Bundesliga:Vom Polter-Geist erschreckt

GER, FC Augsburg vs. VfL Bochum, 1.Bundesliga Fussball, 14. Spieltag, Saison 2021/2022, 04.12.2021 Tor fuer VfL Bochum

Doppelpack in der ersten Halbzeit: Bochums Stürmer Sebastian Polter feiert sein Tor zum 3:0 in Augsburg.

(Foto: Roger Buerke/Eibner-Pressefoto/imago)

Beim FC Augsburg kehrt die Tristesse zurück. Vor leeren Rängen bedeutet das 2:3 gegen Bochum einen herben Rückschlag im Tabellenkeller. Der erstaunlich gute VfL überrascht hingegen mit neuer Auswärtsstärke und Standard-Kompetenz.

Von Maik Rosner, Augsburg

Der Schreck schien den Augsburgern noch in den Knochen und Köpfen zu stecken, zumindest klangen sie nach dem Abpfiff so. Das galt vor allem für Niklas Dorsch, der ungebremst drauflos schimpfte: Von einer "absoluten Frechheit" und einer "scheiß ersten Halbzeit" sprach der zentrale Mittelfeldspieler des FCA, man habe in diesem eigentlich so wichtigen Heimspiel "viel falsch gemacht".

Das robuste Vokabular wirkte nach dem 2:3 (0:3) gegen den VfL Bochum ein bisschen wie das sprichwörtliche Pfeifen im Walde, als wolle Dorsch gegen die nun wieder größeren Sorgen vehement anreden. Durch die Niederlage - nach zehn Punkten aus den vorherigen vier Heimspielen - hatte sich der Plan der Augsburger ins Gegenteil verkehrt, den vermeintlichen direkten Konkurrenten im Kampf um den Klassenerhalt einzuholen. Stattdessen schafften es die Augsburger auch im 15. Versuch hintereinander nicht, zu Hause gegen einen Aufsteiger zu gewinnen. Durch diesen Negativrekord verharren sie auf Relegationsplatz 16, nun allerdings mit sechs Punkten Rückstand auf die erstaunlich guten Bochumer, die in der Tabelle sogar Leipzig überholt haben.

"Wir sind stolz darauf", sagte VfL-Sportdirektor Sebastian Schindzielorz über den beachtlichen Ertrag von 19 Punkten. Der Vorsprung der Augsburger auf einen direkten Abstiegsplatz beträgt derweil nur noch deren drei. "Es ist ein Rückschlag", sagte FCA-Trainer Markus Weinzierl.

Der Geräuschpegel sinkt wieder auf das Niveau einer Bezirkssportanlage

Hoffnung vor den abschließenden Ligaspielen des Jahres in Köln, gegen Leipzig und in Fürth macht den Augsburgern, dass sie ihrer gruseligen ersten Halbzeit wenigstens eine bessere zweite folgen ließen. Durch Tore von Michael Gregoritsch (57.) und Daniel Caligiuri (86./Foulelfmeter) waren sie einem Remis noch nahe gekommen. In der ersten Halbzeit allerdings hatte ihr Auftritt in jeglicher Hinsicht an überwunden geglaubte düstere Zeiten erinnert - auch wegen der am Tag vor dem Spiel vom bayerischen Kabinett verordneten Leere auf den Tribünen.

Am 19. November hatten noch 26 000 Zuschauer in der Augsburger Arena den 2:1-Sieg gegen den FC Bayern bejubelt. Nun legte sich wieder der Geräuschteppich einer Bezirkssportanlage über das Stadion. Neben dem Rauschen der vorbeifahrenden Autos auf der nahen Bundesstraße 17 waren vor allem die Rufe der Spieler und Trainer zu hören. Hinzu kam, dass zwei FCA-Mitarbeiter mit den Deckeln von zwei Mülltonnen klapperten und das Scheppern zuweilen stimmlich untermalten. Es waren Geräusche wie in einer Geisterbahn.

Letztmals hatten die Augsburger am 15. Mai zu Hause ganz ohne Zuschauer gespielt, damals erreichten sie jedoch durch ein 2:0 gegen Bremen den Klassenverbleib. Diesmal sollte es gegen Bochum zumindest darum gehen, die Aussicht aufs neuerliche Drinbleiben zu verbessern. Aber auch in sportlicher Hinsicht wirkte die Augsburger Leistung wie ein Rückfall in die Muster eines schauderhaften Amüsierbetriebs. Zur Pause lagen sie bereits 0:3 zurück, nachdem sich die Bochumer als Schreckgespenster zu erkennen gegeben hatten. Zunächst traf Sebastian Polter nach einem Fehlpass des Augsburgers Arne Maier im Mittelfeld und einem Konter (23.). Gerrit Holtmann (40.) und erneut Polter (45.+2) erhöhten dann jeweils nach Eckbällen von Eduard Löwen, der 2020 noch als Leihspieler für Augsburg gekickt hatte.

Die Bochumer machten sich einen Spaß daraus, die Augsburger zu erschrecken. Das kam insofern unerwartet, weil der VfL auswärts zuvor sechs seiner sieben Ligaspiele verloren hatte, nur beim Tabellenletzten Fürth glückte ein 1:0. Auch mit Standardtoren waren die Bochumer bisher nicht aufgefallen, von ebenfalls einer Ausnahme abgesehen. Am Samstag aber schien alles zusammenzukommen, das Gute aus Sicht der Gäste und das Schlechte aus Sicht der Augsburger. Es passte auch ins Bild, dass Sebastian Polter erstmals zwei Tore in einem Bundesligaspiel gelangen und er sich an in der Augsburger Geisterbahn als, nun ja, Polter-Geist entpuppte. Zu allem Überfluss aus Sicht des FCA verabschiedeten sich Raphael Framberger und Andi Zeqiri während der ersten Halbzeit mit noch nicht diagnostizierten Blessuren in den Krankenstand.

Am Ende passte es auch noch zu diesem Geisterspiel, dass es die Bochumer in der Schlussphase noch mal mit der Angst zu tun bekamen. "Auf einmal geht das Zittern los", stellte Trainer Thomas Reis nach dem 1:3 fest. Doch zum kompletten Rollentausch kam es nicht mehr in der Augsburger Geisterbahn.

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