VfL Wolfsburg in der Bundesliga:Die gute Stimmung verpufft

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Unzufrieden mit seiner Mannschaft: VfL-Trainer Florian Kohfeldt. (Foto: Patrick Scheiber/Jan Huebner/imago)

Das 0:3 gegen Mainz macht den positiven Start unter Trainer Florian Kohfeldt vergessen: Wolfsburg durchschreitet ein tiefes Tal - und hat nun eines der "wichtigsten Spiele der Vereinsgeschichte" vor sich.

Von Frank Hellmann, Mainz

Es ist nicht verkehrt, in trüben Tagen spontan mal für eine kollektive Erleuchtung zu sorgen. In der Schlussphase des Heimspiels gegen den VfL Wolfsburg kamen die Anhänger des FSV Mainz 05 auf die Idee, mit ihren Smartphones ein Lichterspiel zu erzeugen. Fröhlich schunkelnd mit angeknipsten Handy-Bildschirmen beging der selbst ernannte Karnevalsverein einen überraschend deutlichen 3:0 (2:0)-Erfolg, für den ein Blitzstart durch Jonathan Burkardt (2. Minute) und Anton Stach (4.) die Grundlage gelegt hatte, ehe ein Eigentor von Maxence Lacroix (90.) den finalen Jubelchor unter den maximal in Mainz erlaubten 10 000 Zuschauern auslöste.

"Mir fällt kein Spiel ein, in dem wir so früh in Führung gegangen sind. Es gibt im Fußball schlimmere Dinge", sagte der Mainzer Vorstand Christian Heidel. Tatsächlich hatte der 58-Jährige den schnellsten Doppelschlag der Vereinsgeschichte in der Bundesliga erlebt - und die schnellste 2:0-Führung dieser Saison. "Das war eine sehr, sehr starke Leistung und ein hochverdienter Sieg", ergänzte Heidel, der sich auch ein bisschen selbst auf die Schulter klopfte: "Wir haben eine gute Mannschaft mit den richtigen Typen zusammengestellt. Das passt alles."

Auftakt zur schnellsten 2:0-Führung dieser Saison: Jonathan Burkardt. (Foto: Peter Hartenfelser/Imago)

In Wolfsburg hingegen stellen sich nach der dritten Pflichtspielniederlage unter Florian Kohfeldt einige Grundsatzfragen. Der Stimmungsaufschwung nach den drei Starterfolgen des neuen Trainers ist verpufft. Von Einstellung über Raumaufteilung bis zum Zweikampfverhalten stimmte von Anfang bis Ende beim Werksklub wenig bis gar nichts. "Ich muss sagen, dass das dauerhaft nicht unser Anspruch sein kann, so ein Auswärtsspiel abzuliefern", räumte Kohfeldt ein. In dieser Verfassung scheint es fast ein Ding der Unmöglichkeit zu sein, am Mittwoch im Champions-League-Gruppenspiel gegen OSC Lille (21 Uhr) noch den Achtelfinaleinzug zu erreichen.

Die schläfrigen Wolfsburger ließen sich mit dem ersten Mainzer Angriffszug überrumpeln, als Leandro Barreiro zu Burkardt passte, der unbehelligt seinen siebten Saisontreffer erzielte. "Ich war selbst überrascht, dass ich auf einmal freistand", sagte der 21-Jährige. Die Torhymne war gerade verstummt, da traf mit dem in die Startelf gerückten Stach der nächste U21-Europameister. Der stark aufspielende Jae-sung Lee hatte bei einer einstudierten Eckballvariante zurückgelegt, die im Abschlusstraining der Nullfünfer noch dafür gesorgt hatte, "dass wir einige Bälle immer noch suchen", wie Mainz-Coach Bo Svensson witzelte.

Wolfsburg fehlt es an Leidenschaft und Geschlossenheit

VfL-Trainer Kohfeldt wandte sich bereits zu diesem frühen Zeitpunkt kopfschüttelnd ab und warf bald seine Jacke wütend in Richtung Ersatzbank: Die gesamte Trainingswoche hatte er seine Akteure darauf hingewiesen, was einen in der Mainzer Arena erwarten würde: "Offensichtlich waren wir dann doch überrascht - das überrascht wiederum mich." Auf der Pressekonferenz redete der Coach nicht groß herum: "Das war ein komplett gebrauchter Tag. Wir haben nicht viel richtig gemacht und verdient verloren."

Die Abwehr um die orientierungslosen Verteidiger Lacroix und den zur Halbzeit ausgewechselten John Anthony Brooks fand keinen Zugriff, im Mittelfeld klafften riesige Löcher und im Angriff entwickelten weder Wout Weghorst noch Nationalspieler Lukas Nmecha irgendwelche Torgefahr. Man müsse spätestens zur Winterpause darüber reden, "dass die Wellentäler nicht so dramatisch werden", klagte Kohfeldt: "Wir müssen Konstanz reinbringen." Der 39-Jährige will ferner rasch ergründen, warum die mannschaftliche Geschlossenheit fehlte, mit der sein Team bei seinem Einstand bei Bayer Leverkusen (2:0) oder gegen RB Salzburg (2:1) auftrumpfte, nun aber nicht mal mehr in Nuancen sichtbar war.

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"Wenn wir Leidenschaft und Spirit vermissen lassen, hat das nichts mit Taktik oder Positionen zu tun", schimpfte Joshua Guilavogui, der anfangs als zentrales Glied der Dreierkette, später im defensiven Mittelfeld vergeblich versuchte, die Auflösungserscheinungen zu bekämpften. "Wir machen es uns selbst kaputt, so geht es nicht weiter", sagte der Franzose, der am Sky-Mikrofon drastische Worte wählte: "Das ist Scheiße, was wir machen." Das Lille-Spiel wird für alle in der Autostadt zum Lackmustest. Kohfeldt sprach bereits "von einem der wichtigsten Spiele der Vereinsgeschichte". Er werde für diese Partie "absolut brennen - das erwarte ich auch von meinen Spielern".

Ein Zusammenhang zwischen schillernden Aufgaben in der Königsklasse und dem oftmals nicht ganz so glanzvollen Liga-Alltag stellt der Fußballlehrer durchaus her, denn auch bei Arminia Bielefeld (2:2) leisteten sich die Niedersachsen in einer ähnlichen Konstellation frühe Nachlässigkeiten, die damals auf der Alm noch zu reparieren waren. Doch diesmal halfen weder taktische Umstellungen von Dreier- auf Viererkette noch die Herausnahme des indisponierten Kapitäns Maximilian Arnold oder des Nationalspielers Ridle Baku zur Pause. Der ausgesprochen schlecht gelaunte Arnold machte es hinterher mit seiner Analyse entsprechend kurz: "Wir haben am Anfang zweimal gepennt. Dann braucht man sich gar nicht viel vornehmen."

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