Bundesliga: TSG Hoffenheim:Macht ohne Mandat

Der Transfer von Luiz Gustavo zu Bayern München zeigt: Die großen Entscheidungen in Hoffenheim trifft Geldgeber Dietmar Hopp. Doch ist das überhaupt erlaubt? Die DFL prüft.

Moritz Kielbassa

Der verzwickte Fall TSG Hoffenheim/Rangnick/Hopp/Luiz Gustavo, er schrieb sich auch am Montag fort. Detailliert legten die Beteiligten offen, wer wem wann welche Mails oder Handy-Mitteilungen sendete, in welchen transatlantischen Telefonaten die an Neujahr verkündete Trennung des Fußball-Bundesligisten und seines Trainers vage erwogen, angeblich angedroht und schließlich beschlossen wurde; und wie lausig die interne (Nicht-)Kommunikation war beim zunächst abgelehnten, später bewilligten Transfer des Mittelfeld-Kämpfers Luiz Gustavo zum FC Bayern.

1899 Hoffenheim v Greuther Fuerth - 2. Bundesliga

Gehen fortan getrennte Wege: Ralf Rangnick und Dietmar Hopp.

(Foto: Christof Koepsel/Getty Images)

Den Vorwurf, Rangnick durch das Verheimlichen wichtiger Informationen in jener Causa bewusst provoziert und aus dem Dorf gemobbt zu haben, wies Mäzen Dietmar Hopp zurück: "Nein", sagt er, das sei "wirklich nicht" die Absicht gewesen.

Hopp, 70, gibt derzeit aus seinem Ferienhaus in Florida viele Stellungnahmen ab, er will sich rechtfertigen. Der Geldgeber, der in seiner Heimatregion durch Sportförderung (Fußball, Handball, Eishockey, Golf) und viele gemeinnützige Projekte (Soziales, Bildung, Medizin) das Standing eines honorigen Fürsten hat, spürt Gegenwind. Dass Rangnick, eine Hoffenheimer Symbolfigur, ohne zwingende sportliche Gründe ging, wird in der gar nicht mehr so kleinen Fangemeinde kontrovers bewertet.

Und unstrittig ist, dass Hopp beim Verkauf Luiz Gustavos, für den die Bayern offenbar sogar 17 bis 20 Millionen Euro (je nach Zuschlägen) überweisen, Regie führte - in Zusammenarbeit mit Manager Ernst Tanner.

Das zeigt, deutlicher denn je, das strittige Hoffenheimer Sondermodell: Große Entscheidungen trifft im Dorf derjenige, der die Zeche zahlt, obwohl er im Verein keine operative Funktion hat. Hopp hat die Macht, ohne Weisungsbefugnis. Er handelt dabei inzwischen wie ein Unternehmer, bedacht auf eine gute Balance zwischen Ausgaben und Einnahmen - nicht wie ein Mäzen mit endlos sprudelnden Quellen: "Ich bin kein Abramowitsch", betonte er bereits 2007 in Anspielung auf den russischen Milliardär, der Unsummen in sein Spielzeug FC Chelsea steckt.

Auch der Software-Milliardär Hopp (SAP) führte seinem Heimatklub nach eigenen Angaben als Gönner mehr als 175 Millionen Euro zu, auch für teure Immobilien (Rhein-Neckar-Arena, Trainingsgelände in Zuzenhausen, Nachwuchszentren) und gewiss mit guten Motiven. So wurde ein Kreisligist zur Fußball-Traumfabrik. Seit langem wünscht sich Hopp jedoch, die TSG solle bald aus eigener Kraft schwarze Zahlen schreiben.

Der sportliche Akzent auf Toptalenten habe auch betriebswirtschaftliche Gründe, sagt Hopp - und meint Transfereinnahmen wie zuletzt jene fast 40 Millionen Euro, für die mit hoher Wertsteigerung veräußerten Brasilianer Gustavo und Carlos Eduardo (Rubin Kasan).

Opposition undenkbar

Der Transfer Gustavo löste intern dennoch eine Lawine aus. Und er gab der Liga erneut zu erkennen - paradoxerweise in einem Moment Erlös-orientierten Handelns -, wie Hopp und Hoffenheim Regeln für Investoren im deutschen Fußball kreativ beugen. Laut der 50+1-Beschränkung muss in Kapitalgesellschaften von Profiklubs der Stammverein die Stimmenmehrheit haben, kein Geldgeber soll sich Allmacht über einen Klub verschaffen können, denn "normale" Kapitalanleger steuern nie mehr Geld bei, als sie im Gegenzug an Kontrolle über die Klubgremien erhalten. Anders Hopp.

Er hält an Hoffenheims GmbH, im Einklang mit der Liga-Verfassung, nur 49 Prozent, doch bereits vom Stammkapital lieferte er 96 Prozent, seine Finanzspritzen können in den Bilanzen clever verbucht werden - und auch ohne formale Vollkontrolle kann Hopp sicher sein, dass nichts gegen seinen Willen geschieht: keine großen Transfers, keine Ernennung leitender Angestellter. Im Beirat, dem noch jungen Kontrollgremium, sitzen Hopp-Vertraute.

In Klubs mit Tradition und mächtigen Fangruppen könnten Vorfälle wie Rangnick/Gustavo Turbulenzen auslösen. In Hoffenheim ist es bisher undenkbar, dass eine größere Zahl stimmberechtigter Mitglieder opponiert. Niemand im Verein könnte gegen Hopps Willen einen führenden Posten erhalten. Den "Beirat", ein Kontrollgremium, bilden Hopp-Vertraute.

Der Liga ist klar, dass bei der TSG auf legale Weise, ähnlich wie in Werksklubs (Wolfsburg, Leverkusen), der Hauptfinanzier mehr Einfluss hat, als der Geist der Statuten vorsieht - während 50+1-Gegner wie Hannovers Präsident Kind zähe Prozesse führen, um die in der Liga breit befürwortete Sperrklausel zu kippen. Hopp weiß, dass sich Konkurrenten am Modell Hoffenheim stören, vielleicht verpflichtete er sich auch deshalb im Kontext von Gustavos Verkauf zu seriösem Kaufmannsdenken: "Wir dürfen das Uefa-Reglement zum finanziellen Fairplay nicht aus den Augen verlieren!"

Am Dienstag nun wurde bekannt, dass die Deutsche Fußball-Liga den Gustavo-Transfer prüfen will. "Die DFL steht in dieser Angelegenheit in Kontakt mit der Geschäftsführung von 1899 Hoffenheim. Die Geschäftsführung hat uns zugesagt, den Ablauf des Transfers entsprechend zu dokumentieren", hieß es in einem Schreiben des Ligaverbandes. Hopp selbst sagte in der Welt: "Als Gesellschafter und Sprecher des Beirates war ich in den Verhandlungen nur deshalb dabei, weil die Bayern-Führung darum gebeten hat."

Eine ernste Untersuchung, die Hoffenheim Ärger einbringt, wird daraus eher nicht entstehen. Formaljuristisch dürfte der Klub belegen können, dass Hopp beim Gustavo-Handel nicht gegen die "50+1-Regel" der Ligaverfassung verstoßen hat. Fixiert wurde der Transfer gewiss von Manager und Geschäftsführung.

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