Gladbach auf dem Transfermarkt:Kluge Geschäfte statt großer Summen

Hannes Wolf (RB Leipzig) - 1. Fussball Bundesliga Saison 2019-2020 RasenBallsport Leipzig vs. Bayer Leverkusen in der Re

In Salzburg galt er als großes Talent, in Leipzig klappte dann fast gar nichts mehr: Gladbachs Leihspieler Hannes Wolf, 21.

(Foto: Christian Schroedter/imago)

Borussia Mönchengladbach will in diesem Sommer auf üppige Zukäufe verzichten - und lieber clever wirtschaften. Dafür steht das Leihgeschäft mit Leipzigs Hannes Wolf .

Von Ulrich Hartmann und Felix Haselsteiner

"Europapokaaal", singen die Fans von Borussia Mönchengladbach zu Tausenden immer dann, wenn sich ihre Mannschaft für einen internationalen Wettbewerb qualifiziert. Als sich das Team im letzten Spiel der abgelaufenen Fußball-Saison durch einen Sieg über Hertha BSC für die Champions League qualifizierte, sang im Borussia-Park allerdings niemand: Er war ja komplett leer. Kurz nach Spielschluss fuhren am Stadion vereinzelt Autos vorbei, und ein Fahrer drehte das Fenster herunter, um in Richtung Stadion zu rufen: "Europapokaaal". Die Inbrunst war vielleicht die gleiche, aber in Corona-Zeiten klingt alles dünner, magerer, behelfsmäßiger.

Das ist bezeichnend für die Lage am Niederrhein. Mehr als 20 Millionen Euro an Mehreinnahmen haben die Gladbacher durch die Champions-League-Qualifikation bereits sicher, aber sie werden mit diesem Geld ihren Kader nicht blumig ausstatten. Es wird in diesem Sommer wohl keine üppigen Verpflichtungen geben, die Gladbacher würden sich schon freuen, wenn sie so bedeutsame Spieler wie den Mittelfeldmann Dennis Zakaria oder die Stürmer Alassane Plea und Marcus Thuram halten könnten. Finanzchef Stephan Schippers sagt über teure Zukäufe: "Ich gehe nicht von einem Transfer aus, weil ich nicht wüsste, wie der bezahlt werden soll."

Schippers ist trotz niederrheinischer Provenienz ein Kaufmann hanseatischster und somit seriösester Couleur. Er sagt: "Wir können mit 25 Millionen Euro Einnahmen aus der Champions League rechnen, aber wir werden wohl weiterhin keine oder nur wenige Zuschauer haben, weshalb Überschüsse in den Haushalt von Borussia Mönchengladbach gehen." Schippers' Kollege in der Geschäftsführung, Sportdirektor Max Eberl, verfolgt zwar gewisse Ambitionen, aber in diesen unwägbaren Zeiten scheint auch Eberl bereit zu sein, die wirtschaftlichen Zwänge weitgehend zu akzeptieren. Unlängst sagte er: "Ich erwarte einige Gespräche mit meinem Finanzdirektor, damit wir einen Mittelweg zwischen der wirtschaftlichen Sicherung und dem sportlichen Erfolg finden."

Für die Leihe von Wolf ist nicht das Finanzielle entscheidend - sondern der Trainer

Dieser Mittelweg kann viele Namen haben, einer davon lautet auf jeden Fall: Hannes Wolf. Der 21 Jahre alte Österreicher ist vor einem Jahr für zwölf Millionen Euro von RB Salzburg zu RB Leipzig gewechselt, und auch wenn er dort kaum gespielt hat, dürfte sein Marktwert nicht nennenswert geschrumpft sein. Zwölf Millionen Euro aber sind für die Gladbacher derzeit nicht zu stemmen, und so haben sie Wolf für ein Jahr mit anschließender Kaufoption ausgeliehen, als Ersatz für den Brasilianer Raffael, mit dem sie nicht verlängert haben.

Für diesen Wechsel war aber ohnehin nicht das Finanzielle entscheidend - sondern der Trainer. Fünf Jahre lang hat Wolf in Salzburg einst mit Marco Rose zusammengearbeitet, erst bei der RB-Ausbildungsstelle in Liefering, dann bei den Salzburger Profis. Gemeinsam gewannen sie 2017 die Uefa Youth League, später zwei österreichische Meisterschaften und den nationalen Pokal. "Er kennt mich gut, und wir haben auch oft miteinander telefoniert", sagte Wolf bei seiner Vorstellung am Dienstag über seinen neuen Coach.

Zumindest im vergangenen Jahr dürfte es sich dabei um eine Art Telefon-Seelsorge gehandelt haben. Wolfs Saison in Leipzig hätte kaum schlechter verlaufen können: Erst verletzte er sich bei der U21-EM im Juli schwer und fiel fast ein halbes Jahr aus, dann wurde er im Frühjahr von Leipzigs Trainer Julian Nagelsmann gerüffelt, weil er offen über einen Wechsel nachgedacht hatte. Nagelsmann und Wolf fanden danach nicht mehr zusammen. Dabei ist Wolf aus seiner Zeit in Salzburg als einer der begnadetsten und talentiertesten Fußballer Österreichs bekannt, er ist technisch versiert und in der Offensive flexibel einsetzbar. Zwischenmenschlich wird es zwischen Rose und Wolf nun jedenfalls passen, fußballerisch vermutlich auch.

Das Transfergeschäft läuft in diesem Corona-Sommer noch schleppend an, Gladbachs Deal mit Wolf könnte für die nächsten Wochen aber ein Modell sein: Weg von großen Transfersummen, hin zu klugen Geschäften und Leihen, von denen im Idealfall mehrere Parteien profitieren.

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