geht es zur Tabelle der Fußball-Bundesliga.

Von Frank Hellmann, Frankfurt

Niko Kovac scheint nach fast genau zwei Jahren als Trainer von Eintracht Frankfurt an einem Punkt angelangt zu sein, an dem seine Arbeit von einem Genussfaktor begleitet wird. Wie sonst waren die Sätze des Fußballlehrers vor dem Auswärtsspiel bei Borussia Dortmund zu verstehen? "Dortmund muss in die Champions League, das ist das erklärte Ziel, und dementsprechend ist der Druck sehr viel größer als auf unserer Seite. Der BVB muss, wir können", sagte Kovac.

Er erinnerte noch einmal an den nervenzehrenden Abstiegskampf im Frühjahr 2016, als die Hessen nach Kovacs vermasseltem Einstand bei der Borussia aus Mönchengladbach als erklärter Abstiegskandidat galten. Damals, erklärte der Coach, sei der Druck ein "sehr negativer gewesen". Und heute? "Wir haben einen sehr angenehmen, positiven Druck. Wir können etwas erreichen, womit wir am Anfang der Saison nicht gerechnet haben. Wir haben die Freiheit, das Spiel zu genießen."

"Das Stadion wäre voll, wir hätten mehr Sponsoreneinnahmen und würden bei den TV-Geldern aufsteigen"

Tatsächlich ist der aktuelle Tabellenvierte - punktgleich mit dem Dritten Dortmund - jene Mannschaft aus dem vorderen Drittel, die am meisten gewinnen kann. Ohne jeden Zwang. Anders als Bayer Leverkusen, FC Schalke 04, RB Leipzig oder Dortmund hat in Frankfurt niemand die Europapokalteilnahme eingeplant; noch vor wenigen Wochen konnte Sportvorstand Fredi Bobic alle Gedankenspiele mit dem Verweis auf die 40-Punkte-Marke als Hirngespinste abtun.

Nun aber bietet sich eine Chance, die an die Saison 2012/2013 erinnert, als die Frankfurter - berauscht vom Wiederaufstieg - direkt in den Europapokal durchstarteten. Die Euphorie schwappte im Sommer durch die ganze Stadt, die Tickets für die Europa-League-Playoffs im August 2013 wurden als "Blind date" an die Anhänger veräußert. Das Stadion war ausverkauft, obwohl der Gegner gar nicht feststand. Und dass der Gegner dann ein eher namenloser war, Qarabag Agdam, das störte niemanden.

Auch die Gruppenphase geriet beinahe zum Triumphzug. Gegen Apoel Nikosia, Maccabi Tel Aviv und Girondins Bordeaux war die Arena bestens gefüllt, zu den Auswärtsspielen machten sich Tausende Eintracht-Fans auf Reisen. Der damalige Trainer Armin Veh dirigierte mit einer großen Frankfurt-Fahne fast 12.000 Fans in Bordeaux. Schlussendlich schied der Bundesligist erst in der Europa-League-Zwischenrunde unglücklich gegen den FC Porto aus. Und neben dem sportlichen Erfahrungsschatz blieb auch wirtschaftlich einiges hängen.

Die Eintracht vermeldete für die Saison 2013/2014 den damaligen Rekordumsatz von 99 Millionen Euro, neun Millionen betrug der Gewinn, das Eigenkapital wuchs. Und der Puffer tat dem Klub in den kommenden Jahren ausgesprochen gut. Nun wäre eine Europapokalteilnahme wieder ein Wachstumsbeschleuniger. Die Vision des für Finanzen zuständigen Vorstandsmitglieds Axel Hellmann geht so: "Das Stadion wäre voll, wir hätten mehr Sponsoreneinnahmen und würden bei den TV-Geldern aufsteigen." Den Druck aber erhöht aus der Führungsetage niemand. Von Hellmann heißt es gerne: "Mal sehen, wie weit die Füße tragen."

Torwart Lukas Hradecky pokert ums Gehalt

Gleichwohl: Mittlerweile müsste die aktuelle Mannschaft schon sehr viel falsch machen, um sich nicht zumindest für die Europa League zu qualifizieren. Denn zum einen tritt die Eintracht auch noch im DFB-Pokal-Halbfinale (am 18. April beim FC Schalke 04) an, zum anderen öffnet sich wohl auch noch für den Tabellensiebten eine Hintertür. Eintracht-Legende Jürgen Grabowski, eigentlich nicht als Lautsprecher bekannt, traut Frankfurt gar Platz zwei und den Einzug ins Pokalfinale zu. Aber auch der vierte Rang würde ja in diesem Jahr erstmals zur direkten Teilnahme an der Champions League berechtigen.

Über die Erlöse, die solch ein Erfolg brächte, stellt bisher niemand öffentliche Hochrechnungen an. Klar ist: Die wohl mindestens 25 Millionen Euro an Einnahmen würden zum Teil durch Investitionen in den Spielerkader aufgefressen, denn für die Konkurrenzfähigkeit in der Königsklasse müsste der Klub auch in der Breite einiges tun. Zudem würde der Erfolg Begehrlichkeiten wecken, die genau abzuwägen sind; wie im Fall des offenbar um ein Jahresgehalt von annähernd vier Millionen Euro pokernden Torwarts Lukas Hradecky, der wohl nicht über den Sommer hinaus am Main bleibt.

Sportvorstand Fredi Bobic weiß aus seiner Zeit beim VfB Stuttgart nur zu gut, welche Problematik langfristige Verträge bedeuten, die auf eine internationale Teilnahme ausgerichtet sind. Wenn aber diese Bühne nur einmalig bespielt wird, können solche Festspiele schnell zum Bumerang werden. Insofern, heißt es hinter vorgehaltener Hand, ist die Europa League vielleicht sogar die bessere Plattform, um nachhaltig aus dem Status als solider Mittelklasseklub zu erwachsen. Zumal in Frankfurt die Europa League beim Publikum auf breiten Zuspruch träfe. Und: Der Wettbewerb ist auch finanziell werthaltiger als in seinen Gründerzeiten.

Dazu machte Christian Seifert, Chef der Deutschen Fußball Liga (DFL), kürzlich eine interessante Modellrechnung auf: Jeder deutsche Teilnehmer könne bei zehn Punkten in den Gruppenspielen rund 18,5 Millionen Euro aus dem deutschen Fernsehtopf einstreichen, die auf Jahre über die Erlöse der internationalen Vermarktung ausgeschüttet würden. Geld, das Eintracht Frankfurt für den nächsten Entwicklungsschritt gut brauchen kann.

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