Bundesliga, 18. Spieltag:Schunkelstunde im Seniorenheim

Klose macht statt Saltos Purzelbäume, Grafite übt sich in Holzfuß-Stepptanz und Pogrebnjak tanzt bald Winter-Polka. Die sueddeutsche.de-Elf-des-Tages.

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Sven Ulreich

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Miroslav Klose macht statt Salto einen Purzelbaum, der Wolfsburger Grafite übt sich in Holzfuß-Stepptanz und Pogrebnjak tanzt bald Winter-Polka. Die sueddeutsche.de-Elf-des-Tages.

Sven Ulreich, so viel ist klar, sollte nach diesem Spieltag den Titel "Härter im Nehmen als Chuck Norris" verliehen bekommen. Der etatmäßige Ersatzkeeper des VfB Stuttgart hatte sich bisher als Lehmann-Vertreter ohnehin sehr ordentlich präsentiert - doch seit der Partie gegen Wolfsburg ist der 21-Jährige endgültig im Cliffhanger-Olymp angekommen: Nach einem Zusammenprall mit Wolfsburgs Stürmer Grafite spielte Ulreich trotz Gehirnerschütterung die Begegnung zu Ende und ließ sich erst nach Schlusspfiff ins Krankenhaus bringen. VfB-Sportdirektor Horst Heldt begründete die Maßnahme so: "Er wusste nach dem Spiel nicht mehr, wo er war". Am Sonntag wusste Ulreich es dann wieder und durfte nach Hause - solche Kerle braucht die Liga.

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sestak

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Der Bochumer Stürmer Stanislav Sestak (2. v. re.) hatte bis zum Spiel in Gladbach mehr als 1000 Minuten nicht mehr getroffen. Das ist für einen Angreifer bekanntlich eine halbe Ewigkeit. Doch in Bochum gibt es eben auch nicht so viel Aufmerksamkeit und akribische Minutenzähler wie beispielsweise in Köln (Podolski: 1121 Minuten ohne Tor) oder in München (Klose: bis vergangenen Freitag: mehr als zehn Monate ohne Treffer) und so fiel Sestaks Ladehemmung eigentlich gar nicht weiter auf. Bei seinem Tor zum 0:1 in Mönchengladbach schien der Slowake seinen ganzen Frust in den Schuss gelegt zu haben, so entschlossen hämmerte er den Ball in den Winkel. Oder wollte er den wenigen Minutenzählern auf der Tribüne gar ihre Uhren aus den Händen schießen?

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dedic

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Auch Sestaks Teamkollege Zlatko Dedic konnte sich gegen Gladbach über ein erfolgreiches Einnetzen freuen. Der Slowene, der sein Land im Playoff-Spiel gegen Russland erst kürzlich zur WM geschossen hatte, erzielte im Borussia-Park sein erstes Bundesligator und und bejubelte dies mit demonstrativem Trikot-Ausziehen. Klar, dass es dafür Gelb gab - womit Dedic aber nicht gerechnet haben dürfte, ist, dass Bochums Trainer Heiko Herrlich den Stürmer aus lauter Verärgerung darüber in der Halbzeit auswechselte. Immerhin kennen die Zuschauer wegen Dedics Disziplinlosigkeit jetzt dessen Töchterchen Sara - die grinste fröhlich vom T-Shirt des jubelnden Papis.

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miroslav klose

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Zehn lange Monate hatte Miroslav Klose auf diesen Moment warten müssen: Nach einem Schuss von Mark van Bommel kurz vor Ende der Partie gegen Hoffenheim konnte der Nationalspieler dem Torschützentum gar nicht mehr entkommen - Klose rutschte in den scharf geschossenen Ball und es stand 2:0 für die Bayern. Balsam für Kloses geschundene Stürmerseele. Und wer sein Jubelritual kennt, der erwartete wohl den berühmten "Klose-Salto". An den dachte wohl auch der 31-Jährige selbst kurz, doch dann entschied er sich kurzerhand für einen skurrilen Seit-Purzelbaum, der mehr ans Bodenturnen in der fünften Klasse erinnerte als an einen filigranen Flickflack. War aber egal, nach zehn Monaten ohne Tor sähe wohl auch Ronaldinhos Samba aus wie Schunkelstunde im Seniorenheim.

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Im Gegensatz zu Sestak, Dedic und Klose gelang es dem amtierenden Bundesliga-Torschützenkönig Grafite gegen Stuttgart nicht, sich aus seinem Tief zu befreien - im Gegenteil: Was Wolfsburgs Brasilianer in diesem Spiel an Chancen vergab, war haarsträubender als ein Griff in die Steckdose und sah eher nach Holzfuß-Stepptanz aus als nach "Jogo bonito". Drei Mal fand sich Grafite völlig verlassen vor dem VfB-Tor wieder, drei Mal versagte er so kläglich, dass man meinen könnte, sein Torinstinkt sei eingefroren. Mit seiner mageren Ausbeute von gerade einmal fünf Saisontoren steht Grafite damit sinnbildlich für die Krise beim deutschen Meister. Um den Weg aus diesem Dilemma zu finden, bräuchte der Angreifer wohl entweder eine ordentliche Portion Frust im Bauch (siehe Sestak), ein bisschen brasilianische Winterresistenz (siehe Herthas Rafael) oder einen van Bommel im Team, der ihn einfach mal im Fünfmeterraum anschießt, damit der Ball von Grafites Bein ins Tor trudelt (siehe Klose).

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Wie der Weg aus einem Stürmertief gehen kann, beweist derzeit auch der Russe Pawel Pogrebnjak vom VfB Stuttgart. Gegen Wolfsburg gelang dem langen Angreifer sein viertes Saisontor, was seinen klaren Aufwärtstrend in den vergangenen Spielen bestätigt. Vielleicht liegt Pogrebnjaks Problembewältigung aber auch an den derzeitigen Temperaturen. Denn im Gegensatz zu Grafites brasilianischem Winterfrust, dürfte sich das deutsche Januar-Klima für den ehemaligen St. Petersburger Pogrebnjak eher nach gewohnter Betriebstemperatur anfühlen. Der Stuttgarter braucht also keinen van Bommel, der ihn anschießt, sondern vielmehr ein bisschen mehr von Tief Daisy, um bald noch mehr Winter-Polka zu tanzen.

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Toni Kroos ist derzeit der vielleicht beste Spieler der Bundesliga. Eine gewagte These, aber wann sollte sie sonst stimmen, wenn nicht jetzt während Franck Ribérys Abwesenheit und Mesut Özils aktueller Formschwäche? Der 20-jährige Leihspieler der Bayern sorgte bei Tabellenführer Leverkusen dafür, dass etablierte Kräfte wie Simon Rolfes, Renato Augusto oder Patrick Helmes zum Rückrundenstart auf der Bank saßen und trotzdem nicht vermisst wurden. Angesprochen auf seine Rückkehr nach München sagte der U-21-Nationalspieler: "Es ist noch nichts entschieden." Klingt ganz so, als würde Kroos doch noch darauf hoffen, länger in Leverkusen zu bleiben. Aber wer die Bayern kennt, darf beruhigt sein - sie werden doch wohl nicht freiwillig darauf verzichten, den besten Bundesliga-Akteur zurückzuholen ...

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hertha bsc berlin

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Was war denn das? Fröhliche Hertha-Profis?Jubelnde Fußballspieler aus Berlin gab es zuletzt zu sehen, als die SPD noch Umfragewerte von mehr als 30 Prozent hatte, so lange ist Friedhelm Funkels Team kein Sieg in der Bundesliga mehr gelungen. Ginge es nach den Hauptstädtern, dann ist der 3:0-Sieg in Hannover zum Rückrundenstart nur der Anfang einer ausgiebigen Aufholjagd. Es schien also alles gut, nachdem die Berliner sich gegen die wehrlosen Niedersachsen den Frust von der Seele geschossen hatten - und doch war da ein kleiner Wehrmutstropfen: Cicero (Mitte) vergab kurz vor Ultimo noch einen Strafstoß gegen 96-Keeper Fromlowitz und hat damit nun zwei seiner drei Bundesliga-Elfer verschossen. Keine gute Quote also für den Brasilianer, geradezu "englisch" schlecht, könnte man auch sagen. Wobei, wäre Cicero Engländer, hätte er sich wohl gar nicht erst wieder getraut, anzutreten.

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Drei Tore, drei Vorlagen - das ist die stolze Bilanz von Marcell Jansen in den vergangenen drei Bundesligaspielen. Beim 2:0 gegen Freiburg demonstrierte der Linksfuß einmal mehr seine Schussstärke, als er das Leder vom linken Strafraumeck ins Tor der Breisgauer drosch. Doch der neue Marcell Jansen, das ist nicht nur dreschen und rennen - seit er nach seiner Verletzung zu Saisonbeginn wieder zurück im Team ist, agiert der ehemalige Nationalspieler so, als wolle er unbedingt wieder ein aktueller Nationalspieler werden. Tatsächlich kommt der 24-Jährige einer erneuten Berufung ins DFB-Team nach zuletzt sehr starken Leistungen immer näher - wer hat damit schon gerechnet? Eine Nationalmannschaft mit Philipp Lahm und Marcell Jansen auf den Außenpositionen - das wäre so schlecht nicht. Übrigens wäre Jansen mit seinem strammen Schuss auch einer, der mal einen strauchelnden Stürmer anschießen könnte, damit der in bester Klose-Manier seine Krise bewältigt.

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tim hoogland

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Auch mit der guten Torquote des Mainzers Tim Hoogland war nicht unbedingt zu rechnen. Sechs Mal traf er bereits in dieser Spielzeit - das war Felix Magath einige Male zu viel, um den 24-Jährigen weiter in Mainz spielen zu lassen und er holte Hoogland (für die kommende Saison) kurzerhand zurück nach Schalke. Dort hatte 2007 auch die Bundesliga-Karriere des damaligen Außenverteidigers begonnen. Mittlerweile spielt Hoogland aber im rechten Mittelfeld, wo er mit Andreas Ivanschitz (ebenfalls sechs Tore, dazu sieben Vorlagen) eines der effektivsten Mittelfeldduos der Liga bildet.

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Wie das mit dem Toreschießen geht, konnten sich die Kölner Profis bei der Heimpleite gegen Dortmund bei Mats Hummels abgucken. Während Podolski & Co. als Team erst zwölf Treffer erzielt haben, kommt der BVB-Abwehrspieler allein schon auf vier Tore. In Köln stand der U-21-Europameister zweimal goldrichtig und brachte die Borussia so auf die Siegerstraße. Dass Hummels viermal so viele Saisontore hat wie Lukas Podolski, liegt aber nicht nur an seinem Doppelpack gegen Köln, sondern auch daran, dass Podolski gegen seinen Gegenspieler kaum einmal zur Geltung kam - der Gegenspieler hieß in diesem Spiel Mats Hummels und Podolski verließ bei seiner Auswechslung entnervt den Platz.

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