Stuttgart in der Relegation:Noch zwei Endspiele

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Nur 1:1 gegen Hoffenheim: Der VfB Stuttgart muss in die Relegation. (Foto: H. Langer/Imago)

Erfolg oder Misserfolg? Beim 1:1 gegen Hoffenheim verpasst der VfB Stuttgart die direkte Rettung - sichert aber immerhin die Relegation, die der VfB vor kurzem noch gerne genommen hätte. Der Konkurrent ums Erstligaticket bringt mentalen Ballast mit.

Von Christoph Ruf

Sollte Saša Kalajdzic je den Plan gehabt haben, vor Spielbeginn unbehelligt auf seinen Sitzplatz zu kommen, hätte er sich am Samstag ein klein wenig geschickter anstellen müssen. Der einstige Stuttgarter Torjäger, der den VfB im vergangenen Sommer in Richtung Wolverhampton Wanderers verlassen hatte, erschien jedenfalls im VfB-Fantrikot vor der Haupttribüne. Was vielleicht eine gute Tarnung gewesen wäre, wenn man nicht sowieso schon mit exakt zwei Metern Körpergröße auf sich aufmerksam macht. Und wenn man nicht als Rückenaufdruck des Fantrikots die Nummer 9 und den eigenen Namen auswählt. Vor dem Spiel musste Kalajdzic also sehr oft auf Kommando lächeln und wildfremde Leute umarmen - zu diesem Zeitpunkt hatten die Fans schließlich auch noch gute Laune.

Zwei Stunden später stand fest, dass Stuttgart in der Endabrechnung den 16. Rang belegt und gegen den Dritten der Zweiten Liga die Relegationsspiele bestreiten muss. Wie sich am Sonntag herausstellen sollte, wird es der VfB dort nach einem verrückten Saisonfinale doch mit dem HSV zu tun bekommen, weil sich der 1. FC Heidenheim in Minute 90+9 doch noch den direkten Aufstieg sicherte.

Hoffenheims Trainer Matarazzo spricht von "einem unverdienten Punkt"

Dass es gegen Hoffenheim nicht zu einem Sieg und damit zum Klassenerhalt ohne Umwege reichte, lag derweil nicht zuletzt daran, dass einer wie Kalajdzic dem Stuttgarter Spiel fehlte. Passenderweise war es dann auch noch der einzige treffsichere Spieler im Team, Serhou Guirassy, der vor der Pause die größte Chance liegenließ (40.). In der Nachspielzeit vergab Tiago Tomas, der zwischenzeitlich das 1:1 geschossen hatte, noch eine gute Gelegenheit (90.+6). Und dazwischen agierte die Stuttgarter Offensive drei-, viermal so überhastet, dass die Sehnsucht nach einem echten Strafraum-Helden wie dem Österreicher Kalajdzic wach blieb.

Außer, dass sie zu oft das Tor und damit den Sinn des Spiels verfehlten, konnte man Stuttgart allerdings nicht allzu viel vorwerfen. Nach zögerlichem Beginn lief der Ball ordentlich durch die Reihen. Hoffenheim, das fußballerisch bekanntlich gut bestückt ist, hielt dagegen. Doch selbst TSG-Trainer Pellegrino Matarazzo, der ja bis Oktober noch in Stuttgart Trainer war, sprach vom "ersten unverdienten Punkt, seit ich Trainer in Hoffenheim bin".

Der Relegationsplatz ist vor allem ein Verdienst des vierten VfB-Trainers dieser Saison

Nach den ersten Schocksekunden bewiesen die Stuttgarter Anhänger pädagogisches Geschick, als sie die Mannschaft vor dem ersten Relegationsspiel am Donnerstag aufmunterten und ganz besonders den vierten Trainer dieser Spielzeit hochleben ließen. Tatsächlich hat Sebastian Hoeneß einen ordentlichen Schnitt von 1,55 Punkten pro Spiel mit dem VfB vorzuweisen. Dass der nach dem 34. Spieltag überhaupt noch die Chance hat, die Klasse zu halten, ist vor allem sein Verdienst.

Gegenüber einer mitunter etwas nachlässigen Talentemannschaft scheint er den richtigen Ton gefunden zu haben. Im Ergebnis hält der VfB jedenfalls die schwierige Balance zwischen defensiver Stabilität und Tordrang weit besser als zuvor. Ähnlich klang auch Hoeneß' Plädoyer, das man durchaus als eines in eigener Sache verstehen konnte: "Die Art und Weise, wie wir spielen, macht uns Mut. Dabei müssen wir bleiben und unser Spiel auf den Platz bringen."

Tatsächlich hätte man vor ein paar Wochen die Aussicht auf zwei weitere Spiele vor einem möglichen Abstieg wohl als unerwartete Chance angesehen. Um die zu nutzen, sind am Sonntagmorgen sicher ein paar Stuttgarter Späher ausgerückt, um sich aus nächster Nähe anzuschauen, was der Konkurrent um das Bundesligaticket so treibt. Sie sahen einen fußballerisch soliden Auftritt des HSVs, dem der sicher geglaubte Direktaufstieg jedoch in letzter Minute entrissen wurde und der mit entsprechendem mentalen Ballast zur Relegation antreten wird.

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