Fußball-Bundesliga:Burkardt überzeugt am Millerntor, Freiburg klettert

Lesezeit: 5 Min.

Zwei Tore, insgesamt sind es schon fünf: Jonathan Burkardt. (Foto: Cathrin Mueller/Getty Images)

Der 1. FSV Mainz 05 hat kaum Probleme beim Aufsteiger, Freiburg schiebt sich vorübergehend auf Rang drei und der VfL Bochum hofft gegen Wolfsburg nur kurz. Das Wichtigste zum Spieltag.

Von Martin Schneider, Johannes Schnitzler

1. FC Union BerlinBorussia Dortmund 2:1 (2:0), Tore: 1:0 Kevin Vogt (26., Foulelfmeter), 2:0 Yorbe Vertessen (45.), 2:1 Julian Ryerson (62.)

Die Bahnfahrt nach Oberschöneweide löst bei Dortmund-Fans schon lange Stresssymptome aus, das Auswärtsspiel beim 1. FC Union galt lange als sogenannter Mentalitätstest, durch den der BVB in schöner Regelmäßigkeit durchfiel. Drei Niederlagen in fünf Partien seit die Eisernen wieder in der Bundesliga sind standen vor Anpfiff in der Bilanz. In fast jeder Saisonanalyse der Borussia war der Satz, dass man Spiele wie bei Union gewinnen müsse, um vorne anzugreifen, korrekt. Und womöglich wird es auch am Ende dieser Spielzeit so sein.

1:2 hat Dortmund diesmal verloren und es damit geschafft, die Euphorie nach dem 7:1-Sieg in der Champions League gegen Celtic nach nur wenigen Tagen zu verscheuchen. Der neue Trainer Nuri Sahin muss sich nun alten Debatten stellen, der ganze Klub muss sich vorkommen wie in einer Wiederholungsschleife.

Dass es nicht so lief, wie geplant, sah man in der Anfangsphase schon daran, dass Torhüter Gregor Kobel einen Ball mit einem Manuel-Neuer-Flugkopfball weit vorm eigenen Tor klären musste. Kurz darauf bestätigte Nico Schlotterbeck seine Kritiker, die ihm vorwerfen, in heiklen Situationen zuweilen zu unvorsichtig zu agieren. Er verursachte erneut einen Elfmeter, den ein Klasseverteidiger nicht verursacht, auch wenn Benedict Hollerbach sein ausgestrecktes Bein sehr dankend annahm. Kevin Vogt verwandelte den Strafstoß. Bedenklicher als das Gegentor war aber die Tatsache, dass der BVB auch danach die Hoheit über das Spiel nicht zurückgewann, das 2:0, ein Fernschuss von Yorbe Vertessen nach einem Eckball, war fast die logische Folge.

Nach der Pause hätte wieder Vertessen erhöhen können, der BVB kam über Maxi Beier, der zum zweiten Mal in der Startelf stand, mal zu einer guten Chance. Erst danach nahm die Borussia seriös am Spiel teil und nach einem der wenigen konsistenten Spielzüge, bei dem unter anderem Serhou Guirassy stark den Ball behauptete, traf der ehemalige Unioner Julian Ryerson zum Anschlusstreffer. Union blieb über Konter gefährlich, Kobel und das Außennetz waren im Weg. Aber vor allem stellten die Gastgeber hinten ihren gefürchteten Betonblock vors Tor, der sie einst bis in die Champions League brachte. Der BVB verzweifelte daran.

SZ PlusMeinungFC Bayern
:Die Bestrafung von Sven Ulreich ist richtig – aber ein bisschen Fluchen gehört im Fußball dazu

Kommentar von Philipp Selldorf

Bayer 04 LeverkusenHolstein Kiel 2:2 (2:1), Tore: 1:0 Victor Boniface (4.), 2:0 Jonas Hofmann (8.), 2:1 Max Geschwill (45.+5), 2:2  Jann-Fiete Arp (69., Foulelfmeter)

Leverkusen hatte sich schick gemacht: schwarze Trikots, roter Kragen, rote Bündchen, gelbe Knopfleiste. Retrodesign heißt so etwas und kommt immer dann zum Tragen, wenn es um historische Zusammenhänge geht. Zur Auswahl standen 120 Jahre Bayer 04 und das 100. Pflichtspiel von Xabi Alonso als Leverkusener Cheftrainer. Angesichts der Ausgangslage – Meister empfängt Aufsteiger und Tabellenletzten – schien die modische Zurückhaltung angemessen zu sein, das Spiel versprach ja mehr als genug Leverkusener Schleifen und Rüschen.

Und so begann die Partie auch: Nach drei Minuten führte Leverkusen durch Victor Boniface 1:0, fünf Minuten später 2:0 durch das erste Saisontor von Jonas Hofmann, ein humorloser Spannstoß nach einem verhunzten Abschlag von Kiels Keeper Timon Weiner. Alonso ballte die Fäuste, er weiß, wie wichtig frühe Tore gegen einen vermeintlich leichten Gegner sein können. Kiels bester Verteidiger bis dahin war der Kölner Keller, der das vermeintliche 3:0 durch Boniface (25. Minute) wegen Abseits kassierte.

Aber dann riss der Faden im Leverkusener Spiel. Erst erlaubten die Gastgeber den harmlosen Kielern in der Nachspielzeit der ersten Hälfte das 2:1, Max Geschwill drückte den Ball nach einer Ecke mit der Schulter über die Linie. Dann schenkte Frimpong den Gästen einen Foulfelfmeter, den Fiete Arp sicher zum 2:2 verwandelte (69.). Und plötzlich spielte Kiel auf Augenhöhe mit. Benedikt Pichler hatte gar das 2:3 auf dem Kopf, doch Bayer-Keeper Hradecky kratzte seinen Aufsetzer über die Latte. Und trotz sieben Minuten Nachspielzeit hat Leverkusen nun einen dicken, hässlichen Fleck auf seiner schicken Weste.

Für den Moment ist der SC Freiburg Dritter der Bundesliga - dank des Treffers von Ritsu Doan gegen Werder Bremen. (Foto: Carmen Jaspersen/dpa)

SV Werder BremenSC Freiburg 0:1 (0:0), Tor: 0:1 Ritsu Dōan (75.)

Zwei Teams mit einem soliden Saisonstart und einer rosigen Perspektive treffen sich an einem sonnigen Herbsttag an der Weser. Und wenn die Bedingungen schon so malerisch sind, dann kann man auf dem Feld ja einen Gang zurückschalten – dachten sich die Spieler wohl und kickten 45 Minuten weitgehend belanglos vor sich hin. In der 17. Minute hatte Felix Agu für Werder die beste Chance, Noah Atubolu hielt mit ein bisschen Glück, kurz vor der Pause hatte auch Vincenzo Grifo für Freiburg noch eine gute Schussmöglichkeit, viel mehr Aufregung gab es aber nicht.

Auch in der zweiten Halbzeit schrie das Spiel nach einem Remis, bis Ritsu Doan bemerkte, dass die Bremer Defensive ihn einfach nicht aufhalten wollte. Sein Schuss wurde von Werders Marco Friedl unhaltbar abgefälscht. So nimmt der Sportclub auswärts drei Punkte bei vergleichsweise geringem Aufwand mit und ist aktuell Tabellendritter. Sollten Werder irgendwann mal Zähler fehlen, können sie ärgerlich auf diese Partie zurückblicken. 

VfL Bochum – VfL Wolfsburg 1:3 (0:2), Tore: 0:1 Tiago Tomás (21.), 0:2 Jonas Wind (37.), 1:2 Myron Boadu (72.), 1:3 Jonas Wind (88., Foulelfmeter nach Videobeweis)

Keine 20 Minuten dauerte es in Bochum, da waren die profunden juristischen Kenntnisse von Max Burda gefragt. Der 35-jährige promovierte Strafverteidiger aus Berlin hatte Strafstoß für Bochum gepfiffen, nachdem Aster Vranckx aus kurzer Distanz am Arm getroffen worden war. Es war Burdas erster Elfmeterpfiff in der ersten Bundesliga, denn die Partie zwischen den beiden Vereinen für Leibesübungen war seine erste Partie als Hauptschiedsrichter im sogenannten Oberhaus. Ein paar Minuten später hatte Burda seinen ersten Elfmeterpfiff auch schon wieder zurückgenommen – Vranckx’ Arm war regelgerecht angelegt gewesen – und noch einmal drei Minuten später führte Wolfsburg.

Tiago Tomás durfte nach einem Außenrist-Traumpass von Mohamed Amoura in aller Ruhe den Ball im Strafraum annehmen, sich drehen und den Ball mit links ins lange Eck schlenzen. Eine Viertelstunde später erhöhte Jonas Wind im Anschluss an eine Ecke auf 2:0 für die Gäste, wieder kam Marcel Wittek viel zu spät, dessen 25-Meter-Freistoß Bochums beste Chance in der ersten Halbzeit blieb.

Das waren keine guten Nachrichten für Bochums Trainer Peter Zeidler, denn in der zweiten Halbzeit hatte sein Team in dieser Saison noch keinen Treffer erzielt. Die erste dicke Chance im zweiten Durchgang gehörte auch wieder Wolfsburg: Amoura knallte den Ball an den Pfosten, der eingewechselte Patrick Wimmer an die Latte. Aber irgendwann ist immer das erste Mal, und Myron Boadu verkürzte auf 1:2. Danach war wieder der Jurist Burda gefragt: Nach Videoüberprüfung verhängte er diesmal einen Strafstoß gegen Bochum, den Wind im Nachschuss zur Entscheidung ins Tor schoss.

Zweimal konnte sich der Mainzer Jonathan Burkardt gegen die Abwehr von St. Pauli durchsetzen. (Foto: Marcus Brandt/dpa)

FC St. Pauli – FSV Mainz 05 0:3 (0:2), Tore: 0:1 Jonathan Burkardt (5.), 0:2 Armindo Sieb (16.), 0:3 Jonathan Burkardt (62.)

Der FC St. Pauli hätte gerne das Warten auf den ersten Heimsieg seit dem Aufstieg beendet. Zuletzt hatte es am Millerntor am 12. Februar 2011 einen Sieg gegeben (3:1 gegen Borussia Mönchengladbach). Stattdessen beendete der FSV Mainz 05 den kurzen Aufwärtstrend der Hamburger (0:0 gegen RB Leipzig, 3:0 beim SC Freiburg) mit gnadenloser Effizienz und bleibt auch im dritten Auswärtsspiel der Saison ungeschlagen.

Jonathan Burkardt und Armindo Sieb nutzten zwei der wenigen Torchancen in der ersten Halbzeit und profitierten dabei jeweils von Fehlern durch St.-Pauli-Torwart Nikola Vasilj und Abwehrchef Eric Smith. Beim 0:1 kam Vasilj unnötig aus dem Tor, Burkardt überwand ihn per Hinterkopf. Beim 0:2 leitete St. Paulis sonst souveräner Abwehrorganisator Smith mit einem Fehlpass zu Nadiem Amiri das zweite Mainzer Tor ein. Amiri gab den Ball weiter auf Sieb, der Vasilj keine Möglichkeit gab. Damit waren alle taktischen Planungen von Pauli-Trainer Alexander Blessin dahin. Die Gastgeber drückten zwar, kamen aber nur selten in aussichtsreiche Abschlusspositionen. Eine hatte Johannes Eggestein (25.), scheiterte jedoch an FSV-Torwart Robin Zentner.

Der FC St. Pauli mühte sich nach der Pause in der Offensive und hatte mehr Ballbesitz, konnte aber nur wenig damit anfangen. Die Mainzer konzentrierten sich auf wenige Konter – und hatten wieder Erfolg. Nach erneutem Pass von Amiri vollendete Kapitän Burkardt zum 3:0. Damit war das Spiel gelaufen.

© SZ/dpa - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

SZ PlusFußball-Bundesliga
:Nahostkonflikt in der Fankurve

Werder-Fan Hersh Goldberg-Polin setzte sich für den Austausch von Juden und Palästinensern ein, dann wurde er von der Hamas getötet. In Bremen ist das Gedenken an ihn nun Teil des Engagements gegen Antisemitismus – wie auch in anderen Klubs der Bundesliga.

Von Ronny Blaschke

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: