Bundesliga:Pizarro verändert die Stimmung entscheidend

SV Werder Bremen v VfL Wolfsburg - Bundesliga

Die Gratulanten stehen an: Claudio Pizarro (r.) trägt entscheidend zum Werder-Sieg bei.

(Foto: Cathrin Mueller/Getty)

Von Jörg Marwedel, Bremen

Es war, als hätten Vater und Sohn für die Entscheidung in diesem Nordderby zwischen Werder Bremen und dem VfL Wolfsburg gesorgt. 86. Minute: Claudio Pizarro, am Mittwoch gerade 40 geworden, bekommt den Ball von Maximilian Eggestein zugespielt. Dessen Bruder Johannes, 20, startet in den Strafraum und "Papa" Pizarro legt ihm die Kugel präzise in den Lauf. Der junge Mann fackelt nicht lange und schickt sie zum 2:0 ins Wolfsburger Tor. Es war der erste Bundesliga-Treffer des jüngeren Eggestein. "Claudio hat mich in den Arm genommen und gesagt, das hast du gut gemacht", berichtete der von allen "Jo-Jo" gerufene Stürmer hinterher.

Sein Tor hat auch bei Werder-Trainer Florian Kohfeldt "pure Freude" ausgelöst. Zum einen hätte es "den Richtigen getroffen", applaudierte er. Jemanden, der mit viel Fleiß an seiner Fußballkarriere arbeite. Zum anderen war es das passende Geburtstagsgeschenk für den Coach selbst, der am Freitag 36 Jahre alt wurde. Der einstige Abstiegskandidat Werder hatte zumindest für 19 Stunden Tabellenrang zwei übernommen. Das machte Kohfeldt zwar "zufrieden", aber man brauche "uns nach sieben Spieltagen gar nicht mit all den Teams auf Champions-League-Niveau vergleichen". Vom Europapokal sangen die überschwänglichen Fans aber dennoch.

In der zweiten Halbzeit wackelt der Bremer Erfolg

Dabei war das "nicht perfekte Spiel" (Werders Davy Klaassen) gar nicht geeignet für solche Vergleiche. Wolfsburgs Trainer Bruno Labbadia hat "uns gut studiert im Vorwege", sagte Werder-Kapitän Max Kruse. Der spritzige VfL bestimmte die ersten 25 Minuten und nahm, fast in Manndeckung, die Werder-Spielgestalter Klaassen und Maximilian Eggestein nahezu aus der Partie. In der 12. Minute kamen die Wolfsburger zu ihrer gefährlichsten Chance. Ein von Jerôme Roussillon in den Strafraum getretener Ball berührte den Pfosten nach einem Abwehrversuch von Niklas Moisander. Erst das 1:0 durch einen Flachschuss von Klaassen in der 35. Minute befreite Werder und veränderte das Spiel zu ihren Gunsten.

Aber irgendwann schien es, als würden die Bremer in der zweiten Halbzeit ihren knappen Vorsprung nur noch verwalten. Sie ließen sich weit in die Defensive drängen und es hätte nicht viel gefehlt und der VfL Wolfsburg hätte es dem 1. FC Nürnberg gleichgetan, der drei Wochen zuvor eine ähnlich lasche Werder-Spielweise mit dem 1:1 in der Nachspielzeit bestraft hatte. Was also macht ein Trainer, um ein solches Szenario ein zweites Mal zu verhindern? Kohfeldt entschied sich für die richtige Lösung: Er brachte in der 76. Minute Claudio Pizarro für Florian Kainz und sieben Minuten später Johannes Eggestein für Yuya Osako.

Bremens Stabilität macht Hoffnung auf mehr

Wenn der betagte Peruaner, der längst grün-weißes Werder-Blut in den Adern hat, aufs Feld kommt, ändert sich oft das ganze Spiel und auch die Stimmung. Dann stehen fast alle Zuschauer auf, weil ihr Idol den Rasen betritt, das spornt auch die eigene Elf an. Und weil Pizarro auch mit 40 noch die Bälle "festmacht", wie der Fußballer sagt, und sie in jene Räume spielt, die das Werder-Spiel gefährlich machen, entschied er letztlich mit Johannes Eggestein die Partie endgültig. Pizarro sei schon ein "außergewöhnlicher Spieler und Top-Stürmer gewesen", sagte Wolfsburgs Coach Labbadia, wobei er bereits die Vergangenheitsform wählte. Aber er sei eben "auch ein guter Vorbereiter". Das 2:0 dient als Beweis, dass diese Aussage auch in der Gegenwart noch Bestand hat.

Die Bremer haben inzwischen eine Stabilität, die noch einiges erwarten lässt. Nicht nur, weil sie mit Pizarro oder dem diesmal nicht eingesetzten Nuri Sahin (für ihn spielte Philipp Bargfrede einen überragenden Sechser) erfahrene, fitte Leute im Hintergrund haben, die wissen, wie man auf Top-Niveau spielt. Sahin etwa hielt vor dem Spiel noch eine positive Rede vor der Mannschaft, obwohl er nicht in der Startelf stand. Werder verfügt zudem über Talente wie die beiden Eggesteins. Über den gefeierten Torschützen sagte Max Kruse, er komme wie er aus der Werder-Jugend und er selber wisse, "dass das nicht immer einfach ist". Aber "Jo-Jo hat sich reingebissen" und hätte "absolut verdient auf dem Platz gestanden".

Dann wandte sich Kruse der mittelfristigen Zukunft zu. Man spiele derzeit einen "ansehnlichen Fußball", urteilte er und ließ das Ziel Europacup nicht aus den Augen. Die Saison sei zwar noch lang, "aber wenn wir am Ende der Spielzeit oben stehen, freuen wir uns." So redet niemand, der nicht wirklich an die Umsetzung dieses Plans glaubt.

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