Süddeutsche Zeitung

Bundesliga-Profis bei der WM:Die Bayern suchen noch nach ihrer Form

  • Robert Lewandowskis Niederlage mit Polen gegen Senegal steht stellvertretend für den Fehlstart des FC Bayern in die WM.
  • Nur Corentin Tolisso konnte mit Frankreich gewinnen.
  • Die übrige Bundesliga gibt dagegen ein gutes Erstrunden-Bild ab - allen voran die Spieler von Eintracht Frankfurt.

Von Martin Schneider, Moskau

Am Ende kapitulierte auch die Übersetzerin. Robert Lewandowski, polnischer Stürmer und dank seiner Anstellung in München eigentlich der deutschen Sprache mächtig, wollte nach der 1:2-Niederlage seines Teams ausdrücklich nur auf Polnisch Fragen beantworten. Der Weltfußballverband Fifa antizipiert aber eine solche Situation, und so platzierte sich eine Journalisten-Traube um eine junge Frau, um mitzubekommen, was Lewandowski nach der Enttäuschung gegen den Senegal mitzuteilen hatte. Als das Tonband der Fifa-Mitarbeiterin komplett abgespielt war, fragte jemand nach, ob Lewandowski sich denn nicht zu seiner eigenen Leistung geäußert habe. "Nein", meinte die Übersetzerin. Lewandowski habe eher "so allgemeine Sachen" gesagt.

"Wir müssen anders spielen, viel besser", sagte er zum Beispiel. Und, durchaus martialisch: "Der Albtraum von der Europameisterschaft ist zurück, die Situation von den Turnieren zuvor hat sich wiederholt." 2016 in Frankreich war Polen gegen Portugal, den Turniersieger, im Viertelfinale nach Elfmeterschießen ausgeschieden.

Nun, zwei Jahre später in Moskau, erfüllte Lewandowski seine Rolle als Kapitän, aber seine Rolle als Stürmer? Das war gegen den Senegal ein eigenes Kapitel.

Insgesamt hatte er nur 34 Ballkontakte, wurde er nur einmal per Freistoß gefährlich. Zu seinen Gunsten kann man auslegen: Die Bälle kamen auch selten zu ihm, und die Verteidiger Salif Sané und Kalidou Koulibaly bearbeiteten ihn wie die Fleischklopfer das Schnitzel. Weniger zu seinen Gunsten wäre anzumerken: Lewandowski wird auch auf Champions-League-Reisen mit dem FC Bayern ähnlich roh behandelt; und der Madrider Kollege Cristiano Ronaldo wird ebenfalls fortwährend belästigt.

Bundesliga-Mannschaft der Stunde ist eindeutig Frankfurt

Apropos FC Bayern: Lewandowski ist auf seiner Formsuche nicht allein, nahezu alle Münchner waren in der ersten Spielrunde noch nicht im Turnier angekommen. Manuel Neuer, Thomas Müller, Niklas Süle, Sebastian Rudy, Mats Hummels, Jérôme Boateng und Joshua Kimmich haben mit Deutschland verloren; Thiago wurde bei Spanien nur eingewechselt und musste zusehen, wie Cristiano Ronaldo seinen Freistoß zum 3:3 in den Torwinkel zirkelte; Corentin Tolisso siegte zwar mit Frankreich, wurde aber beim Arbeitssieg gegen Australien nach 73 Minuten ausgewechselt; Kolumbiens James Rodriguez verlor gegen Japan - und Arjen Robben, David Alaba und Arturo Vidal hatten mit den Niederlanden, Österreich und Chile erst gar nicht die Chance, nicht zu gewinnen.

Und dann gratuliert der eine Bayern-Spieler (Boateng) auch noch auf Twitter dem Gegner (Senegal) des anderen Bayern-Spielers (Lewandowski). Wobei man dazu anmerken kann, dass der eine Bayern-Spieler (Boateng) offiziell den Verein im Sommer verlassen darf, während der andere Bayern-Spieler (Lewandowski) wohl wechseln würde, aber ebenso offiziell keine Freigabe bekommen dürfte. München sortiert sich jedenfalls noch bei dieser WM und kommt bislang nicht in die Gänge.

Erstaunlich, denn die übrige Bundesliga gab ein gutes Erstrunden-Bild ab - an der Spitze ein Augsburger: Alfred Finnbogason traf für Island gegen Argentinien. Shinji Kagawa (Dortmund) und Yuya Osako (Köln) schossen Japan zum 2:1 gegen Kolumbien, Benjamin Pavard (Stuttgart) stand in Frankreichs erlesener Startelf, ebenso Thomas Delaney (Bremen) bei den eindrucksvollen Dänen. Auffälligster Zweitliga-Spieler ist ein weiterer Isländer: Rurik Gislason verteidigte nach seiner Einwechslung das 1:1 gegen Argentinien, was natürlich eine Leistung ist. Bekannt aber wurde er wegen seiner blauen Augen und einem blonden Zopf - vor allem in Südamerika. Jedenfalls explodieren seither die Zahlen seines Instagram-Accounts, mit der neuen Popularität muss kommende Saison der SV Sandhausen klar kommen.

Bundesliga-Mannschaft der Stunde ist aber eindeutig Frankfurt. Kein Spieler der Eintracht, weder Makoto Hasebe (Japan), Ante Rebic (Kroatien), Luka Jovic (Serbien), Gelson Fernandes (Schweiz) noch Marco Fabian und Carlos Salcedo (Mexiko) oder selbst der Bald-Frankfurter Frederik Rönnow (Dänemark) haben ihr erstes Turnierspiel verloren. Frankfurt oben, Bayern unten - da war doch was?

Es sieht so aus, als wolle die Bundesliga bei dieser Weltmeisterschaft noch einmal den Ausgang des DFB-Pokalfinales von Berlin nachspielen.

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SZ vom 21.06.2018/chge
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