Süddeutsche Zeitung

BVB siegt gegen Mainz:Verängstigte Gewinner

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Von Ulrich Hartmann, Dortmund

Eine "Trotzreaktion" hatte Michael Zorc sehen wollen nach dem 0:5-Debakel in München. Diese Trotzreaktion bekam der Sportdirektor von Borussia Dortmund am Samstagabend auch, aber sie dauerte nur eine Halbzeit. Nach der Pause versandete der Trotz in Phlegma, in einer immer schwächeren Leistung, mit der sich der nervlich angeschlagene BVB für Meistertipps schon wieder nicht empfahl. Er besiegte den FSV Mainz 05 durch zwei Tore von Jadon Sancho zwar mit 2:1 (2:0), spielte gegen Ende aber immer desolater, gewann nur äußerst glücklich und schaffte damit aufs Neue keine Kampfansage an den Konkurrenten FC Bayern. Nach dem Abpfiff rissen die Dortmunder nicht mal die Arme hoch, sie wirkten mit ihren Nerven am Ende. "Wir haben mit Hängen und Würgen gewonnen", klagte der Kapitän Marco Reus. Die Tabellenführung können die Dortmunder schon am Sonntag wieder an die Münchner verlieren, sollten diese bei Fortuna Düsseldorf gewinnen.

"Unerklärlich", fand Reus, warum man in der zweiten Halbzeit "einfach schlecht" gespielt habe, räumte aber ein, dass der spannende Titelkampf am Ende auch "eine Frage des Kopfes" sein könne und man habe in Dortmund ja nun mal viele junge Spieler. Der Trainer Lucien Favre machte die Probleme in der zweiten Halbzeit an einer taktischen Umstellung der Mainzer fest und bilanzierte trocken: "Hauptsache gewonnen!"

Favre hatte in der Startelf exakt jene drei Personalwechsel vorgenommen, mit denen er seine missratene Aufstellung in München wiedergutmachen wollte: Es spielte vorne Mario Götze für Mahmoud Dahoud, hinten rechts Marius Wolf für Lukasz Piszczek und in der Innenverteidigung Julian Weigl für Dan-Axel Zagadou. Götze spielte den zentralen Stürmer, weil Paco Alcácer nach Kurierung einer Ellbogenverletzung nur auf der Bank saß.

Die Wechsel bringen zunächst die gewünschte Reaktion

Bereits in der 17. Minute rentierten sich die drei Personalwechsel binnen eines einzigen Spielzugs: Weigl spielte unter Druck zurück auf den Torwart Roman Bürkei, der rechts hinaus zu Wolf passte, der wiederum longline Götze erreichte, und dieser flankte in die Mitte auf den von links außen eingerückten Jadon Sancho, der mit seinem neunten Bundesliga-Saisontor die 1:0-Führung erzielte. Nur sieben Minuten später ließ der 19-jährige Brite seine Nummer zehn folgen. Thomas Delaney hatte hereingepasst und der Mainzer Moussa Niakhaté hatte abgefälscht. Das war Sanchos zweiter Bundesliga-Doppelpack, zu seinem ersten Ende Oktober in Berlin hatte er noch 34 Spielminuten gebraucht. Das war bis hierher genau das, was man eine Trotzreaktion nennen durfte.

Kurz vor der Pause hätten die Mainzer nach einem Ballverlust von Weigl beinahe schon den Anschlusstreffer erzielt, aber nach einer artistischen Drehung von Karim Onisiwo samt Hackentrick rollte der Ball nur an den Außenpfosten. Dies war in der ersten Halbzeit die einzige Mainzer Chance. Das könnte auch ein Grund dafür gewesen sein, warum die Dortmunder in der zweiten Halbzeit nicht mehr mit dem letzten Willen zu spielen schienen. Sie ermöglichten den Mainzern immer mehr Optionen. Eine aussichtsreiche Chance von Onisiwo knallte in der 63. Minute gegen den Innenpfosten. In der 83. Minute verkürzte der eingewechselte Robin Quaison auf 1:2 und in der 86. Minute hätte der eingewechselte Anthony Ujah den Ausgleich zwingend machen müssen - doch drei unmittelbar aufeinanderfolgende, slapstickartige Versuche endeten beim BVB-Torwart Bürki. "Über unser Spiel in der zweiten Halbzeit bin ich überhaupt nicht glücklich" klagte Bürki hinterher. Er vermutete "nach dem Gegentor Angst" bei seinen Vorderleuten. "Man hat bei den Spielern gespürt, dass sie unbedingt gewinnen sollten", sagte auch Favre.

"In der ersten Halbzeit waren wir zu passiv, in der zweiten haben wir nach der Umstellung auf eine Mittelfeldraute herausragend gespielt", fand der Mainzer Trainer Sandro Schwarz, "deshalb ist es absolut ärgerlich, dass wir verloren haben."

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