Was man immer noch nicht ganz verstanden hat, ist, ob jetzt auch der VfL Bochum deutscher Meister werden kann. Seit die neue DFL-Chefin Donata Hopfen die Einführung von Playoffs nicht definitiv ausgeschlossen hat, leistet sich der deutsche Fußball eine Debatte über die Frage, wie die ermüdende Dominanz des FC Bayern wohl am besten zu brechen wäre. Einigkeit besteht darüber, dass es keine Lösung sein kann, die Isar umzuleiten und das Trainingsgelände an der Säbener Straße zu fluten, aber danach wird's kompliziert.
Sind Playoffs ein reizvolles Modell, weil man an das Ende einer Saison eine prickelnde week of football anhängen könnte, in der bei bester Pokalfinal-Stimmung und feinstem Ende-Mai-Wetter über Meisterschaft und Abstieg entschieden wird? Oder widersprechen Playoffs der deutschen Sportkultur und erst recht dem Leistungsgedanken, wonach gerechterweise derjenige Meister werden sollte, der ein Jahr lang am konstantesten Fußball spielt? Geht es, mit anderen Worten, darum, das beste Album auszuzeichnen, oder spekuliert man lieber auf das One-Hit-Wonder, auf die Gefahr hin, dass am Ende das scheußliche "lemon tree" dabei herauskommt?
Der VfL Bochum hat solche Vergleiche nicht verdient, aber er käme im Moment auch nicht auf die Idee, deutscher Meister werden zu wollen (was in einem Playoff-Modell mit den besten Acht sogar möglich wäre). Dennoch geht vom Stadion an der Castroper Straße ein Signal aus, das der Debatte ein wichtiges Argument liefert.
Die Dominanz des FC Bayern liegt nicht an einem Spielmodus, sondern an den Geldern aus der Champions League
Nein, es ist nicht verboten und sogar ausdrücklich erlaubt, über den zweifellos vorhandenen Charme einer zusätzlichen Meisterrunde nachzudenken - aber Playoffs sollten keine Flucht vor der Realität sein und erst recht keine Ausrede für die vermeintliche Bayern-Konkurrenz. Der VfL Bochum hat in einem Spiel vorgeführt, was möglich ist, wenn sich ein Standort selbst optimiert - wenn also ein ins Milieu passender Trainer mit Mut, Kontinuität und einem seriös gebauten Kader seine Arbeit verrichten darf. Von diesem Modell dürfen sich Dortmunder, Leipziger, Gladbacher und Wolfsburger sehr gerne angesprochen fühlen - sie alle haben im vergangenen Sommer Trainer verpflichtet (Rose/Marsch/Hütter/van Bommel), von denen nicht klar war/ist, ob sie und ihre Ideen überhaupt zu den vorhandenen Spielerkadern passen.
Jeder weiß, dass die Alleinherrschaft der Bayern weniger an einem konkreten Spielmodus liegt als vielmehr an den unfassbar obszönen Summen, die jedes Jahr über den erfolgreichsten Klubs der Champions League ausgeschüttet werden. Aus Gründen der Notwehr hat die Bundesliga durchaus das Recht, über alternative Wettkampfmodelle nachzudenken, aber wer den Bayern wirklich näher rücken will, hat auch die Pflicht, erst mal die eigenen Hausaufgaben zu erledigen. Vieles in dieser Debatte darf umstritten bleiben, aber diese Erkenntnis nicht: Wer bei der Mischung des Kaders oder der Auswahl von Trainern/Managern Fehler macht, dem helfen auch keine Playoffs.