Bundesliga:Lewandowski überwindet mit der Hacke den Bremer Deich

Bundesliga: Mann des Tage bei den Münchnern: Robert Lewandowski.

Mann des Tage bei den Münchnern: Robert Lewandowski.

(Foto: AFP)

Von Martin Schneider

Am Ende waren es drei brillante Aktionen in einem Spielzug, die den FC Bayern an diesem Nachmittag gegen Werder Bremen retteten. Da war einmal der Pass von Arturo Vidal auf Kingsley Coman, ein schwieriger Ball über die Bremer Abwehrkette genau in den Lauf des kurz zuvor eingewechselten Franzosen. Da war der Schlenker von Coman der dafür sorgte, dass die Kugel frei auf seinem rechten Fuß bereit zum Querpass lag.

Und da war vor allem Robert Lewandowski. Es war bis zu dieser 72. Minute nicht das Spiel des Polen. Bremen verbarrikadierte sich so konsequent in der eigenen Hälfte, dass der Bayern-Stürmer mit seinem roten Trikot in einem grünen Meer unterging. Seine Mannschaftskameraden hatten Probleme im Passspiel, der Ball schaffte es eigentlich nie zu ihm.

Und dann: Der Querpass von Coman, Lewandowski nahm den rechten Fuß und lenkte den Ball mit der Hacke hinter dem linken Standbein vorbei ins Tor. Kurz darauf: wieder Lewandowski. Er lief so frei wie noch nie in diesem ganzen Spiel auf Bremens Torwart Jiri Pavlenka zu. Die Kugel lag auf seinem schwachen linken Fuß, er wollte mit dem rechten schießen, aber sich-dazwischen-werfende Bremer ließen ihn nicht. Eine Körpertäuschung, und dann schoss er halt mit seinem schwachen Fuß und der Ball flog erst Robert Bauer durch die Beine und dann Pavlenka durch die Beine ins Tor.

Es war die 75. Minute und Lewandowski hatte mit diesem Doppeltunnel ein Spiel innerhalb von drei Minuten entschieden, mit dem die Bayern 72 Minuten lang kämpften wie ein Mathe-Schüler mit einer schwierigen Aufgabe: Sie rechneten und rechneten und kamen der Lösung doch nicht näher.

Bremen ging ja durchaus historisch geschädigt in diese Partie. Am 1. März 2009 holte Werder zuletzt überhaupt einen Punkt zu Hause gegen den FC Bayern, ein 0:0 war das, bei Bremen spielten Per Mertesacker, Mesut Özil und Diego. Beim FC Bayern spielten Michael Rensing, Massimo Oddo und Tim Borowski. Der letzte Sieg zu Hause war ein 3:1 im Oktober 2006, das ist mehr als zehn Jahre her und dazwischen gab es mal ein 0:7 und zwei 0:4.

Und schon nach fünf Minuten war klar, was Bremen vorhatte, um ein Nullsieben oder auch ein Nullvier zu vermeiden: Alle Mann nach hinten. Werder baute einen Deich im eigenen Sechzehner auf, teilweise standen acht Spieler in grünem Trikot rund um Torhüter Jiri Pavlenka.

Das schien auf den ersten Blick der komplett falsche Ansatz zu sein. Arjen Robben kam in der fünften Minute zum Schuss, zwei Minuten später wummste Corentin Tolisso nach einer Ecke aus dem Getümmel den Ball an die Latte, in der zwölften Minute kam Joshua Kimmich frei zum Flanken, Pavlenka reagierte gut. Werder versuchte eine Igel-Taktik ohne zu stechen - es schien nur eine Frage der Zeit, bis Bayern in Führung geht.

Trainer Carlo Ancelotti konnte ja Manuel Neuer nach seinem Mittelfußbruch wieder aufstellen, ebenso die vormals angeschlagenen Thiago und Robben. In der Zentrale entschied sich Ancelotti für Corentin Tolisso und gegen Sebastian Rudy. Niklas Süle bekam dagegen die Position in der Innenverteidigung neben Mats Hummels, Javi Martinez saß nach seiner Verletzung noch auf der Bank - neben Thomas Müller. Für den großen Gewinner der Vorbereitung war in Bremen erst einmal kein Platz in der Bayern-Offensive.

Gar nicht erst im Kader stand Renato Sanches. Der im vergangenen Jahr für 35 Millionen Euro von Benfica Lissabon geholte Mittelfeldspieler soll offenbar noch vor dem Ende des Transferfensters am 31. August verliehen werden. "Er hat den Trainer darum gebeten, weil er einige Angebote hat. Der Trainer hat es erlaubt. Aber ich kann noch keinen Vollzug melden", sagte Sportdirektor Hasan Salihamidzic bei Sky.

Auf dem Feld wurde Bremen mit jeder vergebenen Bayern-Chance ein bisschen stabiler. Als Arjen Robben in zentraler Position mal den Ball verlor, schaffte es der SV Werder mal über das bewährte Duo Max Kruse/Fin Bartels zu kontern. Doch der Versuch endete bei Kimmich.

Hummels bekommt Lewandowskis Ellbogen ins Gesicht

So hatte Bayern den Ball und zunehmend weniger Ideen, wie man durch dieses grüne Dickicht durchkommen soll. Thiago war auf der Zehnerposition isoliert, der Spielaufbau über Tolisso und Arturo Vidal stockte. Robben beschwerte sich nach gut einer halben Stunde lautstark und gestenreich bei Vidal, weil der ihm einen Pass halbhoch statt flach servierte. Acht Minuten später flankte Ribéry mal auf die Glatze des Niederländers, doch sein Versuch rutschte knapp am Tor vorbei. Kurz davor musste Mats Hummels sich in einen Schuss von Thomas Delaney werfen - es war die beste Bremer Chance.

Die Bayern hatten dagegen eine gute Möglichkeit, als Bremen mal aufrückte und früh stören wollte. Kimmich und Neuer kombinierten sauber aus der Abwehr, setzten Ribéry auf der Außenbahn ein, der den richtigen Moment zum Querpass verpasste. Kurz darauf beschwerte sich Lewandwoski - wohl zurecht - bei Schiedsrichter Bastian Dankert. Jerome Gondorf hatte ihn im Sechzehner geschubst, Mats Hummels bekam daraufhin den Ellbogen des Polen ins Gesicht und lag kurz benommen auf dem Platz. Aber auch der Videoschiedsrichter sah keinen klaren Elfmeter.

Die zweite Halbzeit war keine fünf Minuten alt, als es Mats Hummels schon zu blöd wurde. Er schnappte sich den Ball und lief wie vor Urzeiten der Brasilianer Lucio bis in den gegnerischen Sechzehner. Auch das brachte nix. Vidal versuchte mal einen Kopfball, mal einen Distanzschuss - auch das waren brotlose Versuche. Dass sich der Chilene eine gelbe Karte abholte, weil er mit Anlauf und zwei offenen Sohlen in Delaney reinrutschte, passte ins Bild.

Es kam dann aber so, wie es schon in der vergangenen Saison oft passierte. Bayern mühte sich oftmals ungeschickt - aber kosnequent und mit dem Willen, das Tor zu machen. Vielleicht war es die Einwechslung von Kingsley Coman (für Robben der das ohne größere Schmoll-Attacken hinnahm), die den nötigen Impuls gab. Mit dem mit Abstand besten Spielzug der zweiten Hälfte kam Bayern zum ersten Mal in den Fünfmeter-Raum, Lewandowski verwandelte Comans Querpass mit der Hacke zum 1:0. Dann brachte Carlo Ancelotti Thomas Müller für Franck Ribéry und der bereitete Lewandowski den Weg für sein furioses Solo, das mit dem 2:0 endete.

Die Münchner holperten wie schon am ersten Spieltag gegen Leverkusen über große Strecken des Spiels vor sich hin - aber erneut stehen drei Punkte und bis zum Spiel des BVB am Abend gegen Berlin auch die Tabellenführung.

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