Nadiem AmiriInitiativbewerbung mit feinem Füßchen

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Was wäre Mainz ohne ihn? Nadiem Amiri bejubelt seinen Treffer zum 1:0.
Was wäre Mainz ohne ihn? Nadiem Amiri bejubelt seinen Treffer zum 1:0. (Foto: Torsten Silz/dpa)

Der Mainzer Mittelfeldspieler Nadiem Amiri glänzt beim 1:1 zwischen Mainz und Union Berlin als Freistoßschütze, wird mit Lob überhäuft – und sehnt sich nach einem Anruf von Julian Nagelsmann.

Von Frank Hellmann, Mainz

Die eine Frage konnte Nadiem Amiri schnell beantworten. Was es mit dem Schwung eines Golfspielers beim Torjubel nach seinem Freistoßtor für den FSV Mainz 05 gegen Union Berlin (1:1) auf sich hatte, war rasch geklärt. Torwarttrainer Stephan Kuhnert tippe halt jedes Mal mit einem Hinweis auf seinen Oberschenkel, erklärte Amiri: „Er sagt immer: ‚Du hast so einen Golfschläger, dann zieh auch durch und triff mal.‘“

Die perfekte Ausführung beim Tor zum 1:0 (53.) stand beispielhaft dafür, wie viel Feingefühl der Mainzer Mittelfeldspieler im Fuß mitbringt. Und weil Amiri schon die Aufholjagd seines Klubs in der Bundesligarückrunde orchestrierte hatte, stellte sich die nächste Frage, ob solch ein Mittelfeldspieler nicht eine Chance in der Nationalmannschaft verdient hätte, wo Ilkay Gündogan und Toni Kroos gerade zurückgetreten sind.

„Ehrlicherweise denke ich gar nicht daran“, sagte der 27-Jährige, doch seine nachfolgenden Sätze verrieten, dass sich da einer sehr wohl nach einem Anruf von Julian Nagelsmann sehnt, wenn am Donnerstag die erste Nominierungsrunde nach der Fußball-EM erfolgt: „Die Position ist frei geworden. Es ist von jedem Spieler ein Traum, für sein Land, für seine Nationalmannschaft zu spielen. Ich bin überzeugt, dass ich auf dem Niveau spielen kann.“ Er sei im besten Alter, fühle sich topfit und gerade richtig wohl, fügte Amiri an.

Amiri bestritt bereits fünf Länderspiele, ehe er aus dem Blickfeld verschwand

Der im Winter von Bayer Leverkusen gekommene Techniker spulte im Mittelfeld auch deshalb viele Meter ab, weil beim ersten Saisonspiel in der Liga ständig die Bälle über ihn hinwegflogen. Natürlich wünsche er sich „mehr Fußball“, aber dafür sei der Rasen „zu hoch und zu stumpf“ gewesen, erläuterte Amiri. Vielleicht kann er ja bei der DFB-Auswahl Anfang September in der Nations League gegen Ungarn und die Niederlande besser kombinieren.

„Er hat für die deutsche Nationalmannschaft gespielt. Warum also nicht noch einmal? Er ist ein unglaublicher Fußballer“, konstatierte Amiris Trainer Bo Henriksen. Der Däne sprach einen Fakt an, den vielleicht nicht mehr jeder parat hat: Unter Joachim Löw absolvierte der Sohn einer in den Achtzigern aus Afghanistan eingewanderten Familie bereits fünf Länderspiele – sein letztes im November 2020 gegen Tschechien, mitten in der Corona-Pandemie. Danach berief ihn Stefan Kuntz noch fürs olympische Turnier 2021 in Tokio, ehe Amiri aus dem Blickfeld verschwand.

Amiri, geboren in Ludwigshafen, gibt ein anschauliches Beispiel, was die Rückkehr in ein familiäres Umfeld bei einem Fußballprofi auslösen kann. Er entschied sich im Sommer nicht gleich zum Nachbarn Eintracht Frankfurt weiterzuziehen, sondern mit der Unterschrift unter einen bis 2028 laufenden Vertrag in Mainz ein Signal zu setzen. Amiri findet allerdings, dass sein Arbeitgeber nach den Weggängen seines Nebenmannes Leandro Barreiro (Benfica Lissabon) und seines Lieblingsspielpartners Brajan Gruda (Brighton & Hove Albion) noch auf dem Transfermarkt tätig werden sollte: „Wir brauchen noch zwei, drei Spieler mit Qualität.“

Gleichwohl konnte Amiri mit dem Remis genauso gut leben wie sein einstiger Trainer Bo Svensson, der diesmal nicht bei Mainz, sondern bei Gegner Union Berlin auf der Bank saß. Das Lob für den Kunstschützen („Amiri macht das unfassbar“) kam ihm deshalb leicht von den Lippen, weil sein Joker Laszlo Benes nicht minder sehenswert aus der Distanz ausgeglichen hatte (74.). „Vor dem Spiel war es echt ein bisschen komisch, alle Menschen, die ich schon lange kenne, noch mal zu sehen. Ich war froh, als das Spiel angefangen hat“, gestand Svensson, der kurzerhand die Coaching-Zone in ein Streitgebiet verwandelt hatte.

Nur weil zwei Trainer denselben Vornamen tragen und aus demselben Land kommen, führt das nicht zwingend zur Harmonie. Als der eine Bo (Henriksen) höhnisch applaudierte, nachdem der andere Bo (Svensson) vom vierten Offiziellen zurechtgewiesen worden war, eskalierte die Situation kurzzeitig. Derbe Worte auf Dänisch folgten, und bis zum Handschlag nach Abpfiff dauerte es eine Weile. Zur gemeinsamen Pressekonferenz war dann alles wieder bereinigt. Henriksen sagte: „Das ist Fußball. Das sind Emotionen. Das macht Spaß.“ Rückkehrer Svensson war einverstanden: „Wir versuchen beide, mit allen Mitteln zu gewinnen – ganz normal.“

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