Bundesliga: Leverkusen - Dortmund:So spielt ein Meister

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Borussia Dortmund schockt all jene, die den Tabellenführer noch einholen wollen. Beim 3:1 gegen Verfolger Bayer Leverkusen genügen famose sechs Minuten, um zu zeigen, wer in diesem Jahr den Titel holt.

Jagd? Welche Jagd? All die guten Vorsätze, die die Konkurrenz über die Weihnachtstage gefasst haben mag, die darauf abzielten, den Titelkampf in der Rückrunde noch einmal spannend werden zu lassen, ihm eine neue Dramaturgie zu geben, dürften sich am Freitag, kurz nach 21.30Uhr, verflüchtigt haben. Mit 0:0 war Borussia Dortmund in Leverkusen in die Halbzeit gegangen, kaum waren beide Teams wieder heraus, war auf der Anzeigetafel plötzlich ein 3:0 zu lesen. Für die Gäste! Für den Herbstmeister mit dem Zehn-Punkte-Vorsprung-Winterspeck.

Meisterlich: Kevin Großkreutz gegen Leverkusens Daniel Schwaab. (Foto: REUTERS)

Sollte es der Borussia in ihren ausstehenden 16 Spielen gelingen, die Konkurrenz weiter auf Distanz zu halten, den siebten Titel der Klubgeschichte zu sichern, so wird in der Erfolgschronik der Sechs-Minuten-Schock von Leverkusen einen zentralen Platz einnehmen. 49. Minute: Langer Einwurf von Piszczek, tief hinein in den Strafraum, Friedrich verschätzt sich, Schwaab springt der Ball an die Hand, es hätte Elfmeter geben können, doch hinter Leverkusens tapsigem Defensiv-Duo lauert Kevin Großkreutz und schiebt den Ball ins Netz.

53.Minute: Langer Abschlag von Torwart Weidenfeller, Friedrich verschätzt sich erneut, wieder ist es Großkreutz, der mit seinem sechsten Saisontreffer zur Stelle ist. 55.Minute: Manuel Friedrich verschätzt sich ein drittes Mal, jetzt im Duell mit Mario Götze, was das Dortmunder Großtalent zum dritten BVB-Treffer nutzt, indem er Nationaltorwart René Adler den Ball durch die Beine drückt.

"Die gute Nachricht des Abends ist: Wir sind da!", sagte Trainer Jürgen Klopp: "Wir haben den Fußball der Hinrunde gespielt, gegen einen brettstarken Gegner. Wir haben aber auch dieses 3:0 gebraucht, um halbwegs beruhigt den Abend zu Ende zu spielen." Während der BVB das Resultat am Ende verwaltete, gelang es Leverkusens Stürmer Kießling nur noch, den 1:3-Endstand herzustellen. Was die Lage der Liga aber mehr noch als das Ergebnis unterstreicht, ist, dass Dortmund bereits die erste Hälfte diktiert hatte, und dies ohne seine beiden offensiven Hauptdarsteller der Hinrunde, Lukas Barrios (kam später von der Bank) und Shinji Kagawa (spielt mit Japan beim Asiencup).

Soll in dieser Rückserie noch mal einer behaupten, der FCBayern habe die beste Bank der Liga. Die prominenteste Reservistenbank, zumindest an diesem Spieltag, hat Bayer Leverkusen: Dort nahm am Freitag, kurz vor 20.30 Uhr, Michael Ballack, der Noch-immer-Kapitän der deutschen Nationalelf Platz. Er hatte sich zwar dienstfit gemeldet, sein Einsatzwille war aber von Trainer Heynckes noch gebremst worden.

Flankiert wurde Ballack von Sami Hyypiä, der finnischen Defensiv-Ikone, sowie von Tranquillo Barnetta, dem Schweizer - nebendran kauerte noch Arturo Vidal, der Chilene, der verspätet vom Winterurlaub zurück kam. Ein Luxus, diese Bank, doch was die Edelreserve von dortaus zu sehen bekam, konnte ihr nicht gefallen.

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Denn was geschah? Die Borussen zeigten sofort, wer Herr über die Tabelle ist, sie selbst setzten den ersten Akzent der Saison: Nach drei Minuten klatschte ein Kopfball von Sven Bender an den Außenpfosten. Und als zur Halbzeit Zwischenbilanz gezogen wurde, beim Stand von 0:0, war man sich einig, dass Dortmund würdig am Rückrundenstart stand.

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Es hätte die Führung da schon verdient gehabt, die Gäste diktierten den Rhythmus, die Hausherren konzentrierten sich auf Konter. Es war ein munteres Spiel zweier technisch und taktisch gut ausgebildeter Mannschaften, die aber die Torhüter Adler und Weidenfeller nur mit wenigen Pflichtaufgaben behelligt hatten.

Das änderte sich nach der Pause. Dortmund brachte da Silva für Sven Bender (Knieprobleme), und gleich darauf folgte die erste klare Botschaft: Lewandowski hatte in der 48. Minute die große Chance zum 1:0, scheiterte aber noch an Torwart Adler.

Trotzdem wirkte es wie ein Fanfarenstoß für jene sechs Minuten, in denen Dortmund zeigte, was einige Fans später auf der Tribüne der Liga zuriefen: So spielt der Meister! "Die Fans dürfen träumen, wir schauen von Spiel zu Spiel", sagte Doppel-Torschütze Großkreutz. Die Statistik adelt die Borussen: Von zehn Auswärtsspielen wurden neun gewonnen.

Wie jetzt die Bundesliga oben noch einmal spannend werden soll? Schwer zu sagen, womöglich durch den FC Bayern, der aber schauen muss, dass er an diesem Samstag in Wolfsburg besteht. Gewinnen die Münchner, wären sie weiterhin bei 14 Punkten Rückstand - es müsste also schon die unglaublichste Aufholjagd in der Geschichte der Liga, wenn nicht sogar des Weltfußballs folgen, sollte die Borussia doch noch einmal den Atem irgendeines Verfolgers zu spüren bekommen.

© SZ vom 15.01.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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