Süddeutsche Zeitung

RB Leipzig:Der Mann, der Neuer neidisch macht

Lesezeit: 2 min

Von Saskia Aleythe, Leipzig

Dieter Hecking hat null Probleme damit, den Gegner zu loben, wenn es dafür die zwingende Notwendigkeit gibt. Am Sonntagabend zum Beispiel, die Gladbacher hatten in der Leipziger Arena gerade eine 0:2-Niederlage verkraften müssen, da huldigte der Trainer erst mal der Abwehrarbeit des Gastgebers, der nicht nur "sehr", sondern gleich "sehr, sehr gut" verteidigt hätte. Und auch zum Leipziger Torwart Peter Gulacsi wurde Hecking befragt: Ob der denn derzeit der beste Bundesliga-Torhüter sei? Man müsse da Ralf Rangnick fragen, sagte Hecking, der Leipzig-Coach erlebe ihn im Training ja viel öfter als er. Und dann schob er nach: "Er hat die Null gehalten. Das war sicher sehr sinnvolles Halten von ihm."

Sinnvolles Halten, das lässt sich durchaus in Zahlen ausdrücken: Sieben von 13 Bundesligapartien konnte Leipzig bisher ohne Gegentreffer überstehen - der Spitzenwert der Liga. Und wer sich ein bisschen tiefer in die Schüsse und Schüsschen eingräbt, die da zuletzt aufs Leipziger Tor zugeflogen sind, findet auch weiteres belastbares Material, das Gulacsi als derzeit recht passablen Torhüter ausweist: Von 46 Bällen, die ungehindert auf ihn zukamen, wehrte der Torwart 37 ab, eine Fangquote von 80,4 Prozent, die Nationaltorhüter Manuel Neuer (Fangquote von 58 Prozent) neidisch machen dürfte. Nur der Mainzer Robin Zentner kommt auf einen besseren Wert, bei allerdings erheblich weniger Spielen. Also, warum läuft's denn so gut, Herr Gulacsi? "Weil ich viel trainiere", sagt der 28-Jährige. Ach so.

Es gibt zwei Beobachtungen, die man derzeit zu RB Leipzig aufstellen kann, die eine hat mit Gulacsi tun, die andere mit der Mannschaft vor ihm: Die Leipziger sind in der aktuellen Saison sehr stark aufs Verteidigen gepolt, was sich am Sonntag in einer Antwort von Trainer und Sportdirektor Rangnick verdichtete: Klar, er habe sich über die zwei Tore von Timo Werner gefreut, noch mehr aber darüber, wie der Stürmer im Spiel gegen den Ball aufgetreten sei. "Das wünsche ich mir von ihm für die kommenden Wochen."

"Ich mache meinen Teil", sagt Gulacsi nur zu seiner Leistung

Auf den Positionen, die standesgemäß fürs Verteidigen zuständig sind, kann sich Leipzig an zwei Talenten erfreuen, die vor einem Jahr in den Verein gelotst wurden: Ibrahima Konaté, 19 Jahre jung, und Dayot Upamecano, 20 Jahre alt, über die Gulacsi nach der Partie gegen Gladbach sagte: "Die beiden sind unglaublich." Körperlich robust, flink zur Stelle, wenn sie gebraucht werden, "die können Bälle abfangen", sagte der Torhüter am Sonntagabend, weil er ja ohnehin findet: Die Mannschaft macht ihm den Job durch die konzentrierte Abwehrarbeit leicht. "Dann hat der Torwart mal die Chance, den Ball zu halten. Ich mache meinen Teil, die Jungs machen ihren auch, und es hat gut geklappt heute."

2015 kam Gulacsi nach Leipzig, es ist seine erste Bundesliga-Station. Nach der Jugend in Ungarn hatte es ihn ins Reserveteam des FC Liverpool verschlagen und auch mal zum Zweitligisten Hull City, bevor er 2013 zu RB Salzburg kam, wo er zum besten Torhüter der Liga gewählt wurde. Ein Umstand, der einen ja umgehend auf die Autobahn Richtung Nordsachsen befördern kann. Vielleicht ist die aktuelle Form nur eine Momentaufnahme - auf jeden Fall passt sie jedoch nicht mehr zu den Szenen, die Gulacsi bei seiner Premiere für Leipzig erlebte: September 2015, zweite Runde im DFB-Pokal gegen den Viertligisten SpVgg Unterhaching, Endstand: 3:0 für den Außenseiter.

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Quelle:
SZ vom 04.12.2018
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