Bundesliga:Gesucht: Ein echter Bayern-Antagonist

03.04.2021, Fussball 1. Bundesliga 2020/2021, 27. Spieltag, RB Leipzig - FC Bayern München, in der Red Bull Arena Leipzi

Versteckt am Spielfeldrand: Leipzigs Trainer Julian Nagelsmann

(Foto: imago)

Das Spitzenspiel zeigt erneut, dass RB Leipzig den FC Bayern noch nicht dauerhaft herausfordern kann. Wer Spannung in der Liga will, muss langfristig auf Borussia Dortmund hoffen.

Kommentar von Martin Schneider

Ein paar gute Gegner hat der FC Bayern noch. Am 29. Spieltag zum Beispiel in Wolfsburg, die gerade einfach kein Gegentor mehr kassieren. Oder am 32. Spieltag gegen Gladbach, da haben sie auch in der Hinrunde verloren. Union Berlin kann einem das Leben auch schwer machen, zwischendurch geht es zweimal in der Champions League gegen Paris, das kostet Kraft, Robert Lewandowski fällt weiter aus, und wenn man sich das mal so überlegt... müsste trotzdem wirklich alles gegen den FC Bayern laufen, als dass sie die - kurz nachschauen - neunte Meisterschaft in Serie und 31. Meisterschaft insgesamt verpassen. Der Tabellenzweite, Leipzig, will jedenfalls keinen Anspruch mehr erheben. "Der Titel ist weg", sagte Trainer Nagelsmann.

Anlass genug, nachzuschauen, woran es denn diesmal gelegen hat, dass es wieder nicht für Spannung bis zum letzten Spieltag gereicht hat. Denn, man erinnert sich, zwischenzeitlich schien das gar nicht so klar zu sein. Stichworte: Gladbach, Bielefeld, Frankfurt, Kiel und zwei Schneestürme.

Aber der Eindruck, dass der FC Bayern in dieser Saison mehr Probleme hätte, der täuscht. Auf dem Papier, das ja nie lügt, hat der FC Bayern drei Punkte mehr als zur gleichen Zeit im vergangenen Jahr. 64 Zähler am 27. Spieltag sind gemessen an den Ergebnissen der vergangenen Jahre guter Durchschnitt, nur zu Pep Guardiolas Zeiten gab es Ausreißer (77 Punkte, 2013/14). Tatsächlich war die Schwächephase nur eine Schein-Schwächephase, weil die Mannschaft nach dem Triple-Gewinn eine Unbesiegbarkeits-Aura hatte und jede Niederlage zum Ereignis wurde. Naja, vom Pokal-Aus mal abgesehen, das war keine Fata Morgana, das war ziemlich real.

Aber der Durchhänger war ein logischer, ein der Pandemie-Saison geschuldeter Kraftverlust. Spätestens mit der Rückkehr von Leon Goretzka und dem alten Mittelfeldzentrum griff Flicks System wieder - und die Dauer-Gegentore nach dem gleichen Muster (Ballgewinn, Konter, Tor) hörten auf.

Die Bayern spielen eine für ihre Verhältnisse normal-gute Saison, also muss man auf der Suche nach Spannung die Verfolger in den Blick nehmen. Kann man Leipzig etwas vorwerfen? Eher nicht. Die Mannschaft, das wird immer deutlicher, spielt an ihrer Leistungsgrenze und die endet eben kurz vor Top-Mannschaften wie Liverpool oder Bayern. Ohne echten Stürmer im Kader ist der Aufwand zu groß, den man für einen eigenen Treffer betreiben muss. Leipzig hat in der Liga unglaubliche 31 Tore weniger geschossen als die Mannschaft, die sie herausfordern sollen. Das ist ziemlich genau ein Lewandowski. "Es ist kein Geheimnis, dass wir Erling Haaland wollten", sagte Nagelsmann im SZ-Interview. Ebenda sagte er auch, er hätte gern einen "Unterschiedsspieler". Bayern, so der Subtext, hat mehrere davon.

Und so landet man bei der Suche nach einem Antagonisten immer zwangsläufig bei Borussia Dortmund. Die haben den Stürmer, der Leipzig fehlt (Haaland), sie haben auch die Unterschiedsspieler (Sancho, Hummels, Reyna), die es braucht, um große Spiele zu gewinnen - leider geht ihnen auf nahezu komikhafte Weise die Konstanz ab, die Leipzig wiederum so auszeichnet.

Dortmund wollte den unter Lucien Favre stotternden Rennwagen bei einem kurzen Boxenstopp reparieren - eine extrem schwierige Aufgabe für den Trainerneuling Edin Terzic. Nun droht nach der Niederlage gegen Frankfurt eine europapokallose Saison. Und zu allem Überfluss muss man auch noch machtlos dabei zugucken, wie Berater und Vater von Stürmer Haaland ohne Rücksicht auf Deckung durch Europa jetten, weil die Vorstellung, eine Champions-League-Saison ohne den Norweger zu spielen, schon jetzt absurd anmutet.

Dortmund setzt voll auf Marco Rose

Der BVB befindet sich in einer sehr schwierigen Situation, denn eine Saison ohne Königsklasse ist nicht nur Haaland schwer zu vermitteln. Für die Zukunft setzt der BVB auf Marco Rose, und es wäre der Liga zu wünschen, dass er der erste Trainer seit Jürgen Klopp wird, der auf allen Ebenen zu Dortmund passt. Nur so hat der Klub überhaupt eine Chance, zu den finanziell enteilten Bayern aufzuschließen

Apropos Trainer. Hansi Flick trotzt seit Wochen hartnäckigsten Nachfragen, ob er auch in der kommenden Saison zu hundert Prozent in München arbeitet. Der Bundestrainerposten wird bekanntlich frei. Flicks Abgang könnte natürlich dafür sorgen, dass die Bayern mal eine Saison unter Niveau spielen - allerdings gibt es in der Liga einen Trainer, gebürtiger Bayer, der von sich selbst sagt, dass er früher Bayern-Fan war. Gerade hat er das Spitzenspiel gegen den FC Bayern verloren. Aber das würde ein Oliver Kahn auf Trainersuche Julian Nagelsmann sicher nicht negativ auslegen. Für den Bayern-Konkurrenten Leipzig wäre das natürlich nicht so gut. Aber weil Flick ja auch nicht ausgeschlossen hat, beim FC Bayern zu bleibem, ist das auch nur ein hypothetisches Szenario - genau wie ein anderer Meister als der FC Bayern.

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