Bundesliga:Mats Hummels, der 51-Prozent-Transfer

Borussia Dortmund v VfL Wolfsburg - Bundesliga

"Ich habe das nicht nötig, mich irgendwo anzubieten": Mats Hummels, 27.

(Foto: Bongarts/Getty Images)

Warum der BVB nach einem turbulenten Wochenende wieder auf einen Verbleib von Mats Hummels spekuliert.

Von Freddie Röckenhaus, Dortmund

Es war ein beklemmendes Szenario, wie man es so noch nicht erlebt hat in der Bundesliga. Borussia Dortmunds Spieler standen verschwitzt vor der Südtribüne, um sich ihren Applaus abzuholen, sie hatten gerade den VfL Wolfsburg mit 5:1 zerlegt - aber im Zentrum der Fan-Masse flogen wütend die Fäuste gegen Dortmunds Kapitän. Mats Hummels hat die Beleidigungen tapfer weggesteckt, er hat dem Rest der Tribüne zugeklatscht. Das hatte Stil. Über seinen möglichen Wechsel zum FC Bayern heißt es in Dortmund übrigens, er sei inzwischen keine beschlossene Sache mehr. Und diese Aussage scheint mehr als reine Taktik zu sein.

Schuld daran ist weniger der pöbelnde Block auf der Südtribüne. Mats Hummels war später im Gespräch mit den Journalisten bemüht, die Zahl der Wut-Fans kleinzureden. Es seien "vielleicht 300 gewesen", die anderen 80 000 hätten ihm zum Teil sogar applaudiert. Dass etliche mehr ihn während des Spiels bei fast jedem Ballkontakt ausgepfiffen hatten, konnte Hummels lässig verschweigen. Ein Kapitän von Borussia Dortmund, der bekannt gibt, zum Rivalen nach München wechseln zu wollen, wird nichts anderes erwartet haben.

Für Dortmunds Fans goss Hoeneß Öl ins Feuer

Viel mehr als das Pfeifkonzert beim Sieg gegen Wolfsburg, bei dem Hummels sich keine Schwäche leistete, dürfte der Zwischenruf des ehemaligen Bayern-Präsidenten Uli Hoeneß die Gemütslage von Mats Hummels bewegt haben. Hoeneß hatte am Freitag über den bevorstehenden Wechsel gesagt, dass der Dortmunder selbst "angeklopft" habe bei den Bayern. Und man sei in so einem Falle schlecht beraten, so einem Spieler nicht die Tür zu öffnen.

Für Dortmunds Fans goss Hoeneß damit Öl ins Feuer. Wer den früheren Bayern-Manager kennt, der kennt auch seine Serie an Sticheleien. Im Fall Hummels aber haben der Weltmeister und andere Beteiligte mehr aus der Attacke herausgehört: dass Hummels sich eben selbst ins Spiel habe bringen lassen, wohl durch seinen Vater und Berater Hermann Hummels. Und dass die Bayern ihn dann wohl nehmen müssten, wenn so einer schon mal anfragt. "Das ist der größte Humbug, den ich gehört habe. Ich habe das nicht nötig, mich irgendwo anzubieten", antwortete Hummels am Samstagabend. Ob das auch für seinen Vater gelte, hat er nicht gesagt.

Aus München aber hört man, dass es zumindest nicht den einhelligen dringenden Wunsch gab, Hummels zu verpflichten. Bayerns Kaderplaner Michael Reschke wird der Name zugeschrieben, Reschke werden enge Kontakte zu Vater Hummels bescheinigt; die beiden kennen sich lange. Dass ein Spielerberater seinen Schützling bei einem Klub wie dem FC Bayern ins Gespräch bringt, ist nichts Ungewöhnliches; es ist, genau genommen, sein Job. Aber die persönliche Verbindung des einst beim FC Bayern angestellten Hummels senior nach München erleichtert eine direkte Ansprache natürlich enorm.

Götze-Deal ausgeschlossen

Auch Sportchef Matthias Sammer soll sich pro Hummels positioniert haben, der Rest der Münchner Verantwortlichen sei dagegen eher wohlwollend neutral gewesen. Hummels? Guter Mann, immerhin Weltmeister, und wenn so einer zu haben sei und man ohnehin gerade einen Innenverteidiger suche, warum dann nicht Hummels? Zumal, wenn man das Geld für so einen Transfer hat und wenn man - so ganz nebenbei - dem einzig hartnäckigen Verfolger in der Bundesliga damit einen wichtigen Mann entwenden kann.

Dennoch wurde Bayern-Chef Karl-Heinz Rummenigge am Samstag beim Fernsehsender Sky auffällig deutlich, als er auf das Zitat seines früheren Präsidenten angesprochen wurde. "Fakt ist, dass Uli Hoeneß vielleicht was missverstanden hat. Ich habe mit Uli darüber gesprochen, und er hat es jetzt verstanden." Hummels sei vom FC Bayern angesprochen worden, nicht umgekehrt.

Die Mitspieler sollen sich mit Hummels solidarisiert haben

Basta. Unterdessen sollen Rummenigge sowie die Dortmunder Hans-Joachim Watzke und Michael Zorc bereits über mögliche Ablöse-Modalitäten gesprochen haben. Am Samstag hatte Watzke zwar die Summe von geforderten 40 Millionen Euro nicht bestätigen wollen, am Sonntag sagte er aber der SZ: "Wir haben eine Ablösesumme genannt, die nicht verhandelbar ist. Sie ist entweder zu hundert Prozent zu zahlen, oder der Wechsel findet nicht statt." Eine Vermengung mit einer eventuellen Rückkehr von Mario Götze werde, so Watzke, auf keinen Fall stattfinden. Kann sein, dass die Bayern nun in der Zwickmühle stecken, sehr viel für einen prominenten Nationalspieler zahlen zu müssen, um sich und dem Spieler eine Demütigung zu ersparen.

Am Samstag hatte Watzke noch etwas verklausuliert gesagt: "Die Wahrscheinlichkeit, dass Mats in der kommenden Saison weiter bei uns spielt, ist größer, als manche meinen." Die Art, wie Hummels sich nach dem Spiel vor die brodelnde Südtribüne gestellt habe, zeige, dass er "noch keinesfalls fertig ist mit Borussia Dortmund". Watzke kritisierte nicht das Pfeifkonzert, aber die Beleidigungen nach dem Spiel. Auch Hummels hatte gesagt: "Die Wahrscheinlichkeit dieses Transfers liegt bei vielleicht 51 Prozent." Er sei wohl der einzige Spieler, der für einen längst nicht sicheren Wechsel ausgepfiffen werde. Dortmund scheint jedenfalls weiter um einen Verbleib von Hummels zu kämpfen.

Seine Mitspieler, so ist zu hören, sollen sich in der Kabine und auf dem Platz mit ihrem Kapitän solidarisiert haben: "Alle für Mats!", so soll der gemeinsame Schlachtruf gelautet haben. Es ist nicht mehr völlig auszuschließen, dass der Transfer-Ritt des Mats Hummels bald die nächste jähe Wende nimmt. Seine Unentschlossenheit hatte er selbst mehrfach thematisiert, und inzwischen halten es zumindest ein paar BVB-Spieler für möglich, dass ihr Kapitän sich doch noch mal anders entscheidet - und bleibt.

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