Timo Werner gegen Union Berlin:Schneller als sein Schatten

RB Leipzig v 1. FC Union Berlin - Bundesliga

„So ein Tor habe ich, glaube ich, noch nie geschossen“: Timo Werner staunte selbst über seinen wuchtigen Treffer zum zwischenzeitlichen 1:1.

(Foto: Maja Hitij/Getty Images)

Von Javier Cáceres, Leipzig

Trotz erheblicher Schwierigkeiten, sich den in der Winterpause akkumulierten Schlafsand aus den Augen zu reiben, ist Herbstmeister RB Leipzig mit einem Sieg in die Rückrunde gestartet. Dank eines Doppelschlags von Torjäger Timo Werner und einem Treffer von Kapitän Marcel Sabitzer besiegte RB Leipzig am Samstagabend den Aufsteiger 1. FC Union Berlin nach 0:1-Rückstand mit 3:1. Tragischer Protagonist auf Seiten der Berliner war Marius Bülter, der erst die Führung für Union erzielte, dann aber bei den ersten beiden Gegentreffern jeweils eine Statistenrolle ausfüllte, obwohl er hätte eingreifen müssen. Für Werner war es im 18. Spiel der laufenden Saison schon der 20. Bundesligatreffer, er hat nun einen mehr gesammelt als Bayerns Robert Lewandowski. RB Leipzig hat damit nun schon im neunten Spiel nacheinander mindestens drei Tore erzielt.

Der schlussendlich verdiente Sieg der Leipziger konnte nicht vergessen machen, dass quasi mit Beginn der Partie nochmals klar wurde, unter welch exzeptionellen Umständen im vergangenen August das erste Bundesligaspiel Unions stattgefunden hatte. Es war vor einem halben Jahr mit 0:4 verloren gegangen, weil Union unter der Last der Euphorie zusammengebrochen war, und hatte große Zweifel an der Bundesligatauglichkeit der Köpenicker geweckt. Wie passé das ist, war am Samstagabend trotz der Niederlage zu begutachten.

In der Leipziger Arena präsentierte sich ein Gästeteam, das in vielerlei Hinsicht eine reife Leistung zeigte. "Ein verdienter Sieg für RB Leipzig, aber auch ein toller Auftritt meiner Mannschaft", resümierte Union-Trainer Urs Fischer. Sein Kollege Julian Nagelsmann wiederum sprach davon, dass man sicher kein Zeichen an die Titelkonkurrenten gegeben habe, das da besage, "wir überrollen die Liga". Aber: Man habe "wieder einen Rückstand wettgemacht, gegen eine Mannschaft, die nicht so einfach zu bespielen ist".

1500 Union-Fans demonstrieren vor dem Anpfiff friedlich

Der Spielbeginn hatte, wie schon die erste Partie der Saison, im Zeichen des Stimmungsboykotts der Gästefans gestanden. Am Nachmittag hatten die Union-Fans in Leipzig eine veritable Demonstration abgehalten: Rund 1500 Menschen beweinten in einem symbolischen Trauermarsch den Tod des Fußballs alter Prägung durch RB. Im Stadion selbst sollte ein fünfzehnminütiges Silentium auf den Rängen folgen. Aber in der zehnten Minute wurde die Stille durchbrochen. Durch Unions Führungstreffer.

Christian Gentner hatte in der Hälfte der Leipziger einen Kurzpass auf den schwedischen Mittelstürmer Sebastian Andersson gespielt - und der Schwede ließ den panisch attackierenden Nationalspieler Lukas Klostermann mit einem Beinschuss ins Leere laufen. Der Berliner hatte damit genug Zeit und Raum, um den Ball in den Lauf des links heranstürmenden Marius Bülter zu spielen, der dann flach einschoss.

Werner trifft spektakulär und unerreichbar

Was bis zur Halbzeit folgte, brachte Leipzigs Trainer Julian Nagelsmann am Spielfeldrand oft in Rage. Union verteidigte mit einer undurchdringlich anmutenden Kompaktheit, die vor allem eins verhinderte: dass die Stürmer der Leipziger ihre Angriffe mit Tempo ausspielen konnten. Die beste Chance hatte noch Angreifer Patrik Schick, doch er scheiterte am blendend aufgelegten Union-Torwart Rafal Gikiewicz (24.). Zum Ende der ersten Halbzeit stieß Nordi Mukiele häufiger durch. Doch er fand nie das richtige Timing, um Timo Werner vernünftig zu bedienen.

Das vollbrachte nach der Pause ausgerechnet ein Gegner. Bülter, um genau zu sein. Denn: Nach einem langen Ball des defensiv wieder einmal beeindruckenden Franzosen Dayot Upamecano ("der beste Verteidiger der Liga", sagte Unions Gentner nach der Partie) fabrizierte Bülter am eigenen Strafraum einen Querschläger. Der Ball landete vor den Füßen Timo Werners, der sein Bein in unnachahmlicher Schnelligkeit durchlud. Nicht mal sein Schatten konnte seiner Bewegung folgen - und so landete seine Direktabnahme unter der Querlatte des Union-Tores. Spektakulär und unerreichbar für Gikiewicz.

Sabitzers Bewerbungsvideo fürs Moulin Rouge

Werner selbst hätte danach nachlegen können - doch er scheiterte aus spitzem Winkel an Unions Torwart (56.). Der folgende Eckball besiegelte das Schicksal Unions. Nkunku trat ihn in den Strafraum, der bullige Upamecano verlängerte den Ball, und Sabitzer vermochte es, den Fuß so elektrisch hochschnellen zu lassen, dass es aussah, er wolle sich beim Moulin Rouge als Can-Can-Tänzer bewerben. Der Österreicher drückte so den Ball über die Linie, vor den Augen von Bülter.

Bei den Berlinern war danach dennoch nicht mal der Ansatz von Resignation zu verspüren. Mehr als eine Chance von Andrich, die Leipzigs Torwart Peter Gulacsi vereitelte (70.), sprang dabei aber nicht heraus. Und dann schlug Werner erneut zu. "Wir haben nicht gut begonnen. Die erste Halbzeit war nichts", sagte Werner bei Sky. Aber: "Auch heute haben wir in der zweiten Halbzeit Moral bewiesen. Ich will keinen Meisterschaftskampf ausrufen, aber wenn wir da oben stehen, wollen wir so lange wie möglich da oben bleiben." In wenigen Wochen, nach den Spielen in München und auf Schalke, weiß man mehr.

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