Bundesliga:Robin Dutt ist beim VfB das Last Männle Standing

Robin Dutt

Bleibt Robin Dutt in Stuttgart?

(Foto: dpa)
  • Trainer weg, Präsident weg und Stuttgart würde Sportvorstand Dutt nach dem Abstieg auch gerne absägen.
  • Doch der ist der einzige in der Klub-Führung mit Bundesliga-Erfahrung.

Von Javier Cáceres

Am Sonntagabend saß Robin Dutt im Studio des Fernsehsenders SWR. Wer aber meinte, dass ausgerechnet der Sportvorstand des VfB Stuttgart der große Verlierer des Wochenendes gewesen sein könnte, weil der Klub nach dem 1:3 beim VfL Wolfsburg aus der Bundesliga abgestiegen war, nach fast 40-jähriger, ununterbrochener Zugehörigkeit, konnte sich rasch eines Besseren belehrt fühlen. Zeichen äußerlicher Anspannung? Eine wie auch immer geartete Form des Kontrollverlusts, wie sie bei Geschlagenen oft zu beobachten ist? Fehlanzeige.

Dutt saß entspannt auf einem Sessel. Auf die Lehnen legte er mal die Arme, mal stützte er seine Ellbogen dort ab, um die Hände ineinanderzufalten. Mit beneidenswertem Selbstbewusstsein mimte Dutt den Unersetzlichen. The Last Man Standing, der sich beim VfB mit geballtem Fachwissen gegen eine Flut aus Kompetenzfreiheit stemmt. "Ich bin der Einzige in der operativen Führung, der Bundesligaerfahrung hat", sagte Dutt. Und ein Problem des VfB besteht darin, dass er damit recht hat.

Wie sehr dies die erdrückende Mehrheit der VfB-Fans schmerzt, war am Samstag in Wolfsburg zu sehen. Als der VfB nicht einmal mehr die Kraft aufbrachte, um die Rebellion gegen den Abstieg auch nur zu simulieren, rief der Anhang seinen kleinsten gemeinsamen Nenner: "Vorstand raus!" Als erster wurde freilich Trainer Jürgen Kramny geopfert, Präsident Bernd Wahler ("Ich trage die Verantwortung") erklärte am Sonntag seinen Rücktritt. Dutt dagegen ist willens, um seinen im Mai 2015 unterzeichneten Vierjahresvertrag zu kämpfen, wie es das Team zuletzt gegen den Abstieg nicht tat.

"Natürlich fühlt sich's irgendwie so an, als wenn jetzt alles bei mir abgeladen wird", klagte Dutt, es sei auch verständlich, "irgendwo". Andererseits: Was hätte er machen sollen? Der Niedergang des deutschen Meisters von 2007, der 2013 noch im Pokalfinale stand, sei "fast nicht aufzuhalten" gewesen. Der Klub sei "vier, fünf Jahre kontinuierlich an den Abgrund" gelenkt worden, habe sich "zielgerichtet" gen Abstieg bewegt. Zielgerichtet? Ja, so lautete das Wort, das Dutt verwendete. Etwaige Glückwunschschreiben können gerichtet werden an: VfB Stuttgart 1893 e. V., Mercedesstraße 109, 70372 Stuttgart.

Völlig frei von Selbstkritik war Dutt nicht. Allerdings: Die Kritik beschränkte sich aufs Offensichtliche. Dass er bei der Wahl von Trainer Alexander Zorniger danebenlag, "das muss ich mir auf die Fahne schreiben", sagte Dutt. Qua Entlassung sei der Fehler aber längst eingestanden. Dass der im November als Interimslösung installierte Nachfolger Kramny floppte, war eine perfide Falle des Schicksals. "Jürgen hat einfach von Spiel zu Spiel eine bessere Leistung abgerufen", und dann habe es "keinen Widerspruch" gegeben, als Kramny über den Jahreswechsel hinaus als Trainer weiterbeschäftigt wurde.

Didavi ist schon weg, Harnik und Kostic dürfen

Bis irgendwann doch alles über den Neckar ging. Am Ende standen 75 Gegentore - eine schlechtere Abwehr hatte kein Team der Liga. In den letzten 13 Saisonspielen konnte der VfB einen Sieg und sechs Punkte sammeln, das 1:3 in Wolfsburg war die sechste Pleite in Serie. "Egal, welcher Reiz gesetzt wurde", darunter eine Reise nach Mallorca, nichts half. Auf die Frage, ob er einen Rücktritt erwäge, sagte Dutt: "Ich glaube eher nicht."

Damit liegt es am Aufsichtsrat, in dem Manager von Weltfirmen wie Daimler-Benz, Würth und Kärcher sitzen und die sich von Dutt mit Power-Point-Präsentationen beeindrucken ließen, über die Zukunft des Managers zu befinden. Nur befindet das Gremium sich in einer selbstgeschmiedeten Zwickmühle. Unter anderem segnete es im Januar Dutts Zukunftskonzept ab, das ab Juli umgesetzt werden soll - von Dutt-Getreuen. In Stuttgart gilt als gesichert, dass der Aufsichtsrat den Mann gerne abservieren würde. Nur: Dutt trifft mit dem Hinweis auf sein klubinternes Alleinstellungsmerkmal "Bundesliga-Erfahrung" einen wunden Punkt. Und viele Alternativen, die mehr versprechen, gibt der Markt auch nicht her.

Zudem hat Dutt recht, wenn er darauf hinweist, dass keine Zeit zu verlieren sei. Denn dass der VfB "auch frische Gesichter" braucht, wie Dutt weiter ausführte, ist unbestritten. Ein neuer Trainer muss her, mit ziemlicher Sicherheit auch neue Offensivkräfte, weil Harnik und Kostic gehen dürfen. Dazu ist wohl auch Werner zu ersetzen. Didavi, der in Wolfsburg das 1:3 erzielte und auf unbestimmte Zeit letzter VfB-Bundesligaschütze sein wird, hat bereits in Wolfsburg unterschrieben. Andere Schlüsselspieler bleiben aber erhalten: die Torhüter Langerak und Tyton sowie Insúa, Großkreutz, Gentner, Insúa, Serey Dié, Rupp.

"Das Gerüst steht", sagt Dutt, der eine weitere, letzte Wahrheit parat hat: "Unser Ziel ist der Wiederaufstieg, aber ein Selbstläufer wird das nicht."

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