Bundesliga:So morsch ist Gladbach

Bundesliga: Erhielt zum Abschied Applaus seiner Spieler: Um den Trainer Adi Hütter von Eintracht Frankfurt freizukaufen, hat Gladbach vor einem Jahr 7,5 Millionen Euro überwiesen.

Erhielt zum Abschied Applaus seiner Spieler: Um den Trainer Adi Hütter von Eintracht Frankfurt freizukaufen, hat Gladbach vor einem Jahr 7,5 Millionen Euro überwiesen.

(Foto: Federico Gambarini/dpa)

Max Eberl und Adi Hütter haben die Erneuerung des Kaders versäumt - nun geht nach dem Manager auch der Trainer. Zurück bleibt ein Klub, bei dem sich einiges ändern muss.

Von Ulrich Hartmann

Als der Trainer Adi Hütter den Fußballern von Borussia Mönchengladbach kurz nach dem letzten Saisonspiel in der Kabine mitteilte, dass er nach nur einer Saison wieder abtritt, sind sie aufgestanden und haben Beifall geklatscht. Das kann man so oder so auslegen. Hütter interpretierte es für sich als "emotionalen Moment, den ich gerne mitnehme".

Für "Standing Ovations", wie Hütter die Reaktion der Mannschaft nannte, hatte es im Laufe der Saison wenig Anlass gegeben. Gladbach beendet die schlechteste Runde seit elf Jahren und sieht ausgangs der Spielzeit anders aus als zu Beginn - wie ein verprügelter Boxer.

Dass Gladbach vor einem Jahr für Hütter 7,5 Millionen Euro an Eintracht Frankfurt bezahlt hat und das Geld nun futsch ist, macht jetzt auch nichts mehr. Der Klub hat binnen zwölf Monaten mehr verloren als Geld: den Anschluss an die Topteams, Sympathien bei den eigenen Fans - und in der Branche ein gewisses Standing, was ersichtlich geworden ist, als der Borussia im Februar zwei angefragte (nicht genannte) Sportdirektoren abgesagt haben, nachdem der Manager Max Eberl zurückgetreten war. Dass in Mönchengladbach kurzfristig eine Perspektive fehlt, dürfte den Eberl-Rücktritt ebenso beeinflusst haben wie den Hütter-Abschied.

Als der Boxer Gladbach vor einem Jahr noch nicht verprügelt war, sondern makellos von hehren Zielen träumte, waren sich der Manager Eberl und der neue Trainer Hütter über notwendige Veränderungen im Kader einig gewesen. Der Innenverteidiger Matthias Ginter hat kürzlich ausgeplaudert, dass man ihm damals bedeutet habe, ihn verkaufen zu wollen. Das habe ihn enttäuscht. Sein Verhältnis zum Trainer Hütter schien von Beginn an gestört zu sein.

An der schlechten Bilanz können auch Sternstunden wie der 5:0-Pokalsieg gegen den FC Bayern nichts ändern

Am Samstag, im letzten Saisonspiel gegen Hoffenheim (5:1), wurde Ginter in seiner Abschiedspartie nach fünf Jahren Gladbach auf die Bank verbannt. Das war eine Ohrfeige. Als er zehn Minuten vor Schluss eingewechselt wurde, setzte man ihn demütigenden Pfiffen der Fans aus. Allein der Umgang mit ihm lässt erahnen, wie wenig harmonisch es im Kader zugegangen sein muss.

Bundesliga: Zehn Minuten vor Schluss eingewechselt, von den Fans ausgepfiffen: Allein der Umgang mit Matthias Ginter (Mitte) lässt erahnen, wie wenig harmonisch es im Kader zugegangen sein muss.

Zehn Minuten vor Schluss eingewechselt, von den Fans ausgepfiffen: Allein der Umgang mit Matthias Ginter (Mitte) lässt erahnen, wie wenig harmonisch es im Kader zugegangen sein muss.

(Foto: Lukas Schulze/Getty Images)

"Es war vom ersten Tag an nicht einfach", sagt Hütter im Rückblick: "In den Gesprächen damals mit Max Eberl ist es auch darum gegangen, dass der Kader verändert wird und dass frisches Blut hineinkommt; viele Dinge haben aber nicht funktioniert, viele Dinge sind nicht aufgegangen."

Der Kader, in der nun vorvergangenen Saison unter dem Trainer Marco Rose nahezu kollektiv entgeistert, blieb entgegen der Planung beisammen und schaffte es unter Hütter nicht, neuen Elan zu entwickeln. Daran konnten Sternstunden wie beim 5:0-Pokalsieg gegen Bayern München und beim 2:1-Erfolg zum Rückrundenauftakt in München nichts ändern. Zwei 0:6-Niederlagen gegen Freiburg und in Dortmund haben entlarvt, wie morsch Gladbach geworden ist. "Die herben Niederlagen haben mir wehgetan, das konnte eigentlich nicht sein mit dieser Mannschaft", rekapituliert Hütter. "Nach der Niederlage in Stuttgart", sagt er über das Abrutschten an den tabellarischen Abgrund am 25. Spieltag, "war die Situation sehr unangenehm".

Knackpunkt der missratenen Saison war Eberls Rücktritt Ende Januar

Er entschuldigte sich am Samstag bei den Fans: "Es tut mir leid, dass wir die Erwartungen nicht erfüllen konnten." In Richtung Verein sagte er: "Ich möchte niemandem im Wege stehen." Die Trennung ist gewiss nicht harmonisch, aber trotzdem einvernehmlich.

Knackpunkt der missratenen Saison war Eberls Rücktritt Ende Januar. Der Manager war der Kitt im Klub, war Hütters Fürsprecher, war auch wichtig für die Spieler. "Die Situation mit Max Eberl hat mich getroffen, keine Frage", sagt Hütter. Plötzlich hatte er im Klub kaum noch einen Verbündeten. Sein letzter Satz an die Vereinsverantwortlichen lautete vielsagend: "Ich bedanke mich für einen respektvollen Umgang; für Roland Virkus war es auch nicht einfach." Das klang wie eine höfliche Umschreibung für ein irreparables Verhältnis zum Eberl-Nachfolger.

Gladbach wird sich nach der jüngsten Metamorphose weiter verändern. Der neue Trainer - im Gespräch sind ein rückkehrender Lucien Favre oder auch Daniel Farke - muss eine neue Mannschaft zusammensetzen. Relevante Spieler wie Yann Sommer, Jonas Hofmann, Alassane Pléa, Marcus Thuram und Ramy Bensebaini drohen fortzugehen. Mittel für etablierte Profis sind nur bedingt vorhanden. Gladbach steht eine komplette Erneuerung bevor. Favre hat vor elf Jahren schon mal gezeigt, dass er das kann.

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