Bundesliga-Relegation: Friedhelm Funkel:Zu 20 Prozent die sechste Fete

Trainer Friedhelm Funkel findet die Relegation zwischen seinem VfL Bochum und Borussia Mönchengladbach "unsäglich". Dabei weiß niemand besser, wie man eine Mannschaft zum Aufstieg führt.

Ulrich Hartmann

Eigentlich hat Friedhelm Funkel keinen Grund, über die Relegation zu nörgeln. Der Fußballtrainer besitzt nur gute Erinnerungen an Entscheidungsspiele: 1975 bejubelte er als Spieler mit Bayer Uerdingen nach einem 6:0 gegen Pirmasens den Bundesliga-Aufstieg, und 1979 gelang dies den Uerdingern durch ein 2:1 gegen Bayreuth noch einmal.

VfL Osnabrueck v VfL Bochum - 2. Bundesliga

Meister im Aufsteigen: Friedhelm Funkel hat noch keinen Titel gewonnen, ist aber als Trainer schon fünf Mal in die erste Liga eingezogen. Hier bejubelt er das Erreichen des Relegationsplatzes mit Bochum.

(Foto: Bongarts/Getty Images)

Funkel hatte als Fußballer nach einer Relegation bislang stets Anlass zur Freude, als Trainer ist er mit fünf relegationsfreien Bundesliga-Aufstiegen sogar deutscher Rekordhalter - und der VfL Bochum ist nach seinen fünf Bundesliga-Abstiegen jedes Mal direkt wieder aufgestiegen.

Was also soll Funkel fürchten vor den beiden Relegationsspielen seines VfL, des Zweitliga-Dritten, gegen den Bundesliga-Drittletzten Borussia Mönchengladbach? Es ist seine eigene Statistik, die ihn doch zweifeln lässt, allerdings wirkt diese Statistik eher gefühlt als ermittelt. Funkel behauptet: "Von zehn Relegationen gewinnt der Erstligist acht." Funkels Prognose reduziert die Bochumer Chancen auf eine Rückkehr in die Bundesliga demnach auf 20 Prozent.

Die Relegationen, die Funkel als Spieler in den siebziger Jahren mitgemacht hat, bestanden aus Hin- und Rückspielen zwischen den Zweitplatzierten der Zweitliga-Staffeln Nord und Süd. Dabei wurde ein dritter Bundesliga-Aufsteiger ermittelt, wofür Funkel noch Verständnis aufbrachte. Kein Verständnis zeigt er heute für die 2009 wieder eingeführte Relegation zwischen dem Drittletzten des Oberhauses und dem Dritten des Unterhauses.

Er findet, der Bundesliga-Sechzehnte verdiene ebenso den Abstieg wie der Zweitliga-Dritte den Aufstieg, weshalb er die Wiederaufnahme der Playoffs "unsäglich" findet. Und er betont, dass er dies nicht erst so sehe, seit er weiß, dass es seine Bochumer in der Saisonverlängerung mit den zuletzt aufstrebenden Gladbachern zu tun bekommen. "Ohne diese unsägliche Relegation stünde unser Aufstieg bereits fest", sagt Funkel.

Als Dritter der Endtabelle wären die Bochumer vor drei Jahren noch direkt aufgestiegen. Nun bekommen sie es im K.o.-Modus mit einem Erstliga-Gegner zu tun, der sich nach einer missratenen Hinrunde im Aufwind befindet und unter dem neuen Trainer Lucien Favre zur siebtbesten Elf der Rückrunde avancierte. "Und der Bundesligist ist ohnehin schon der Favorit", sagt Funkel.

Live in 182 Länder

Tatsächlich gewannen die Bundesligisten acht der bisher zwölf Relegations-Duelle. Im Hinspiel an diesem Donnerstag (20.30 Uhr, live in der ARD und in 182 Ländern weltweit) wollen die Bochumer in Mönchengladbach ein solides Ergebnis erzielen, mit dem sie für das Rückspiel am kommenden Mittwoch (20.30 Uhr) daheim in Bochum eine Chance wahren.

Funkel ist Aufstiegsspezialist, anders kann man die Tatsache nicht interpretieren, dass er als Trainer 1992 und 1994 mit Uerdingen, 1996 mit dem MSV Duisburg, 2003 mit dem 1. FC Köln und 2005 mit Eintracht Frankfurt in die Bundesliga aufrückte. Kennt Funkel ein Geheimnis oder waren das alles Zufälle? "Nein, Zufälle sicher nicht", sagt er und erklärt die besonderen Umstände, die beim Aufstieg aus der zweiten Liga relevant werden können - "vor allem, dass man in brenzligen Situationen ruhig bleibt, wenn man von seinen Zielen zwischendurch mal weit entfernt ist."

Auch Bochum war im November 2010 nach dem 14. Spieltag 13 Punkte vom dritten Rang entfernt, die Stimmung im Klub war auf dem Tiefpunkt. Aber dann hat die Mannschaft mit einer Aufholjagd aus dem unteren Mittelfeld heraus den dritten Rang genau deshalb noch erreicht, weil Funkel und die Spieler in dieser schwierigen Phase die Nerven behalten hatten: "Ja, der Trainer ist immer ruhig geblieben", bestätigt amtlich Abwehrspieler Marcel Maltritz.

Friedhelm Funkel, 57, kann bei seiner siebten Trainerstation kaum noch etwas aus der Fassung bringen. Der gebürtige Neusser, der als Jugendlicher Gladbach-Fan war und regelmäßig zu den Heimspielen der Borussia an den Bökelberg gefahren ist, hat als Spieler und Trainer in der ersten und zweiten Liga 1108 Partien bestritten, er ist damit Rekordhalter im deutschen Fußball.

Die meisten Spiele und die meisten Bundesliga-Aufstiege verzeichnete Funkel, aber Wettbewerbsvorteile werden die Rekorde seiner Mannschaft im Duell mit der Borussia kaum einbringen. "Es wird nicht einfach, gegen die Gladbacher Tore zu erzielen", sagt Funkel, "sie haben mit Lucien Favre einen richtig guten Trainer bekommen."

Das empfinden die Verantwortlichen in Bochum im Fall Funkel aber genauso. Sie haben den Vertrag des Trainers bereits bis 2012 verlängert, unabhängig davon, in welcher Liga die Mannschaft in der kommenden Saison spielt. "Wir haben Herrn Funkel als ausgezeichneten Fachmann und versierten Trainer schätzen gelernt", sagt der neue Aufsichtsratsboss Ernst-Otto Stüber.

Funkel hat in seiner Trainerlaufbahn nie einen Titel gewonnen, aber wenn ihm mit Bochum der sechste Aufstieg gelingt, vielleicht schon in diesem Jahr gegen Gladbach, dann wird er das ganz sicher auch weiterhin gut verkraften.

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