Bundesliga:RB Leipzig macht Weinzierl zur lahmen Ente

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Markus Weinzierl: In Leipzig nicht mehr gefragt (Foto: dpa)

Der Zweitligist kommuniziert offen, dass er Gespräche mit dem Augsburg-Trainer abgebrochen hat. Ist das der Konter eines in der Ehre verletzten Weltkonzerns?

Von Klaus Hoeltzenbein

Kaum ein Weltkonzern versteht sich derart gut auf sämtliche Spielarten der Werbung wie die Roten Bullen, die im Salzburger Land zu Hause sind. Der ganze Konzern ist eine einzige Marketing-Maschine, der nebenher ein bisschen Brause verkauft, die nach Gummibärchen schmeckt und die man wahlweise pur oder mit Wodka trinken kann. Gerade weil dieser Konzern so viele PR-Talente hat, fällt es schwer, bei einer Meldung aus der Filiale - von RB Leipzig - an Zufälle zu glauben. Es muss eher als eine besonders perfide Form des Guerilla-Marketings gelten, wenn der Zweitligist, der wohl aufsteigt, verkündet, dass er einen Erstliga-Trainer nicht mehr haben will, der womöglich absteigt.

Diese Nachricht, bundesweit verbreitet über die Deutsche Presse-Agentur, lief am Samstag, um 16.13 Uhr, über den Ticker. Man habe sich "tatsächlich" mit Markus Weinzierl "auseinandergesetzt", heißt es da aus dem Mund des RB-Vorstandsvorsitzenden Oliver Mintzlaff, den Trainer des FC Augsburg aber Freitagabend darüber informiert, dass man "nicht mit ihm plane" und deshalb die geführten Gespräche "abbreche". Um 16.13 Uhr war am Samstag auch Halbzeit zwischen Mainz und Augsburg, da stand es 2:2. Man muss jetzt allerdings nicht zwangsläufig darauf schließen, dass die dpa-Meldung schuld war, dass der FCA noch 2:4 unterging.

In der Europa League hat sich der FCA wohl übernommen

Tatsache ist, dass man die Botschaft auch für sich, also in Leipzig hätte behalten können. Das passiert meist so, wenn zwei Parteien sich nicht einig werden, Stillschweigen zählt zu den eleganteren Verfahren dieser Zunft. Tatsache ist nun auch, dass der FCA nach dem sechsten sieglosen Spiel in Serie in akuter Abstiegsnot verharrt, dass er nun - nur noch vor den Tabellen-Auffüllern von Hannover 96 - Vorletzter in der Rückrunden-Bilanz ist. Der FCA zahlt gerade einen hohen Preis für die auch von Weinzierl stimulierten Erfolge: Dass er in der Vorsaison Fünfter wurde und dass er deshalb in der Europa League aufspielen konnte, bis er knapp vom FC Liverpool bezwungen wurde. Dabei hat er sich augenscheinlich übernommen.

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Der Tabellenführer zeigt beim 3:1 besondere Vehemenz. Die Arminia vergisst gegen Düsseldorf das Toreschießen, auch St. Pauli schwächelt.

Selbst wenn sie sich nichts bei ihrer Nachricht gedacht haben sollten, womit man die Leipziger PR-Strategen gewaltig unterschätzen würde, hat das Ganze jetzt natürlich seine Effekte. Vorrangig einen, der im Reich der Fabel ansetzt: Die Bullen haben einen Dompteur in eine Ente verwandelt. Eine "Lame Duck", eine lahme Ente, was nicht so traurig ist wie es klingt, sogar der amerikanische Präsident ist gerade eine solche Ente, mit dem Unterschied, dass er noch etwas mehr Zeit als Weinzierl hat, sein Erbe zu ordnen. Obama bleibt Zeit bis November, sein Land nicht nur mit Kuba zu versöhnen, dann ist er weg. Weinzierl bleiben nur noch sechs Spiele, die jetzt alle wie ein Finale gespielt werden müssen, dann ist wohl auch er weg. Obwohl er eigentlich einen Vertrag bis 2019 hat.

Ist dies der Konter eines in der Ehre verletzten Konzerns?

Dass Weinzierl geht, war offiziös, also halb-amtlich, nicht bestätigt. Gehandelt wurde er zuletzt als Trainer-Kandidat auf Schalke, in Mönchengladbach und eben in Leipzig. Dass der Abschied vom FCA durch die Indiskretion offiziell wird, verschärft die Augsburger Probleme natürlich, gebündelt in der in solchen Szenarien stets gestellten Frage: Wie will er seine Mannschaft im Existenzkampf motivieren? Wie will er es vermeiden, dass seine vierjährige Amtszeit nicht in einem Abstieg endet?

Vorrangig sind die Augsburger natürlich an allem selber schuld. Gegen das Geraune, dass der Trainer nach im Kern verdienstvollen Jahren vorzeitig gehen darf, lässt sich bekanntlich nur schwer anspielen. Wo aber liegen die Leipziger Motive?

Warum mischen sie sich schon so offensiv in die Dramaturgie der ersten Liga ein? Was die Roten Bullen zuvor nur taten, indem sie ein paar Transfers mit Zweitliga-Bonus und damit deutlich über Marktwert finanzierten. Es entspräche dem Prinzip des Guerilla-Marketings, mit geringem Einsatz eine große Wirkung zu erzielen. Kamen sie einer öffentlichen Absage Weinzierls also nur zuvor? Ist dies der Konter eines in der Ehre verletzten Weltkonzerns? Der dringend jemanden sucht, der dann die Aufstiegsarbeit des sich ins Manageramt zurückziehenden Ralf Rangnick übernehmen kann.

Dies sind jetzt ziemlich viele Fragezeichen. Aber es zeigt schon mal, wohin die Reise geht. Und es passt zu einem Standort, der der ersten Liga demnächst ziemlich viele Rätsel aufgeben wird. Mit dem sich die Liga weit mehr kabbeln wird, als mit den braven Augsburgern, die sich zuvor lange und ziemlich gut auf den Sport konzentrieren konnten. Denen aber gerade die Luft entweicht - wie beim Öffnen einer Dose.

© SZ vom 03.04.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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