Bundesliga: Momente der Saison:Rechte Hacke, linker Schuh

Ein historisches Grafite-Tor, die Leiden des Jürgen K., ein Oberleutnant im Mittelkreis und die Fanmacht im Netz. Die sueddeutsche.de-Momente der Saison

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Grafite-TorWenn der VfL Wolfsburg deutscher Meister wird und sich jemand um ein Foto bemühen würde, das diese Saison zusammenfasst, dann ist die Suche kurz. Es ist jenes Bild vom 26. Spieltag, auf dem Wolfsburgs Stürmer Grafite nach furiosem Sololauf gegen Andreas Ottl, Christian Lell und Michael Rensing dazu ansetzt, den Ball mit der Hacke ins Tor zu schieben. Wie übertölpelten da die kecken Wolfsburger den ruhmreichen FC Bayern; Udo Lattek hätte geweint, wenn er im Stadion gewesen wäre.Weil es das 5:1 gegen Rekordmeister Bayern war, darf sich das Tor Hoffnungen machen, zum Tor der Saison, zum Tor des Jahrzehnts oder wer weiß, vielleicht sogar zum Tor des Jahrhunderts gekürt zu werden.Dabei ist die besondere Schwierigkeit dieses Moments selten verstanden worden. Denn es ist kaum eine Kunst, schneller zu sprinten als Andreas Ottl; es ist auch keine Kunst, besagten Ottl und Christian Lell zu umspielen; und es ist auch keine Kunst, Michael Rensing kurz zu verladen. Nein, die Kunst ist es, in dieser Szene den Ball nicht zu treffen. Denn wie bekannte Grafite hinterher: "[Nach dem Trick gegen Rensing] blieb mir einfach nur noch die rechte Hacke übrig. Ich bin froh, dass ich den Ball nicht fester getroffen habe. Sonst wäre er wohl vorbeigegangen." So einfach können Erklärungen für demütigende Traumtore sein.aum/Foto: dpa

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Wolfsburger AuswechslungNatürlich war es Rache, Magaths süße Rache an seinem früheren Arbeitgeber FC Bayern, der ihn im Frühjahr 2007 trotz zweier vorangegangener Double-Jahre so unehrenhaft entlassen hatte. Aber natürlich gab niemand zu, dass es Rache war. Und so durften alle schmunzeln, als Felix Magath erklärte, warum er beim Spiel seiner Wolfsburger gegen den FC Bayern in der 89. Minute unter herzhaftem Gejohle des Publikums seinen Torwart Diego Benaglio vom Feld nahm und Ersatzmann André Lenz einwechselte.Er habe halt dem André Lenz versprochen, dass dieser noch einen Einsatz bekomme, wenn es der Spielstand erlaube. Und, nun ja, es sei auch für ihn etwas überraschend gekommen, dass nun ausgerechnet gegen die Bayern diese Situation eingetreten sei, aber versprochen sei ja wohl versprochen ... Girlandenreicher ist noch nie eine Auswechslung beschrieben worden, und dabei sah Magath so ernst aus, als halte er im Dom die Sonntagspredigt.Nichts kann gegen eine Mannschaft, die hoch zurückliegt, demütigender sein als ein Torwart-Wechsel eine Minute vor dem Abpfiff. Udo Lattek hätte jedenfalls geweint; Jürgen Klinsmann hatte bei der Pressekonferenz schon Tränen in den Augen.aum/Foto: dpa

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Dohmens FäusteDer Manager des Karlsruher SC, Rolf Dohmen, macht auf den ersten Blick nicht den Eindruck eines extrovertierten Mimen. Fast immer in Anzug und Krawatte, mit schütterem Haar, der Blick konzentriert und skeptisch. Beruferater würden Rolf Dohmen vielleicht in die Schublade "Versicherungskaufmann mit dem Hang zum billigen Kantinenessen" stecken.Diese Beruferater müssten bei genauerem Hinsehen allerdings ihre Oberflächlichkeit eingestehen. Denn Rolf Dohmen ist der leidenschaftlichste Fußballfunktionär des Jahres. Als Sebastian Freis in der Nachspielzeit des 19. Spieltags gegen den HSV das 3:2 erzielte, rannte Dohmen ekstatisch auf den Rasen und schrie seine aufgestaute Anspannung mit geschlossenen Augen in den Nachthimmel.Er ahnte damals nicht, dass es der letzte Torjubel sein sollte, bis neun Spieltage und 752 Spielminuten später wieder Freis gegen Hoffenheim traf. In diesem Spiel hatte Dohmen seinen zweiten Auftritt auf dem Karlsruher Rasen, allerdings diesmal mit einer Szene voll Wut und Trauer und Verzweiflung. Seine Mannschaft traf beim 2:2 in der Nachspielzeit nur den Pfosten, Dohmen kniete nieder, trommelte mit den Fäusten auf den Rasen. Da soll noch einmal einer mit Versicherungskaufmann kommen!hum/Foto: dpa

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Jens Lehmanns SchuhwurfEigentlich begann Jens Lehmanns Moment der Saison bereits während der Europameisterschaft 2008: Da stellte ein schüchternen britischer Journalist nach dem Spiel gegen Kroatien doch tatsächlich diese Frage. "Warum haben Sie den einen Ball nicht sicher gefangen?" Lehmann hatte ähnlich geflattert wie der EM-Ball, antwortete jedoch: "Ich will jetzt nicht respektlos klingen, aber ich diskutiere Dinge, die das Torwartspiel betreffen, nicht mit Menschen wie Ihnen." "Warum?", hakte der mutige Brite nach. Lehmanns Antwort: "Weil Sie nicht so aussehen, als würden Sie etwas vom Torwartspiel verstehen."Ja, er kann schon deutlich sein, dieser Jens Lehmann, wenn es um seine Leistungen geht. Während dieser Saison flatterte er dann häufig noch stärker als der EM-Ball, er gab ein paar Kommentare zu den Leistungen der Schiedsrichter ab und brachte sich tatsächlich als Nationaltorhüter für die WM 2010 ins Gespräch. Ganz nebenbei parkte er beim Spiel gegen Hoffenheim den Schuh des Gegners Sejad Salihovic auf dem Tornetz. Einfach so. Und natürlich verschoss dieser Salihovic ein paar Minuten später einen Elfmeter. Ob das mit Lehmanns skurriler Aktion zu tun hatte, traute sich danach keiner zu fragen - wer hat schon Ahnung vom Torwartspiel?jüsc/Foto: Imago

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Das Spiel des JahresSelbst langjährige Beobachter des deutschen Fußballsports standen am späten Abend des 5. Dezember 2008 mit großen Augen und leichtem Lächeln in den Katakomben der Münchner Arena. Sie schüttelten den Kopf über den "Kampftiger" Tobias Weis, über den "baldigen Nationalspieler" Andreas Beck und vor allem über "die drei da vorne". Über Ba, Ibisevic, Obasi, das vielleicht beste Bundesliga-Angriffstriumvirat, das man je in München gesehen hatte.Die TSG Hoffenheim hatte in München die letzten Zweifler überzeugt. Weil der noch von Jürgen Klinsmann trainierte FC Bayern zu jener Zeit noch offensiven, schnellen Klinsmannfußball spielte und sich beim 2:1-Sieg durch Tonis Schuss in letzter Minute zu einer Klinsmannfußball-Gala aufschwang, diskutierten selbst als seriös angesehene Menschen und Medien die Überlegung, ob sie gerade das beste Bundesliga-Spiel aller Zeiten gesehen hatten.Dass Vedad Ibisevic damals sein 18. Saisontor im 16. Spiel erzielt hatte, muss inzwischen jedenfalls als historisch eingeordnet werden. (Seine Jagd nach Gerd Müllers Ewigkeitsrekorden stoppte bald ein Kreuzbandriss.) Und dass Klinsmann danach zusammen mit den härtesten aller Bayern-Fans in der Südkurve Humba-Humba-Tätärä tanzte, ist inzwischen ebenfalls im Reich der Legenden gelandet. Es war eine in jeder Hinsicht magische Fußball-Dezembernacht.hum/Foto: Getty

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Die Macht des NetzesEin Schmetterling kann einen Wirbelsturm auslösen, sagt die Chaostheorie. Das ist empirisch freilich kaum zu beweisen. Dass 25,4 Kilobyte für einen Skandal sorgen können, ist hingegen belegt: So schwer war die PDF-Datei, die in Bochumer Internet-Fan-Foren angeboten wurde.Der Inhalt: Ein große "8" und die Schriftzüge "Bochum" und "Zdebel". Tausendfach kopiert, wurde aus dem schlichten Dokument ein Zeichen des Protests - ein großer Teil der Bochumer Fankurve hielt das Plakat beim Heimspiel gegen den KSC im Januar in die Höhe und demonstrierte gegen die Vereinsoberen des VfL, die den Kapitän Thomas Zdebel erst suspendiert und in der Winterpause nach Leverkusen hatten ziehen lassen.Die Aktion machte deutlich, welche Macht das Internet für Fußballfans haben kann: Stimmungen können gebündelt, Proteste effizient organisiert werden. Das könnte für Trainer und Manager gefährlich werden - wäre da nicht die andere Seite der Theorie: So ein Schmetterling wird - je nach Rasse - nur ein paar Tage alt. Nicht viel Zeit, um einen Wirbelsturm zu entfachen. Nachdem Bochum den KSC mit 2:0 besiegt hatte, war von Zdebel schnell keine Rede mehr.mikö/Foto: AP

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Berliner MomenteAndrej Voronin hüpfte die paar Stufen vom Innenraum den Berliner Olympiastadions hinunter zu den Kabinengängen, hin und wieder musste er grinsen. Er hatte gerade eines dieser Spiele erlebt, die im normalen Fußballbetrieb eine Rarität sind, in dieser Hertha-Saison aber zur verblüffenden Serienerscheinung wurden. Voronins Mannschaft hatte am 15. November gegen den Hamburger SV 85 Minuten kaum eine Torchance, lief emsig umher und bemühte sich um gute Balleroberung. Gute Balleroberung ist die Lieblingsformulierung des Berliner Trainers Lucien Favre.In den fünf restlichen Minuten, zwischen der Pause und Minute 50, nutzte Favres Mannschaft zwei Balleroberungen und spielte danach derart schnell Richtung Tor, dass die Hamburger verdutzt hintersahen und Hertha zweimal traf. Das reichte. Das Spiel endete 2:1. Andrej Voronin wurde danach gefragt, ob die Hertha nun auf dem Weg in die Champions League ist. "Ach, Champions League"; er zog die Mundwinkel nach hinten, zog die Stirn in Falten und sagte: "Wir wollen uns entwickeln." Das war die korrekte, mediengeschulte Profi-Antwort. Wäre ihm diese Frage in einer Kneipe beim zweiten Bier gestellt worden, hätte er geantwortet: "Hey Mann, hast du nicht gesehen, wie wir gespielt haben? Das hat doch mit Champions League nichts zu tun!"Hatte es doch. Zumindest fast.hum/Foto: dpa

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Die Oktoberfest-PleiteIn den Zelten auf dem Oktoberfest glaubten die Bayern-Fans, dass sie da irgendein besonders witziger Sprecher verschaukeln wollte. 2:5 hatte der FC Bayern gegen Bremen verloren, ausgerechnet zum Auftakt der Wiesn. Noch prägte eine joviale Beckenbauerlichkeit das Denken. Jürgen, geh auf die Wiesn und trink ein paar Maß, und dann wird das bald alles schon wieder - so riet der Bayern-Präsident seinem Trainer.Das 2:5 war Klinsmanns erste Niederlage als Bundesliga-Trainer. Und dann gleich so eine bittere. Nicht nur wegen des Ergebnisses, sondern auch wegen der Art und Weise, wie das Resultat zustande kam. Wie fast jede Bremer Chance mit einem Tor endete. Wie Özil mit einem wuchtigen Linksschuss in den Winkel seine Leistung krönte. Wie es nach 67 Minuten 5:0 für die Gäste stand und es nach einer der höchsten Bayern-Pleiten aller Zeiten aussah.Was damals noch wie ein Ausrutscher aussah, sollte sich als die erste von vielen Krisen entpuppen. Als die erste von vielen deftigen Pleiten (Leverkusen, Wolfsburg, Barcelona), die für den FC Bayern so untypisch sind. Auf die Wiesn gehen und ein paar Maß trinken, das reichte in diesem Jahr nicht, um Niederlagen zu verdauen.aum/Foto: Getty

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Ein Bielefelder auf Platz einsSchalkes Angreifer Vicente Sanchez schoss, lief noch ein paar Meter weiter und runzelte die Stirn. Darauf war die vage Andeutung eines Fragezeichens zu erkennen, sein Blick sagte: "Wer ist dieser Mann?"Sein Schuss war an Dennis Eilhoff hängengeblieben, wie so viele andere im Spiel des FC Schalke gegen Bielefeld. Viele weitere Schalker, Stuttgarter und Dortmunder Spieler teilten diese Erfahrung mit Sanchez. Sie alle trugen die Frage in ihren Augen, die sich auf den Bielefelder Torwart bezog, der ihnen eine Großchance nach der anderen zunichtemachte. Alle drei Klubs kamen gegen Bielefeld nicht über ein 0:0 hinaus, und das lag in erster Linie an Dennis Eilhoff.In der Statistik des Fachmagazins Kicker war Bielefelds Torwart phasenweise der beste der Liga, noch vor den Nationaltorhütern Adler, Enke und Wiese. Für einen, der vor gar nicht langer Zeit noch Reservetorhüter der TuS Koblenz war, war das ein kometenhafter Aufstieg. Eilhoff bekam bei Arminia einen neuen Vertrag und wird in Hannover als Nachfolger von Robert Enke gehandelt, falls dieser den Verein verlassen sollte.Für Eilhoff, der das Torwartspiel als Kind auf einer Friedhofswiese erlernte und sich schon als Jugendlicher der Arminia anschloss, hätte die Saison kaum besser verlaufen können. Auch wenn er nur in Bielefeld die Bälle hielt.mikö/Foto: AP

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Oberleutnant im MittelkreisAls die Spieler des VfL Wolfsburg dann doch mal wieder ein Spiel verloren, ahnten die Stadionbesucher, warum die Spieler des VfL Wolfsburg alles dafür gaben, dies nicht mehr zu erleben. In Cottbus war es so und auch in Stuttgart. An den Rändern des Stadioninnenraums sprinteten die Fotografen den Siegern hinterher, das Publikum klatschte und winkte und jubelte ihren Siegern zu - und in der Mitte des Spielfelds lagen die Wolfsburger Verlierer um den Mittelkreis herum und machten Liegestütze.Es ist nicht bekannt, ob diese Demütigung die Idee Felix Magaths ist, oder die seines Ko-Trainers Bernd Hollerbach (einst als linker Verteidiger mit dem Beinamen "Holleraxt" belegt)? Für einen Wolfsburger da unten schien die Aufführung jedenfalls ein Spaß zu sein: Werner Leuthard. Der gefürchtete Konditionstrainer aus Passau nutzte die Bühne, um die Stars einmal öffentlich nach seiner Pfeife tanzen zu lassen. Das Zucken seiner enormen Brustmuskeln war bis unter das Stadiondach zu sehen, er klatschte wie ein Bär in die Hände und beaufsichtigte mitten im Getöse Tausender die Ausführung der Übungen. Keine schlechte Karriere für einen ehemaligen Oberleutnant der Bundeswehr.hum/Foto: dpa

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Die ausrastenden Bremen-StarsEs hätte ein versöhnlicher Abschluss einer durchwachsenen Hinrunde werden können: Ein Sieg beim Tabellenletzten Karlsruher SC und Werder Bremen hätte den Rückstand zu Platz drei auf vier Punkte verkürzt. Doch es kam anders: Bremen unterlag mit 0:1 - und verlor auch noch seine beiden Stars Claudio Pizarro und Diego. Der Peruaner watschte seinen Gegenspieler Martin Stoll, der Brasilianer würgte Christian Eichner.Die Folge: Vier Spiele Sperre für Diego, drei für Pizarro. Die erhoffte Aufholjagd nach der Winterpause erübrigte sich, weil Bremen ohne die beiden gegen Bielefeld, Schalke und Cottbus verlor und der Rückstand auf den dritten Platz innerhalb von vier Spieltagen von sieben auf 13 Punkte angewachsen war. Vielleicht steckte aber auch ein großer Plan hinter den Ausrastern - der wird aber nur erkennbar, wenn Werder mindestens einen Pokal holt.jüsc/Foto: Getty

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Die Gomez-GalaDas letzte Tor hätte er eigentlich gar nicht mehr schießen dürfen. Mario Gomez hatte um einen Wechsel gebeten, die Wade zwickte. Aber weil das nicht schnell genug ging mit den Vorbereitungen auf der Ersatzbank, "bin ich noch mal vorne rein". Und weil der Ball in seine Richtung flog, köpfte er das 4:1. Sein viertes Tor. Gegen Wolfsburg. Den Tabellenführer.Die Stuttgarter Zuschauer reagierten an diesem Mai-Samstag in ungewohnter Ekstase auf die Gala des 23-Jährigen aus dem Umkreis Stuttgarts. Das Stadion litt merklich unter den enormen Schallwellen, die 53.000 Zuschauer bald darauf bei Gomez' Auswechslung hinausbrüllten. Und in diesem Moment, nach den Saisontoren 20 bis 23, erinnerte sich manch einer vielleicht an einen Abend Ende März in Leipzig.Damals geriet die Beziehung zwischen Mario Gomez und den deutschen Fußballfans fast aus den Fugen. Gomez, der beim VfB selbst mit Wadenkrampf trifft, wollte in der DFB-Elf einfach kein Tor gelingen. Gegen Liechtenstein! Die Zuschauer pfiffen, sie schütteten Häme über ihn aus. Gomez sagte damals: "Die Pfiffe tun natürlich weh" - "Ich weiß nicht, ob ich irgendwas verbrochen habe" - "Ich mache das ja nicht mit Absicht."Spätestens seit den vier Toren gegen Wolfsburg wissen auch die Fußballfans in Leipzig: Einen Mario Gomez sollte man nicht auspfeifen.hum/Foto: Getty

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Die Bayern in der Bremer Mixed ZoneSie standen nur jeweils drei Meter auseinander, die Mitarbeiter des FC Bayern. Mit dem Flugzeug waren sie nach Bremen gekommen, genug gemeinsame Zeit also, um eine einheitliche Kommunikationsstrategie zu vereinbaren. Das Thema war nicht das 0:0 bei Werder Bremen, sondern die Mannschaftssitzung ohne Trainer, die da während der Woche abgehalten worden sein soll.Da erklärt ein erstaunlich gutgelaunter Mark van Bommel, dass es nie eine Sitzung gegeben habe. Ein paar Meter weiter steht Hamit Altintop und sagt, dass es doch nicht so schlimm sei, wenn die Spieler einmal untereinander sprechen würden. Und Uli Hoeneß blafft in die Mikrofone, dass er gegen jene, die über eine Mannschaftssitzung geschrieben haben, "härter als bisher vorgehen" wolle. Und noch ein paar Meter weiter grinst Jürgen Klinsmann und freut sich über mündige Spieler, die sich auch mal aussprechen. Eine koordinierte externe Kommunikation sieht anders aus - und spätestens von diesem Zeitpunkt an war klar, was los war bei diesem FC Bayern, nämlich Chaos.jüsc/Foto: dpa

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Herthas SystemabsturzDer laufstärkste Spieler von Hertha BSC beim Spiel in Stuttgart war: Lucien Favre. Er hüpfte in der Coaching Zone herum, immer an der Grenze zum Abseits, und versuchte, jeden Spielzug in Offensive und Defensive anzuzeigen. Es hätte nicht verwundert, hätte er irgendwann einen Joystick aus der Hosentasche gezogen und seine Spieler so über den Platz bewegt.Die Berliner waren vor diesem Spieltag Tabellenführer und in ernsthafter Gefahr, Deutscher Meister zu werden.Seit Jahren diskutieren Experten, wie groß der Einfluss eines Trainers tatsächlich ist - und in dieser Saison und bei diesem Spiel wurde deutlich: Abseits des Spielfeldes könnte die Wirkung eines Übungsleiters kaum größer sein, Lucien Favre hat aus diesem mittelmäßigen Kader eine Mannschaft gebastelt, die tatsächlich um den Titel spielen konnte. Während eines Spiels sind die Akteure dann doch Individualisten, sie machen manchmal immer noch, was sie wollen und nicht, was der Trainer will - und sie unterliegen in Stuttgart mit 0:2.jüsc/Foto: rtr

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Klinsmanns letztes SpielJürgen Klinsmann ist der unerschütterlichste Optimist des Fußball-Business. Auch nach dem 0:1 gegen Schalke mochte er den Titel nicht aufgeben, und erklärte, die Arbeit mache ihm unheimlich viel Spaß. Und als er einen Tag danach sah, wie der VfL Wolfsburg bei Energie Cottbus Punkte ließ, da keimte in ihm die Hoffnung, er könne in dieser Saison die Münchner doch noch zum 22. Meistertitel führen.Was ihn in diesem Glauben so bestärkte, war sein Geheimnis. Die Mannschaft zeigte erstaunlich wenig Gegenwehr. Nur mit viel Mühe gelang es Mark van Bommel, drei Mitspieler davon zu überzeugen, ihn in die Fankurve zu begleiten, die anderen entschwanden ebenso wortlos in der Kabine wie Klinsmann. Philipp Lahm erklärte, nun könne es nicht mehr um die Meisterschaft gehen, sondern nur noch um den zweiten Platz. Und Beckenbauer war nun gar nicht mehr jovial, sondern höchst grantig: "Fußball hat auch etwas mit Hirn zu tun", schimpfte er.Und so war am Morgen des 27. April aller verbliebener Optimismus dahin. Zwei Tage nach dem Spiel gegen Schalke beendete der FC Bayern das Experiment Klinsmann und ersetzte den Trainer-Novizen durch den Haudegen Jupp Heynckes. Der Optimist Klinsmann aber blieb: "Wir haben den Grundstein gelegt für die Zukunft", erklärte er zum Abschied auf der Bayern-Website.aum/Foto: dpa

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Der letzte Rauswurf der SaisonWenn man den Bildern der Boulevardpresse glauben darf, saß Michael Frontzeck, der Trainer, im entscheidenden Moment auf einem Gartenstuhl. Vor ihm stand Detlev Dammeier, der Manager, mit den Händen in den Hosentaschen. Und guckte drein wie ein Bub, der seinem besten Freund erklären muss, warum er ihn nicht in die Mannschaft gewählt hat.Dammeier hat Michael Frontzeck in diesem Moment mitgeteilt, dass er nicht länger die Geschicke des abstiegsbedrohten DSC Arminia Bielefeld leiten darf. Es war die fünfte vorzeitige Trainerentlassung der Saison, und weil nur noch ein Spieltag verbleibt, wird es wohl die letzte gewesen sein.Der Trainerjob in der Bundesliga sei sicherer geworden, hatte es während der Saison immer wieder geheißen. Das wurde als Trend verkauft, genau wie: Hoffenheim ist die neue Macht. Und Jürgen Klinsmann der Heilsbringer des deutschen Fußballs. Die Realität sieht bekanntlich anders aus. Und wie zum Beweis dafür, dass die alten Regeln nach wie vor gelten, wird Bielefeld Jörg Berger als Nachfolger präsentieren - einen Trainer der alten Schule, der den einzigen Trend verinnerlicht hat, der seit jeher Gültigkeit besitzt: Nur wer Erfolg hat, dessen Job ist wirklich sicher.mikö/Foto: AP

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