Bundesliga-Trainer:"Ich koche mir meine Würstchen gerne selber"

Friedhelm Funkel als Löwen-Trainer vorgestellt

Lebt lieber in einer Wohnung als im Hotel: Fußballtrainer Friedhelm Funkel

(Foto: Andreas Gebert/dpa)
  • Fußballtrainer in der Bundesliga sind häufig heimatlose Handlungsreisende. Wie und wo leben sie? Nehmen sie ihre Familien mit?
  • Friedhelm Funkel und Armin Veh erzählen über ihr Leben und erklären, warum sie ein Haus am Waldrand bevorzugen.

Von Matthias Schmid

Heute lebt Klaus Allofs in einer Villa am Waldrand. Ein älteres Haus in Wolfsburg, innen modernisiert. Als Armin Veh im Sommer 2009 als Geschäftsführer und Trainer des VfL Wolfsburg in eines der mondänen VW-Vorstandshäuser eingezogen ist, war Felix Magath gerade ausgezogen. "Der hatte vorher mit seiner Frau noch eine schöne neue Küche eingebaut", erzählt Veh in einem Interview der Zeit. Ob er sie abgelöst, umgestaltet oder gar herausgerissen hat, wollte er nicht verraten. Veh, verheiratet und Vater von zwei Söhnen, verbrachte nur knapp fünf Monate in Niedersachsen, bevor er selbst kündigte.

Langjährige Fußballtrainer in der Bundesliga wie Veh oder Magath, aber auch Manager wie Allofs sind moderne Arbeitsnomaden. Sie wechseln alle paar Jahre ihren Arbeitsplatz, ihren Aufenthaltsort. Sie ziehen weiter, heimatlos, mit und ohne Familie. Der unstete Lebenswandel ist ihre einzige Stetigkeit. Sie leben in Hotels oder Wohnungen. Sie unterschreiben Auflösungsverträge, handeln neue Arbeitspapiere aus, packen ständig ihre Koffer.

Magath bleibt im Schnitt 1,59 Jahre bei einem Klub. Veh kommt auf 1,86 Jahre. Acht Vereine trainierte der 54-Jährige in der Bundesliga, Eintracht Frankfurt hat er im Sommer nun schon zum zweiten Mal übernommen, wie zuvor den VfB Stuttgart. "Mein Ziel ist schon, längerfristig zu arbeiten und etwas aufzubauen", sagt Veh: "Ich sehe mich nicht als Feuerwehrmann."

Auf neun Profiklubs kommt Friedhelm Funkel in seinem Berufsleben bisher. Als heimatlosen Handelsreisenden würde er sich aber nicht bezeichnen. "Wir alle wussten ja, auf was wir uns eingelassen haben", sagt der 62-Jährige, der bis April 2014 1860 München betreut hatte. "Wir haben für unseren Traumberuf in Kauf genommen, dass wir häufiger umziehen müssen."

Funkel selbst war in den ersten zehn Jahren in den seltenen Genuss gekommen, dass er sich die Umzugskosten gänzlich sparen konnte. Er lebte mit seiner Frau und den beiden Töchtern in Neuss - dadurch hatte er kurze Anfahrtswege zu seinen beiden ersten Stationen bei Bayer Uerdingen und dem MSV Duisburg. Das gefiel ihm. In Neuss ist er auf die Welt gekommen. "Ich bin ein Mensch, der es gerne gemütlich und wohnlich hat", bekennt er. "Ich mag es nicht, wenn ich abends allein im Hotel sitze, weil ich mir meine Würstchen gerne selber koche."

In Rostock wohnt Funkel im Haus seines Kollegen Pagelsdorf

Er war deshalb froh, dass er anschließend bei seiner ersten Station fern der Heimat in Rostock nach drei, vier Wochen schon ein Haus beziehen konnte - im Stadtteil Warnemünde. "Direkt an der Ostsee", wie Funkel hervorhebt, "wunderschön gelegen." Es gehörte dem ehemaligen Bundesligatrainer Frank Pagelsdorf, der heute noch darin wohnt.

Funkel hat es bei seinen Stationen immer vorgezogen, ein bisschen außerhalb zu wohnen. "Im Grünen, wie man so schön sagt", erzählt er. "Ich wollte keinen Lärm, keinen Straßenverkehr oder Flugzeuge über mir haben." Weit weg vom Trubel der Stadt, aber noch nahe genug dran am Trainingsgelände des jeweiligen Klubs. "Zwanzig Minuten mit dem Auto in die Stadt und zum Verein sind optimal", sagt Funkel.

Klobürste? "Die kaufe ich schon selbst", sagt Armin Veh

Die nötige Abgeschiedenheit findet auch Armin Veh wichtig. Seine drängendsten Fragen waren immer: Kommt die Frau mit? Dann ist die Wohnung etwas größer. Ist der Hund dabei? Dann sucht er sich ein Haus am Waldrand. Auch er benötige einen Ruheraum, um sich nach stressigem Tagwerk zurückziehen zu können. Als Trainer müsse er ja den ganzen Tag reden, sagt Veh. Wenn er nach Hause komme, "brauche ich nicht, dass ein Nachbar bei mir auf der Terrasse sitzt".

Vielen Menschen außerhalb des Fußballgeschäfts begegnen Veh und Funkel bei dieser Standortwahl nicht. "Langjährige Freundschaften entstehen eher mit Leuten aus dem Geschäft als abends in der Stadt bei einem Bier", gibt Funkel zu. Zwischen 2005 und 2009 arbeitete er fünf Jahre als Cheftrainer von Eintracht Frankfurt. Fünf Jahre sind für einen Trainer in dem schnelllebigen Gewerbe eine kleine Ewigkeit. "Deshalb ist Frankfurt auch ein Stück Heimat für mich geworden, weil die Kontakte intensiver sind als anderswo."

Dem Vorstandsvorsitzenden Heribert Bruchhagen zum Beispiel ist er heute noch besonders herzlich zugetan. Funkel kehrt deshalb häufiger im Jahr nach Frankfurt zurück. Auch mal gleich für drei, vier Tage. "Gerade habe ich ja auch Zeit dafür", sagt er. Einen neuen Job würde er aber doch gerne wieder annehmen.

Nachdem Funkel sich von seiner Frau getrennt hat, lebt er mit seiner Lebensgefährtin in Krefeld. "Von hier möchte ich auch nicht mehr weg, weil ich hier viele Freunde habe", betont er. Vorrübergehend natürlich schon. Für den Ruhestand fühlt er sich zu jung. "Ich bin zum Glück gesund und habe große Lust, noch mal einen Verein in irgendeiner Stadt zu trainieren", sagt der vereinslose Trainer. Er wartet sehnsüchtig auf den Anruf eines trainerlosen Vereins.

Möbelcontainer mit kompletter Wohnungseinrichtung

Einen Möbelcontainer mit einer kompletten Wohnungseinrichtung hat er aber nicht vor seinem Haus parken. Was etwas absurd klingt, praktiziert Armin Veh dagegen schon seit Jahren. Im Container ist alles zu finden, was man so braucht für Mitglieder schneller, mobiler Eingreiftruppen: Couch, Sessel, Esstisch, Fernseher - und eine Espressomaschine. Eben alles Notwendige, bis auf die Klobürste. "Die kaufe ich schon neu", sagte Armin Veh im Zeit-Interview. In Bonstetten bei Augsburg hat er inzwischen ein Haus gebaut.

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