Bundesliga:Völler schimpft über "eine Sauerei"

Bayer 04 Leverkusen - FC Barcelona

Gab dem TV-Sender Sky kein Interview: Leverkusens Sportdirektor Rudi Völler.

(Foto: dpa)

Sky hatte vor dem 3:0 gegen Frankfurt berichtet, Leverkusen werde Trainer Roger Schmidt entlassen. Bayers Sportdirektor Rudi Völler ist wütend - und zieht Konsequenzen.

Von Milan Pavlovic, Leverkusen

Oft genug enden Fußball-Nachmittage ganz anders, als sie begonnen haben. Aber nur selten sind die Unterschiede so groß wie am Samstag in Leverkusen. Dort machte am frühen Nachmittag zunächst die Nachricht von einer Trainerentlassung die Runde. Wenige Stunden später wirkte die Meldung wenigstens an diesem Tag deplatziert. Denn Leverkusen gewann ein Spiel, in dem die Werkself lange dominiert wurde, noch 3:0 gegen Frankfurt - und damit am Ende um ein paar Tore zu niedrig.

Noch bevor die Partie angepfiffen wurde, sah sich Bayer-Geschäftsführer Michael Schade gezwungen, ein Dementi abzugeben. Nein, es habe keine Sitzung des Leverkusener Gesellschafterausschusses gegeben. Und deshalb auch keinen Beschluss, Trainer Roger Schmidt nach der Reihe von Enttäuschungen und Niederlagen zu entlassen. Weder an diesem Spieltag noch nach der Saison.

"Eine Sauerei", nannte Sportdirektor Rudi Völler den ungewöhnlichen Vorfall, niemand habe sich dafür entschuldigt - und solange das nicht passiere, werde er mit den Verantwortlichen nicht mehr reden. Wie Schade gab er dem TV-Sender Sky kein Interview. Schmidt selbst sagte, er habe nichts von alldem mitbekommen, bis ihm gesagt wurde, dass er vor dem Anpfiff nicht zum Interview müsse, "das war mir ganz recht".

Der 17-jährige Havertz setzt viele Ausrufezeichen

Als die Begegnung begann, blieben augenfällig viele Plätze der Dauerkartenbesitzer leer - wahrscheinlich die Quittung für schon vier Heimniederlagen des Werksklubs. Als wollten die Gastgeber die Abwesenden bestrafen, warteten sie rasch mit der ersten spektakulären Aktion auf. Der gerade mal 17-jährige, hoch talentierte Kai Havertz schnappte sich in der fünften Minute kurz vor dem Gäste-Strafraum einen Abpraller und marschierte einfach frech drauf los - durch die winzige Gasse, die vier verblüffte Frankfurter hinterließen. Als der fünfte Gegner (Hector) den Ball im Strafraum klären wollte, kam ein weiterer Querschläger zustande, der exakt auf dem rechten Fuß von Javier "Chicharito" Hernandez landete, der volley aus neun Metern zum 1:0 abschloss.

Doch ähnlich wie beim vergangenen Heimspiel gegen Gladbach, als Leverkusen eine 2:0-Führung nicht langte, wurde die Werkself durch den Vorsprung nicht sicherer. Auch diesmal lag das am Gegner. Frankfurt steckte den Rückstand cool weg und bestätigte danach seine gute Form. Seit dem vergangenen Auftritt in Leverkusen (einer 0:3-Niederlage im Abstiegskampf Mitte April 2016) ist die Eintracht punktemäßig der zweitbeste Bundesliga-Klub mit 13 Siegen bei nur fünf Niederlagen.

Chicharito fremdelt - und trifft dennoch ein zweites Mal

Und auch an diesem kalten Nachmittag stellten die Hessen im Dauerregen zunächst das bessere Team, mit gut orchestrierten Angriffen, klarer Spielaufteilung und technischen Feinheiten. Alexander Meier steckte den Ball ohne hinzugucken in den Lauf von Gacinovic, dessen Flachschuss gerade so von Bernd Leno entschärft werden konnte (20.). Auch sechs Minuten später rettete der Bayer-Keeper in höchster Not, diesmal gegen Hrgota. Leverkusen führte, lief aber fast ständig den Gegnern hinterher, weil es oft zu hohes Risiko in den Zweikämpfen ging.

Nach vorne wirkte Leverkusen in dieser Phase oft unkoordiniert wie schon in der gesamten Spielzeit; wie ein Team, das zu selten Automatismen trainieren kann. Böse Zungen verwiesen darauf, dass in der vergangenen Woche lieber ein Teambuilding-Tag mit Beachvolleyball eingelegt wurde statt zu trainieren. Vor allem Chicharito wirkte - wenn er nicht gerade im Abseits stand - oft so, als hätte er keine Ahnung, wohin ihn seine Kollegen schicken könnten. Den Fußball-Gott schert so etwas bekanntlich nicht. Er setzte den Mexikaner mit den raspelkurzen Haaren ins Rampenlicht, indem er ihm ein zweites Tor schenkte - in der 63. Minute stand er am Ende einer überragenden Kombination über Brandt (Dribbling), Kampl (Flanke) und Bellarabi (Scherenschlag-Flanke), womöglich der besten des Werksklubs in dieser Saison.

Danach erlebten die Zuschauer eine komplett andere Partie: Leverkusen wirkte wie befreit, kombinierte mit einem Mal flüssig über Havertz, Kampl und den vorher glücklosen Bellarabi. Ähnlich schön wie das 2:0 war das 3:0 in der 78. Minute über Kampl, Henrichs und Bellarabi, dessen Flanke der eingewechselte Kevin Volland über die Linie schob. Frankfurt war da am Ende einer ungewohnten englischen Woche ermattet, Leverkusen ließ weitere Chancen aus.

Das Fazit fiel daher recht einmütig aus. Eintracht-Trainer Niko Kovac sagte knapp: "Leverkusen ist Champions League, wir noch nicht." Er werde seine Mannschaft "nicht runtermachen, sondern lieber die Leistung des Gegners hervorheben". Roger Schmidt zeigte sich erleichtert, dass "so vieles so gut geklappt", der lange verletzte Bellarabi "sich freigeschwommen" und Kevin Volland "endlich sein erstes Bundesliga-Tor für uns erzielt" habe. Plötzlich wirkt der Rückstand auf Frankfurt (acht Punkte) alles andere als uneinholbar. Wenn dieser ganze kuriose Nachmittag in Leverkusen nicht bloß eine Falschmeldung war.

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