Bundesliga:Schluss mit Blues

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Flott eingenickt: Gladbachs Innenverteidiger Matthias Ginter (hinter einem Verteidiger der Eintracht) bringt die Borussia früh in Führung. (Foto: Ina Fassbender/Reuters)

Borussia Mönchengladbach watscht seinen zukünftigen Trainer Adi Hütter ab. Nach dem 0:4 wirkt der Frankfurter Coach verlegen und gibt zu, dass es "unangenehm" sei, dass es ausgerechnet jetzt so eine deutliche Niederlage gesetzt habe.

Von Ulrich Hartmann, Mönchengladbach

Warum hätte es Adi Hütter auch besser ergehen sollen als zwei Monate zuvor Marco Rose? Als der Trainer Rose Mitte Februar seinen Wechsel zu Borussia Dortmund angekündigt hatte, fiel Borussia Mönchengladbach in ein Loch und verlor daraufhin sieben Pflichtspiele nacheinander. Zu Beginn dieser Woche nun hatte der Trainer Hütter seinen Wechsel zu Borussia Mönchengladbach angekündigt - und prompt verlor Eintracht Frankfurt am Samstag in Mönchengladbach: aber nicht irgendwie, sondern haushoch mit 0:4 (0:1). Es war Frankfurts erstes Spiel seit Oktober ohne eigenen Treffer.

Die deutliche Niederlage kam umso überraschender, als die Frankfurter in den vergangenen Wochen ihre Topspiele 2:1 gegen Bayern München, 2:1 bei Borussia Dortmund und 4:3 gegen den VfL Wolfsburg gewonnen hatten. Sie waren in bester Verfassung und auf gutem Wege in die Champions League, als Hütter zu Beginn der Woche seinen Wechsel nach Gladbach im Sommer ankündigte.

Es war am Samstag aber nicht nur das erste Spiel, seit die Frankfurter wissen, dass ihr Trainer nach der Saison weggeht. Es war auch das erste Spiel, seit die Gladbacher wissen, wer in der kommenden Saison ihr neuer Trainer wird. Und das schien sie in Schwung zu versetzen. Die Frankfurter waren gar nicht so schlecht, aber die Gladbacher waren besser. Vor allem effektiver. Im Grunde so effektiv wie Frankfurt in den vergangenen Wochen. Matthias Ginter (10.), Jonas Hofmann (60.), Rami Bensebaini (67.) und Hannes Wolf (90+5.) erzielten die Treffer.

Hütter hat noch nie gegen Gladbach gewonnen

Die Statistik entlastet Hütter ein bisschen. Es muss nicht nur an seiner brisanten Mitteilung unter der Woche ausgerechnet vor diesem direkten Duell gelegen haben. Hütters Mannschaften sahen gegen Gladbach schon immer schlecht aus. Zum achten Mal hat er als Trainer gegen Gladbach nicht gewinnen können: zwei Mal mit Young Boys Bern gegen Gladbacher unter André Schubert (1:3 und 1:6), zwei Mal mit Frankfurt gegen Gladbacher unter Dieter Hecking (1:3 und 1:1) sowie nun vier Mal mit Frankfurt gegen Gladbacher unter Marco Rose (2:4, 1:3, 3:3, 0:4). Macht zwei Unentschieden und sechs eher klare Niederlagen.

Der eine konsterniert, der andere engagiert: die Trainer Adi Hütter (noch Frankfurt) und Marco Rose (noch Mönchengladbach). (Foto: Ina Fassbender/Reuters)

Hütter wusste nach dem Abpfiff nicht so recht, wohin mit sich. Er klatschte seinen Spielern kurz Trost zu, klatschte dann alle nacheinander ab und verschwand zeitnah in der Kabine. "Unangenehm", fand er später, dass es ausgerechnet jetzt so eine deutliche Niederlage gesetzt habe. "Wir haben heute nicht das gezeigt, was wir zu zeigen in der Lage sind." Man habe sich in vielen Szenen nicht gut verhalten, sei enttäuscht über die eigene Leistung und wolle am Dienstag gegen Augsburg gleich eine Reaktion zeigen.

Einen Zusammenhang zwischen dem 0:4 und Hütters Ankündigung wiesen Torwart Kevin Trapp und Mittelfeldspieler Sebastian Rode bei Sky zurück. "Wir sind alle enttäuscht", sagte Trapp über Hütters Fortgang, "aber diese Niederlage hat nichts damit zu tun, dass irgendwer weggeht." Rode ergänzte: "Es ist schade für alle, aber wir gehen professionell damit um, so etwas gehört zum Geschäft, und es wäre zu einfach, die Niederlage daran festzumachen."

Zwei Handspiele des Frankfurters Ilsanker bleiben ungeahndet

Ginter hatte die Gladbacher nach zehn Minuten mit 1:0 in Führung gebracht, indem er einen Eckball von Hofmann unbedrängt per Kopf versenkte. Eine Viertelstunde später hätte Stefan Ilsanker in vergleichbarer Manier beinahe ausgeglichen für die Frankfurter, allerdings lenkte Sippel diesen Kopfball noch so gerade eben an die Latte. Sippel stand im Tor, weil der Stammkeeper Yann Sommer rotgesperrt fehlte.

Der von seiner Corona-Erkrankung (bei der Nationalmannschaft) genesene Hofmann war Gladbachs Held des Tages. Bevor er zehn Minuten vor Schluss vom Frankfurter Amin Younes versehentlich k.o. geschossen wurde und vom Platz begleitet werden musste, erzielte er aus extrem spitzem Winkel unter Mithilfe des Frankfurter Torwarts Kevin Trapp das 2:0 (60.). Dann bereitete Hofmann das 3:0 (67.) mit einer Ecke wiederum vor: Nachdem Nico Elvedis Kopfball zunächst an die Latte geklatscht war, nickte Bensebaini den Rebound ein. In der Nachspielzeit intensivierte Wolf die Frankfurter Demütigung. Dabei konnten die Gäste von Glück sagen, dass zwei Handspiele von Ilsanker nicht geahndet wurden.

Gladbach hat zuletzt zehn Punkte aus vier Spielen geholt

Hatten sich die Gladbacher aus ihrem Tief vielleicht auch deshalb gegen Hütters Team befreien können, weil sich jeder dem künftigen Borussia-Trainer bereits hatte präsentieren wollen? Hütter verweigerte bislang verständlicherweise jeden Kommentar zu seiner künftigen Mannschaft, sagte auch über seine Gründe für den Wechsel vom Spitzenteam zur Mittelfeld-Mannschaft bloß: "Es ist eine Entscheidung, die nur ich verstehen muss, aber viele Argumente haben mich überzeugt."

Und über mögliche Frankfurter Spieler, die für Gladbach interessant sein könnten, hatte Hütter vor dem Spiel in Mönchengladbach gesagt: "Ich habe nicht vor, irgendeinen Spieler mitzunehmen, aber ich kann auch nichts versprechen, weil ich ja gar nicht weiß, was der eine oder andere Spieler denkt."

Die Gladbacher haben ihre Phase der Tristesse jetzt offenbar hinter sich. Sie haben nun zehn Punkte aus zuletzt vier Spielen gesammelt. "Diesen Schwung wollen wir mitnehmen", sagt Rose, "und dranbleiben." Noch immer träumen sie in Mönchengladbach vom Europapokal, und so langsam scheint da auch wieder etwas möglich zu sein. Adi Hütter dürfte das auf lange Sicht gefallen.

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