Bundesliga: Leverkusen - Hannover:Ballack is back

Bayer Leverkusen erhält seinen lange vermissten Mittelfeldspieler zurück und besiegt Hannover 96 im Topspiel 2:0. Michael Ballack überzeugt - vor allem mit einer frisch entflammten Privatfehde.

Carsten Eberts

Er lief tatsächlich auf. Von Beginn an. Michael Ballack. Er rümpfte die Nase, als er mit dem Einlaufkind an der Hand den Platz betrat, lächelte nicht, als die Leverkusener das Publikum begrüßten. Ihm große Anspannung zu unterstellen, wäre vielleicht übertrieben. Enorme Konzentration jedoch war es gewiss. "Ein wunderbares Gefühl" sei es, nach fast fünf Monaten endlich wieder in der Startelf zu stehen, erklärte Ballack vorab. Das merkte man ihm anfangs nicht an.

Bayer Leverkusen's Ballack reacts during the German Bundesliga soccer match against Hanover in Leverkusen

Spielte 90 Minuten durch: Michael Ballack.

(Foto: REUTERS)

Das Topspiel am Freitagabend war eine kleine Ballack-Show, natürlich. Vor allem jedoch eine zaghafte Kampfansage von Bayer Leverkusen in Richtung von Tabellenführer Dortmund, da Bayer den Rückstand zumindest für wenige Stunden auf acht Punkte reduzieren konnte. Das gelang vor allem wegen einer formidablen ersten Halbzeit, in der Arturo Vidal (21. Spielminute) und Simon Rolfes (42.) die Tore des Abends erzielten. Leverkusen besiegte Hannover 2:0.

Vidal und Rolfes schossen die Tore - die meisten Augen waren dennoch auf Ballack gerichtet. Vor gar nicht so langer Zeit sollte er den deutschen Fußball retten; seine Aufgabe war es, die jungen Spieler zu führen, ihnen Halt zu geben. Dann ging alles ganz schnell: Ballack verletzte sich, die Jungen wurden erwachsen, spielten ohne Ballack eine formidable WM. Ballack wechselte nach Leverkusen, verletzte sich erneut - es stand zu befürchten, dass Ballack vielleicht gar nicht mehr wiederkehren würde.

Seine Rückkehr wollte Ballack deshalb als Zeichen verstanden wissen: Er ist wieder da, bot kein überragendes Spiel, jedoch ein sehr ordentliches. Der erste Steilpass auf Gonzalo Castro nach sechs Minuten kullerte noch ins Aus, aus dem ersten Flügelwechsel nur eine Minute später entwickelte sich über Castro und Arturo Vidal die erste gute Chance. "Er hat ein gutes Spiel gemacht", lobte Simon Rolfes nach dem Spiel, "deshalb sind wir auch als Mannschaft so gut rein gekommen."

Ballack kämpfte, grätschte und dirigierte, beanspruchte die meisten Leverkusener Ballkontakte für sich. Das zuletzt malade Schienbeinköpfchen hielt. Nach 22 Minuten fuhr er Hannovers Sergio Pinto empfindlich in die Beine. Pinto? Richtig, der hatte den damals gerade erst wieder genesenen Ballack im Hinspiel getreten - und anschließend keine Spur der Reue gezeigt ("Ballack? Das ist mir egal!").

Ob Ballack in diesem Moment daran dachte? Zehn Minuten später nahm die Privatfehde ihren Lauf: Pinto revanchierte sich, trat Ballack veritabel um. Der schrie auf, Pinto trabte weiter.

Spielverderber Pinto

Man muss sich tatsächlich daran gewöhnen, dass die Partie Bayer Leverkusen gegen Hannover 96 ein Liga-Spitzenspiel ist. Dritter gegen Zweiter, besser geht es kaum. Wer Tabellenführer Borussia Dortmund ohnehin zu den Champions-League-Kandidaten gezählt hatte, für den ist Hannover die noch größere Überraschung der Saison. Jedoch nicht an diesem Freitagabend.

Der einstige Abstiegskandidat erwischte ausgerechnet beim Gipfel um die Rolle des ersten Dortmund-Verfolgers einen uneffektiven Tag. Besonders defensiv leistete sich Hannover ungewohnte Fehler - diese nutzen vor allem Vidal und Rolfes. Erst gelang Vidal nach 21 Minuten ein frech-fulminanter Schuss aus 20 Metern, dann legte Gonzalo Castro das Spielgerät weich in den Lauf von Simon Rolfes, der ebenso schön abschloss (42.).

In der zweiten Halbzeit konnte Leverkusen das Spitzenspiel tatsächlich verwalten. Vor allem, weil Hannover seine Chancen nicht nutzte. Erst vergab Ya Konan einen aussichtsreichen Konter (58.), dann köpfte Sturmpartner Mohammed Abdellaoue knapp über das Tor (68.). Auf der anderen Seite versuchte Ballack, Hannovers jungen Torhüter Ron-Robert Zieler zu überlupfen. Er scheiterte jedoch knapp.

Pinto hingegen mimte den Spielverderber. Hatte man sich gerade auf eine fortdauernde Privatfehde zwischen dem Portugiesen und Michael Ballack gefreut, da scherte Pinto aus und fällte ansatzlos Gonzalo Castro. Hatte er sich vertan? Ballack und Castro sind schließlich beide dunkelhaarig. Nach 77 Minuten keilte Pinto ein letztes Mal gegen Ballack, dann wurde er unter Pfiffen entkräftet ausgewechselt.

Pinto bekannte nach dem Spiel, Leverkusen sei an diesem Abend wacher gewesen, Hannover habe deshalb zurecht verloren. Vor dem Spiel habe er Ballack die Hand gereicht. "Ich denke schon, dass er meine Entschuldigung angenommen hat", sagte Pinto, "irgendwann muss so etwas auch mal vergessen sein."

Ballack hingegen lobte erstmal das Spiel seiner Mannschaft. "Wir haben in den entscheidenden Momenten die Angriffe gut ausgespielt", sagte er, habe sich selbst auf dem Platz "ganz gut gefühlt". Zum Rivalen Pinto sagte er: "Das ist lange her. Ich habe das abgehakt."

Lächeln wollte Michael Ballack in diesem Moment jedoch wieder nicht.

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