Fußball-Bundesliga:Favre statt Effenberg

Lucien Favre wird neuer Cheftrainer bei Borussia Mönchengladbach. Der Verein hat damit schnell einen Nachfolger für Michael Frontzeck gefunden - und soll auch mit Stefan Effenberg verhandelt haben.

Der Schweizer Fußball-Lehrer Lucien Favre ist neuer Chefcoach des Bundesliga-Tabellenletzten Borussia Mönchengladbach. Das erklärte der fünfmalige deutsche Meister am Montag. Der Nachfolger des am Sonntag von seinen Aufgaben entbundenen Michael Frontzeck wird am Dienstag erstmals das Training leiten. Offenbar hatte der Verein auch mit Stefan Effenberg verhandelt, der nach der Niederlage am Samstag unverblümt die Entlassung von Michael Frontzeck gefordert hatte.

Mönchengladbach ist die zweite Bundesliga-Station für Favre. Nach seinen Erfolgen mit dem FC Zürich, mit dem er zweimal Schweizer Meister (2006/2007) und einmal Pokalsieger (2005) wurde, war Favre nach Berlin gewechselt. In der Saison 2008/2009 führte er die Hertha nach zwischenzeitlicher Tabellenführung auf einen beachtlichen vierten Rang. Nur eine Saison später musste er jedoch nach schwachem Start mit sechs Niederlagen in Serie im September 2009 seinen Hut nehmen. Seitdem hatte der Schweizer kein neues Amt übernommen.

Am Sonntag hatte sich Borussia Mönchengladbach von Trainer Michael Frontzeck getrennt. "Nach den beiden Niederlagen gegen unsere beiden direkten Konkurrenten Stuttgart und St. Pauli mussten wir unsere Situation neu überdenken. Das war für uns eine sehr schwierige Entscheidung", wird Sportdirektor Max Eberl auf der Homepage des Vereins zitiert.

"Wir hätten uns alle sehr gewünscht, die gesteckten Ziele gemeinsam mit Michael Frontzeck zu erreichen. Nach den jüngsten Ergebnissen haben wir uns aber entschieden, den Trainer zu wechseln", so Vizepräsident Rainer Bonhof.

Frontzeck ist in dieser Saison der sechste Bundesliga-Trainer, der vorzeitig seinen Platz räumt oder räumen musste. Erst am vergangenen Montag hatte sich der VfL Wolfsburg vom früheren englischen Nationalcoach Steve McClaren getrennt. Zuvor hatten Ralf Rangnick (Hoffenheim), Zvonimir Soldo (Köln) und die beiden Stuttgarter Trainer Christian Gross und Jens Keller ihre Posten verlassen.

Einen Tag nach dem 1:3 beim FC St. Pauli hatte es beim Tabellenletzten in Mönchengladbach eine Krisensitzung gegeben. Nach dem Gespräch mit Sportdirektor Max Eberl, Vizepräsident Rainer Bonhof und Geschäftsführer Stephan Schippers hatte Frontzeck erklärt: "Natürlich mache ich weiter. Ich bin noch Trainer. Ich habe gesagt, dass ich meinen Vertrag erfülle." Der Vorstand hatte weitere Beratungsgespräche angekündigt.

In 22 Spielen konnten die Gladbacher mit Frontzeck nur 16 Punkte holen und müssen deshalb um den Klassenerhalt fürchten. Der entlassene Coach zeigte Verständnis für die Entscheidung seiner Bosse. "Natürlich ist die Enttäuschung groß. Aber ich kann auch verstehen, dass der Verein die letzte Option ziehen will", sagte Frontzeck der Bild-Zeitung. Nach der achten Niederlage in den vergangenen zehn Spielen war die Unterstützung für den 46-Jährigen gebröckelt.

Klub-Ikone Stefan Effenberg forderte den Rauswurf des Trainers. "Irgendwann muss irgendetwas passieren. Jetzt muss man ein Zeichen setzen", sagte Effenberg als Experte des Pay-TV-Senders Sky. Eberl hatte sich am Samstag zunächst weiter hinter seinen Trainer gestellt: "Insgesamt präsentieren wir uns in der Rückrunde nicht schlecht. Hätten wir in der Winterpause einen neuen Trainer geholt, wären wir dafür gelobt worden. Aber Frontzeck hat weiterhin unsere Rückendeckung."

Doppelpack von Podolski und Novakovic

Der 1. FC Köln feiert seine Fußball-Festtage, der FSV Mainz 05 nimmt sich seine Krise. Die schwache Leistung der einstigen "Tabellenstürmer" vom Bruchweg beim 2:4 (1:2) in Müngersdorf verschlug Harald Strutz fast die Sprache. "Ich möchte das gar nicht kommentieren. Wir haben hier vier Geburtstagsgeschenke abgegeben", sagte der FSV-Präsident nach der dritten Pleite im fünften Rückrundenspiel. Kein Zweifel: 2011 ist noch nicht das Jahr des Teams von Thomas Tuchel, das in der Hinrunde die Bundesliga so sehr begeisterte.

Das taten am Sonntag die Kölner, die vor 44.000 Zuschauern am 63. Gründungstag des FC "in einen kleinen Spielrausch" fanden, wie Trainer Frank Schaefer nach dem doppelten "Doppelpack" von Lukas Podolski (3./55. Minute) und Milivoje Novakovic (43./60.) erleichtert festhielt. Der FC bekommt Luft im Abstiegskampf, die Mannschaft "lebt". Der überragende Nationalstürmer Podolski, von den Fans bei seiner Auswechslung in der 84. Minute gefeiert, hielt acht Tage nach dem 3:2 über Bayern München das fest, was als Zwischenbilanz in der Tabelle abzulesen ist: "Wir haben uns als Mannschaft weiterentwickelt. Man sieht die Handschrift des Trainers."

Doch dieser Trainer warnt, obwohl es sich mit 25 Punkten leichter leben lässt. "Lasst uns auf dem Teppich bleiben", sagte Schaefer, der als Nachfolger von Zvonimir Soldo eine hohe Akzeptanz genießt und sich zusammen mit seinem Assistenten Dirk Lottner immer mehr als Dauerlösung des FC empfiehlt. "Es ist und bleibt schwer genug", sagte der 47-jährige Schaefer über den weiteren Saisonverlauf, bei dem die Tuchel-Boys mittlerweile ihre Probleme entwickeln. "Es gibt Tage der Sprachlosigkeit. Heute habe ich einen", sagte FSV-Chef Strutz nach teilweise haarsträubenden Fehlern bei Standardsituationen des FC.

"Wir verfallen nicht in Depressionen", suchte Strutz Trost und bekam Beistand von Chefcoach Tuchel, der ganz gelassen eines festhielt: "Die Welt geht nicht unter." Immerhin gab der FSV noch Lebenszeichen von sich. Das 1:1 durch Sami Allagui (31.) und das 2:4 durch den eingewechselten Petar Sliskovic (89.) verhinderten zwar nicht die Niederlage, ließen Tuchel aber erkennen, dass seine Elf vom Grundsatz her nicht dazu neigt, klein beizugeben.

Für den Doppel-Torschützen Podolski, der jetzt wie Novakovic schon auf neun Saisontreffer kommt, war das 4:2 "einfach Wahnsinn. Da sieht man, wozu wir in der Lage sind. So macht Fußball Spaß." Tatsächlich erinnert aktuell nicht mehr viel an das zögerlich-zaudernde Team, das die FC-Fans in der Hinserie verzweifeln ließ, weil das Geschehen auf dem Rasen zeitweise extrem schlecht präsentiert wurde.

Der vierte Heimsieg nacheinander versetzte die Kölner Anhänger sogar in Entzücken, sie feierten schon jetzt Karneval. "Diese Stimmung will ich nicht weiter aufputschen", sagte Schaefer, der es seiner Mannschaft trotz des momentanen Hochgefühls nicht gönnen will, sich auf irgendetwas auszuruhen. "Uns ist nicht damit geholfen, zurückzublicken", sagte der 47-Jährige.

Per Mertesacker hat mit seinem Ausgleichstor gegen Ex-Club Hannover 96 das Schlimmste verhindert und das 400-Spiele-Jubiläum von Bremens Trainer-Urgestein Thomas Schaaf einigermaßen erträglich gestaltet. Dagegen hat Hannover 96 durch das 1:1 (0:1) im Weser-Stadion die Münchner Bayern nicht von Tabellen-Platz drei verdrängen können.

Mit seinem elften Saison-Treffer versetzte Didier Ya Konan (26.) im zweiten Sonntagsspiel der Fußball-Bundesliga die Hanseaten zunächst in eine Art Schockzustand. Doch nach der Pause waren die eigentlich gut aufspielenden Bremer dann auch erfolgreich. Per Kopfball sorgte Mertesacker (50.) für einen wichtigen Punkt im Abstiegskampf und verhinderte den Sturz auf den Relegationsplatz.

Mertesacker rettet Werder

Wiese-Ersatz Sebastian Mielitz verhinderte mit zwei Glanzparaden in der Schlussphase vor 39.500 Zuschauern die durchaus mögliche Werder-Niederlage. So schlecht standen die Bremer im deutschen Fußball-Oberhaus nach 22 Spielen letztmals in der Saison 1979/80 da - es war die bislang einzige Abstiegssaison für das Team von der Weser. Hannover dagegen hat erstmals zu diesem Zeitpunkt in der Bundesliga-Geschichte 38 Zähler auf dem Punkte-Konto.

Die Mannschaft von Trainer Mirko Slomka hat ihr Saisonziel damit schon bald erreicht und kann sich neue Zeile setzen. Mit aller Macht stemmten sich die Bremer gegen die 500. Bundesliga-Niederlage. Vor dem großen Nordderby gegen den Hamburger SV waren die Werder-Profis am Ende im Glück.

Bei Schaafs rundem Dienstjubiläum machten die mit vier Offensivspielern angetretenen Hausherren von Beginn an Druck. Marko Marin hätte schon nach drei Minuten die Führung erzielen können, doch der junge Hannover-Keeper Zieler rettete zur Ecke. Als Sebastian Prödl nach 20 Minuten einen Eckball von Kapitän Frings aus fünf Metern aufs Tor köpfte, rettete Schmiedebach auf der Linie. Der fünfte Ballkontakt von Ya Konan sorgte für die Gäste-Führung. Schlaudraff hatte quer in den Strafraum gespielt. Der mit schicker Strumpfhose spielende Stürmer von der Elfenbeinküste ließ Silvestre und Mertesacker alt aussehen. Mielitz war gegen den Neun-Meter-Schuss chancenlos.

Trotz der eisigen Temperaturen zog Trainer Schaaf seine Jacke aus und warf sie zornig auf den Boden. Kein Wunder, denn der Gegner hatte sich kaum Chancen erspielt, doch trotzdem ein Tor erzielt. Dabei hätten die Bremer eigentlich gewarnt sein müssen, denn dank dieser Effektivität hat sich Hannover in der Bundesliga nach oben gespielt. "Wir müssen es weiter versuchen, den Druck weiter erhöhen müssen. Wir müssen das Spiel umbiegen", sagte Clubchef Klaus Allofs in der Pause.

Kurz nach dem Wechsel war dann Mertesacker zur Stelle, sprang höher als Haggui. Der Nationalspieler köpfte das Leder aus sieben Metern ins Eck. Auch nach dem Ausgleich war Werder die bessere Mannschaft. Doch es fehlten zündende Ideen und Tore. Die hätten beinahe die Gäste erzielt. Stindl (80.) fand im Bremer Ersatzkeeper genauso seinen Meister wie drei Minuten später Schlaudraff.

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