Bundesliga:Tradition im Angebot

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Es wird nicht funktionieren, den Wert von Bundesliga-Vereinen nach ihrer Tradition zu bemessen. Es wäre ungerecht, denn nüchtern betrachtet gibt es keine Traditionsvereine mehr.

Thomas Hahn

Traditionsverein ist auch so ein großes Wort, das die Leute gelassen aussprechen, ohne genau zu wissen, was sie damit meinen. Der Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke zum Beispiel hat sinngemäß gesagt, dass Traditionsvereine wegen ihrer kulturellen Bedeutung für den Fußballbetrieb besser mit Fernsehgeld ausgestattet gehörten als Nichttraditionsvereine.

Fans von Borussia Dortmund: Es wird nicht funktionieren, den Wert von Vereinen nach ihrer Tradition zu bemessen, nach einem weichen Kriterium also, das sich angeblich in einem besonders großen Zuschauerzuspruch ausdrückt. (Foto: Bongarts/Getty Images)

Und natürlich hat er das deshalb gesagt, weil er davon ausgeht, dass sein Arbeitgeber im Gegensatz zu anderen Mitbewerbern in der Bundesliga ein Traditionsverein sei, was wiederum etwas seltsam wirkt, wenn man bedenkt, wer Watzkes Arbeitgeber ist: die Borussia Dortmund GmbH & Co. KGaA nämlich, das erste und bisher einzige börsennotierte Fußballunternehmen Deutschlands, sozusagen der letzte Schrei der Sportgeschäftswelt.

c. Es wäre ungerecht. Es würde einen Standortvorteil belohnen. Denn nüchtern betrachtet gibt es auf den Spielfeldern des modernen Kommerzfußballs keine Traditionsvereine mehr.

Der Traditionsverein existiert im Grunde nur noch in der Gefühlswelt eines Publikums, das sich die besondere Verbundenheit zu seinem Lieblingsverein aus der Vergangenheit erklärt. Das teure Tagesgeschäft aber erledigen Betriebsgesellschaften und Managementetagen, und zwar bei der mäzenfinanzierten TSG 1899 Hoffenheim genauso wie bei dem angeblich traditionslosen Erstliga-Stammmitglied Bayer Leverkusen (seit 1979), der VW-Tochter VfL Wolfsburg oder dem Altmeister Schalke 04.

Immerhin, die Tradition lebt fort als Verkaufsargument und Teil der Marketingstrategie. Viele Fußballunternehmen tragen ja tatsächlich das Erbe alter, prägender Vereine weiter und arbeiten deswegen für eine gewachsene, treue Kundschaft. Tradition war für eine Firma wie Borussia Dortmund immer eine Art weiches Startkapital, das Mitbewerber wie Wolfsburg, Hoffenheim oder Leverkusen in dem Maße nicht hatten. Aus dem sich große Chancen ableiteten, aber natürlich auch eine besondere Verantwortung.

Wenn der Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke nun also dafür wirbt, dass sein Arbeitgeber wegen dessen Hintergrund mehr Fernsehgeld verdient habe, muss man das aus seiner Sicht verstehen: Er versucht jeden Standortvorteil so gut zu nutzen, wie er nur kann.

© SZ vom 12.11.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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