Bundesliga: Mainz - BVB:Tabellenführer im Turbo-Stil

Dortmund gewinnt bei Mainz 05 mit 2:0 und spielt dabei so schnell und zielstrebig, dass selbst Thomas Tuchels flinke Truppe auf der Strecke bleibt. Die Eroberung des ersten Tabellenplatzes hat der BVB vor allem einem Jungspund zu verdanken.

Jonas Beckenkamp

Was ist die Bundesliga doch für ein großartiges Spektakel. Wo in den anderen europäischen Topligen längst die üblichen Verdächtigen die ersten drei Tabellenplätze unter sich ausmachen wie CSU-Ortsverbände die Plätze im Gemeinderat, hieß es an diesem Sonntag in deutschen TV-Wohnzimmern: Willkommen zum Spitzenspiel des 10. Spieltags zwischen Mainz 05 und Borussia Dortmund.

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Lucas Barrios und Mario Götze (re.) schossen den BVB in Mainz an die Tabellenspitze.

(Foto: AFP)

Wer dieses kaum vorstellbare Duell des Ersten (Mainz) gegen den Zweiten (Dortmund) vor dieser Saison als Gipfeltreffen zweier fußballerischer Unterhaltungsensembles prognostiziert hätte, wäre wohl ligaweit herzlichst belächelt worden - und doch fand die Partie nach intensivsten Recherchen von sueddeutsche.de tatsächlich unter den genannten Voraussetzungen statt.

Es war eine temporeiche, aufregende und hochklassige Begegnung, die am Mainzer Bruchweg schließlich mit einem verdienten Sieg der Dortmunder endete. 2:0 stand es schließlich nach Toren des herausragenden Borussia-Jungstars Mario Götze (26.) und Lucas Barrios (67.) - ein Erfolg, mit dem die Dortmunder in der Tabelle am FSV vorbeizogen und nun mit einem Punkt Vorsprung die Liga anführen.

"Ein absolutes Spitzenspiel"

Für alle Ungläubigen, die im Vorfeld noch Zweifel gehegt hatten an der Relevanz dieses Aufeinandertreffens, erläuterte BVB-Coach Jürgen Klopp noch einmal seine ganz persönliche Erwartungshaltung: "Ein absolutes Spitzenspiel. Supergeil. Den Ergebnissen nach, das muss man ganz klar sagen, haben diese beiden Mannschaften die Liga dominiert. Das ist wahnsinnig reizvoll. Für alle." Dazu sollte man wissen, dass für den ewigen Herzensmainzer Klopp nur eine Tabellen-Konstellation anstelle einer Top-Platzierung seiner Borussia erträglich ist: Die mit Mainz an der Spitze. Und wie das so unter seelenverwandten "Trainer-Zwillingen" (so das allgemeine Medienecho) ist, sprang der Mainzer Erfolgscoach Thomas Tuchel seinem Dortmunder Kollegen bei und verkündete ebenso selbstbewusst: "Beide Mannschaften haben Qualität und können sie im Moment auch auf den Platz bringen. Ich erwarte ein Bundesligaspiel auf hohem Niveau."

Damit dieses Niveau nach den Pokalpleiten beider Teams in Offenbach (BVB) und Aachen (Mainz) wieder zur Realität werden konnte, änderten die Trainer ihre Aufstellungen gemäß ihrer vielzitierten "Matchpläne": Beim BVB kehrten Sven Bender und Kevin Großkreutz zurück in die erste Elf, während Tuchel wieder dem Österreicher Christian Fuchs in der Abwehr, dafür aber nicht André Schürrle im Sturm das Vetrauen aussprach. Von Vorsicht oder gar Abwarten war dann entsprechend der adaptierten "Mir san Mia"-Offensivtaktik beider Mannschaften wenig zu sehen.

Tempo war zunächst Trumpf, wobei die Mainzer sogar noch einen Tick schneller agierten als die ebenfalls nicht gerade gemächlichen Dortmunder. Als wollten die Borussen zeigen, dass auch sie die D-Zug-Variante des Angriffsspiels beherrschen, erstürmten sie sich gleich die erste Gelegenheit: Einen blitzschnellen Konter, als Großkreutz den Ball auf den durchgestarteten Lucas Barrios weiterspielte, der jedoch allein vor dem Mainzer Tor stehend die Kugel hauchdünn vorbei spitzelte (10.). Diese Aufgabenteilung blieb bestehen: Mainz machte das Tempo, Dortmund hatte Chancen im Minutentakt - einen Rückpass von Nikolce Noveski, der fast ins eigene Tor kullerte (18.), einen strammen, aber unplatzierten Schuss von Barrios (19.) und eine technisch feine Aktion von BVB-Jungspund Mario Götze (20.), dessen Rechtsschuss der Mainzer Keeper Christian Wetklo routiniert unter sich begrub.

Kurzzeitiger Bummelmodus

Ein 0:0 schien zu diesem Zeitpunkt so wahrscheinlich wie Tristesse bei den Festivitäten zur Mainzer Fastnacht - und die Bestätigung folgte auf dem Fuß: Gleich zweimal resultierte das intensive Pressing der Klopp-Elf in Mainzer Chaospässen vor dem eigenen Strafraum und so fand sich erneut der 18-jährige Götze in zentraler Position vor dem Gehäuse des FSV. Um nicht erneut seinen Meister in Wetklo zu finden, schlug er einen eleganten Haken und schob überlegt in die linke untere Ecke ein - es stand 1:0 für den BVB (26). Mit ein wenig mehr Konsequenz im Abschluss hätte es noch vor Ende der ersten Halbzeit auch 3:0 für die schwarz-gelben Turbofußballer stehen können, doch Marcell Schmeltzers Linksschuss (34.) wehrte der viel beschäftigte Wetklo mit der Faust ab und Barrios' Nachsetzen nach einem Subotic-Kopfball endete am Mainzer Pfosten (35.).

1. FSV Mainz 05 - Borussia Dortmund

Knackpunkt Elfmeter: Kurz nach der Halbzeit scheitert Eugen Polanski mit einem Strafstoß an BVB-Keeper Weidenfeller.

(Foto: dapd)

Dass der BVB bei diesem Zwischenstand Tabellenführer war, schien in Jürgen Klopps Mannschaft besondere Kräfte freizusetzen, die sich vor allem in anhaltendem Hochgeschwindigkeitsfußball offenbarten. Einzig Mats Hummels schaltete kurzzeitig in den Bummelmodus, als er kurz nach Wiederanpfiff Adam Szalai an der linken Außenlinie in den Strafraum spazieren ließ und seinen Abwehrkollegen Subotic zu einer folgenschweren Grätsche gegen den flinken Ungarn zwang: Es gab Elfmeter. Eugen Polanski trat an, er schoss jedoch ausgerechnet nach rechts unten, wohin BVB-Keeper Roman Weidenfeller bereits abgetaucht war (47.) - Ausgleichs-Chance verpasst.

Polanski scheitert vom Punkt

Doch es sollten weitere folgen: Trainer Tuchel schien in der Halbzeit an die Überzeugung zum Offensivspiel seiner Elf appeliert zu haben, denn Mainz fügte den rasanten Angriffen jetzt endlich auch jene Zielstrebigkeit bei, mit der man im bisherigen Saisonverlauf eifrig am Mainzer Fußballmärchen gestrickt hatte. Ein Steilpass des wendigen Lewis Holtby erreichte Sami Allagui, der in dieser Szene jedoch ebenso an Weidenfeller scheiterte (50.) wie zehn Minuten später mit einem satten Versuch aus der Distanz.

Es war jedoch wie in der ersten Halbzeit: Mainz begann forsch, aber Dortmund traf: Der japanische Mittelfeldwusler Shinji Kagawa prüfte zunächst FSV-Torhüter Wetklo mit einem Geschoss aus 20 Metern (64.), ehe Mario Götze sich anschickte, endgültig zu Mann des Tages zu werden: Wieder umkurvte der kleine BVB-Regisseur mehrere Mainzer Defensivmänner, als habe er Slalomunterreicht bei Alberto Tomba genommen und steckte das Spielgerät geschickt zum lauernden Barrios durch. Der Paraguayer machte einen Schlenker um Wetklo und vollstreckte lässig zum Dortmunder 2:0 (67.), als habe in seinem ganzen Leben nichts anderes gemacht als aus spitzem Winkel Bälle ins Tor zu schießen.

Dass Tuchels Team sich dennoch nach Kräften wehrte und eine insgesamt sehr ordentliche Partie ablieferte, demonstrierten die anschließenden wütenden Angriffe der Mainzer. Allein Linksverteidiger Christian Fuchs versuchte es noch zweimal mit Fernschüssen, von denen einer an der Latte (76.) und ein weiterer in den Händen des starken Weidenfeller landete (85.). Doch dem Dortmunder Sturm an die Spitze konnten die engagierten Mainzer am Ende nichts mehr entgegensetzen.

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