Bundesliga: Schalke 04 - FC Bayern:"Es ist unglaublich!"

Die jüngsten, respektablen Leistungen beim 2:1 gegen Manchester sowie beim 2:1 auf Schalke haben alle Gefühle von Demut aus den Münchener Köpfen gelöscht.

Uli Hartmann

Im Erdgeschoss der Arena beklagte der ernüchterte Schalker Trainer Felix Magath gerade, seine Mannschaft sei einfach "zu ängstlich und zu vorsichtig" aufgetreten und dürfe sich über diese Niederlage und den Verlust der Tabellenführung mitnichten beschweren, da sprach im selben Augenblick im Untergeschoss des Stadions der Präsident des FC Bayern München vor den drängelnden Kameras in einen bunten Strauß aus Mikrofonen einen Satz, den zu sagen er womöglich schon seit ein paar Wochen geträumt hatte.

"Es tut mir ja leid für alle anderen", protzte Uli Hoeneß im Souterrain der Schalker Festung, "aber wenn man ehrlich ist, muss man sagen, Bayern München ist mit Abstand die beste deutsche Mannschaft." Das klang, als seien an diesem 29. Spieltag alle Ziele des FC Hollywood bereits erfüllt, als seien auf den drei Hochzeiten Meisterschaft, Pokal und Champions League die finalen Ja-Worte bereits gesprochen, dabei stehen doch just diese endgültigen Glückszusagen noch aus.

"Wir streiten noch in allen drei Wettbewerben, das ist unglaublich", beweihräucherte seine Mannschaft ein paar Meter weiter der niederländische Bayern-Trainer Louis van Gaal mit unfreiwillig martialischem Vokabular, dabei sind mit der Tabellenführung in der Bundesliga nach dem umjubelten 2:1-Sieg im Spitzenspiel beim FC Schalke 04, mit dem Einzug ins Pokalfinale gegen Werder Bremen sowie mit der Anreise zum Viertelfinal-Rückspiel am kommenden Mittwoch bei Manchester United mit einem 2:1-Hinspielsieg im Gepäck allenfalls die Bedingungen für große Momente geschaffen - gewonnen ist damit noch gar nichts.

Uli Hoeneß war darum mit seiner absolutistischen Provokation noch etwas voreilig. Die jüngsten, sehr respektablen Leistungen beim 2:1 gegen Manchester sowie beim gleichlautenden 2:1 auf Schalke hatten alle Gefühle von Demut aus den Münchener Köpfen herausgelöscht. "Wir haben jetzt Rückenwind für das Spiel am Mittwoch", sagte Hoeneß, und man darf gespannt seine auf seine Einschätzung über die kontinentale, globale und interstellare Rolle des FC Bayern, wenn die Münchener Mitte der Woche tatsächlich ins Halbfinale der Champions League einziehen sollten.

Während die Einschätzung der verdientermaßen besiegten Schalker und ihres Mittelfeldspielers Alexander Baumjohann ("es gab doch bloß drei Chancen in diesem Spiel") verständlicherweise deutlich nüchterner ausfiel als im extrovertierten Pathos der Münchener, lobte der Bayern-Jungstar Thomas Müller die auf Schalke zu vorgerückter Spielzeit demonstrierte Betonabwehr seiner Münchener Elf als richtungsweisend auch für das als äußerst schwer erwartete Rückspiel bei Manchester United am Mittwoch.

Schalke in der zweiten Halbzeit ideenlos

Die Bayern waren auf Schalke in der 25. und 26. Minute durch Franck Ribery und Thomas Müller durch einen Doppelschlag binnen 70 Sekunden berechtigterweise mit 2:0 in Führung gegangen und hatten die Entscheidung frühzeitig herbeigeführt (Kevin Kuranyis Anschlusstreffer zum 1:2 in der 31. Minute schürte fälschlicherweise noch einmal Schalker Hoffnungen).

Danach ermauerten die clever abwehrenden Münchener in der zweiten Halbzeit nach Altintops Platzverweis nur noch zu Zehnt und durchaus klug und erfolgreich diesen wichtigen Sieg und versuchten erst gar nicht, sich über ihre in diesen englischen Wochen strapazierten und spärlichen Kräfte hinaus zu erheben, sondern verteidigten die knappe Führung derart pragmatisch und tapfer zum Sieg, dass Müller hernach lobte: "Wir haben dicht gestanden und keine Chancen zugelassen, das hat super geklappt, und das werden wir auch am Mittwoch brauchen."

Sollten die Münchener auch im Old Trafford zu Manchester den Einzug ins Halbfinale durch kluge Selbstverteidigung erzwingen, dann gingen sie am kommenden Wochenende mit noch mehr Selbstbewusstsein ins Auswärtsspiel bei jenen Leverkusenern, die sich spätestens durch die jüngste 2:3-Niederlage bei Eintracht Frankfurt aus dem Titelrennen verabschiedet zu haben scheinen.

Mit einem weiteren Sieg dortselbst wäre der FC Bayern seiner Vision von der besten deutschen Mannschaft noch einen Schritt näher gekommen, was der im Vergleich zum Präsidenten Hoeneß deutlich demütigere Spieler Thomas Müller so formuliert: "Nach Manchester und Leverkusen können wir mal ein Zwischenfazit ziehen."

Der Manager Christian Nerlinger hat dies am Samstag durch euphorische Jubelposen im Schalker Spielertunnel ebenso bereits vorweg genommen wie der Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge, der den Trainer van Gaal an selbem Ort nach Spielschluss geradezu romantisch geherzt hat. Mit einem Punkt Vorsprung vor Schalke geht der FC Bayern in die letzten fünf Spieltage.

"Der Sieg bei Schalke hat beflügelt und Energie frei gesetzt", sagte Manager Nerlinger. Es sieht so aus, als könnten die Münchener nach Manchester und Leverkusen ein positives Zwischenfazit ziehen. Zumindest erwartet dies nun jeder. Wenn es nicht gelingt, wird der Katzenjammer beim FC Bayern München groß. Der Druck ist deutlich gestiegen durch diese jüngsten Erfolge in der Champions League und der Bundesliga.

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