Leverkusens Stürmer:Die Konkurrenz richtet den Blick auf Schick

Lesezeit: 3 min

Leverkusens Mucki-Stürmer: Patrik Schick hat sich mit einer vorzüglichen Saison auch für Spitzenvereine interessant gemacht. (Foto: Ulrich Hufnagel/Imago)

Der Leverkusener hat seinen Platz in der Welt der Toptorjäger gefunden. Kommt weiter Bewegung in den Stürmer-Markt, wäre Schick ein natürlicher Kandidat für die Lewandowski-Nachfolge in München.

Von Philipp Selldorf, Leverkusen

Bevor er nach dem Wochenende auf den Tabellenplatz seines Klubs schaut, blickt so mancher namhafte Torjäger erst mal auf den Ranglistenstand der Anwärter auf den Goldenen Schuh: Wie oft hat der verflixte Ciro Immobile am Sonntag wieder getroffen? Wie viele Punkte Vorsprung habe ich noch vor Mo Salah? Der jährliche Wettbewerb der Uefa um Europas besten Torschützen ist zwar eine naturgemäß eitle Konkurrenz, die das Prinzip des Mannschaftssports grob unterläuft, aber was soll man machen, wenn es um einen Oscar für den Besten geht? Mittelstürmer ist nun mal ein Beruf, der die Selbstsucht gleichermaßen fordert und fördert.

Insofern hat Patrik Schick eine Saison hinter sich, die als Jahr des Durchbruchs gelten darf. Im Alter von 26 Jahren hat Bayer Leverkusens Angreifer seinen gehobenen Platz in der Welt der Top-Kanoniere gefunden. Nach Punkten steht er gleichauf mit Kylian Mbappé auf dem vierten Platz, und jene drei Spieler, die noch über ihm rangieren, gehören schon seit vielen Jahren zur High Society der Ballermänner in Europas Spitzenligen: Robert Lewandowski, Ciro Immobile, Karim Benzema.

Rudi Völler hat Schick schon früh in der italienischen Liga gesehen

Dass er sich mal diesem Kreis anschließen könnte, das haben ihm Experten schon vor einigen Jahren zugetraut. Es war "immer schon absehbar, dass er als Stürmer über außergewöhnlich viele Komponenten verfügt", wie Simon Rolfes sagt. Bloß hat es halt eine Weile gedauert, bis die Komponenten so gut zueinander gepasst haben wie in der abgelaufenen Saison mit Bayer Leverkusen. Sportchef Rolfes fällt auf Anhieb einiges ein, was Schick Besonderes zu bieten hat: "Er hat einen super Schuss mit links, ist extrem kopfballstark, groß, beweglich, schnell - und kann richtig gut kicken." 24 Tore in 26 Einsätzen stehen auf dem Konto des Nationalspielers - eine in der Tat oscarverdächtige Quote.

Verkaufen für eine Ablöse? Oder das letzte gemeinsame Jahr durchziehen? Wie es mit Robert Lewandowski weiter geht, ist zuletzt das beherrschende Thema gewesen. (Foto: Alexander Hassenstein/Getty Images)

Im Hause Bayer 04 hatte man den tschechischen Angreifer schon im Blick gehabt, bevor er sich vor drei Jahren als Leihspieler im Dienst von RB Leipzig dem hiesigen Publikum vorstellte. Während Bayer-Geschäftsführer Rudi Völler den bei Sampdoria Genua und AS Rom spielenden Schick per Fernsehstudium von seinem Wohnzimmer aus erforschte (Völler liebt bekanntlich die italienische Serie A), reisten die Scouts des Klubs quer durch Europa, um den Kandidaten näher zu untersuchen. Rolfes nahm ihn 2018 unauffällig bei einem Länderspiel unter die Lupe. Als Schick im Sommer 2020 von seinem Leipziger Engagement nach Rom zurückkehrte, weil RB von der Kaufoption erstaunlicherweise keinen Gebrauch gemacht hatte, ging Bayer in die Offensive.

Wenn Rolfes, 40, in diesen Tagen auf Schick angesprochen wird, sind die Fragen immer die gleichen: Wie lange kann Bayer diesen Spieler noch halten? Was soll er denn kosten? Wer kommt als Nachfolger? Der Tag und Nacht geöffnete Basar ist nun mal Bestandteil der modernen Fußballwelt, und nach den zwei durch die Corona-Krise gedämpften Jahren beginnt der Handel allmählich wieder in Schwung zu kommen. Rolfes macht dennoch einen ziemlich entspannten Eindruck.

Ihm ist schon klar, dass sich die Blicke der Konkurrenz längst auf Schick gerichtet haben, zumal durch den Verkauf von Erling Haaland an Manchester City und mögliche Wechsel von Mbappé und vielleicht sogar Lewandowski wieder Bewegung in den Markt der Fünf-Sterne-Torjäger kommt. Sollte Lewandowski seinen im Sommer 2023 auslaufenden Vertrag beim FC Bayern angeblich nicht verlängern wollen, wie die Bild berichtet, dann wäre wohl auch Schick ein naturgegebener Kandidat für die Münchner.

Bayern-Stürmer
:Medienberichte: Lewandowski will vom FC Bayern weg

Der Weltklassestürmer will seinen Vertag angeblich nicht verlängern. Unklar ist, wann der Torjäger den Rekordmeister verlässt.

Aber bis auf Weiteres gilt das schon mehrfach gesprochene Wort: Schick sei "im Prinzip unverkäuflich", sagt Rolfes, es bräuchte sich "niemand zu melden". Eine Garantie kann er selbstredend trotzdem nicht ausstellen. Die Verhältnisse in den Klubs der europäischen Oberklasse sind schon wieder so weit, dass es bei den Spitzenspielern um Summen geht, die sämtliche Prinzipien außer Kraft setzen. So soll etwa für die Vertragsunterschrift des formell ablösefreien Franzosen Mbappé ein dreistelliger Millionenbetrag fällig werden.

Leverkusen wirbt mit den Vorlagengebern Diaby und Wirtz

Schick, tendenziell ein introvertierter Mensch, habe Bayer bisher keine Anzeichen von Wechsellust angezeigt, sagt Rolfes, stattdessen habe er immer wissen lassen, dass er sich im Klub sehr wohl fühle. Ein Hinweis, der in seinem Fall nicht zu unterschätzen sei, wie der Bayer-Manager anmerkt: "Er ist kein Stürmer, der überall auf Knopfdruck funktioniert." Die Bedingungen müssen stimmen, damit er sein Spiel optimal entwickeln kann; während der zwei Jahre bei AS Rom hat der tschechische Angreifer seinen Platz nicht finden können, weil er ihn durch Edin Dzeko besetzt sah. Der Exkurs nach Leipzig war auch eine Flucht.

Sollte Patrik Schick im Sommer doch noch in Versuchung geraten, kann ihm Bayer außer einem Stammplatz bei einem Champions-League-Klub noch weitere wertvolle Argumente bieten. Sie tragen Namen wie Moussa Diaby und Florian Wirtz - Vorlagen-Lieferanten, die einen Mittelstürmer glücklich machen. Wirtz befindet sich nach seinem Kreuzbandriss planmäßig in der Reha, bis er im Herbst wieder zurückkehren kann, lässt sich sein Fehlen mit Neuzugängen kompensieren. "Wir arbeiten daran, für Patrik ein passendes Umfeld auf dem Platz zu schaffen", verspricht Simon Rolfes.

© SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Transfers beim FC Bayern
:Alles, was rechts ist

Noussair Mazraoui soll beim FC Bayern eine Lücke schließen, die seit Philipp Lahms Abschied offen ist. Die Rechtsverteidiger-Position hat im Klub seither eine gewisse innenpolitische Wucht entfaltet.

Von Christof Kneer

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: