Leipzig siegt 4:1:Tedesco legt Gladbachs Zweifel offen

Lesezeit: 3 min

Starker Einstand - allerdings gegen einen Gegner, bei dem die Verunsicherung zu spüren ist. (Foto: Michael Taeger/imago images/Jan Huebner)

Leipzigs Trainer Domenico Tedesco feiert gegen die Borussia einen perfekten Start. Allerdings gegen einen Gegner, der in drei Spielen 14 Gegentore kassiert hat - und bei dem Fragen nach dem inneren Zusammenhalt laut werden.

Von Javier Cáceres, Leipzig

Es gab am Samstag eine Szene, in der sich so Einiges bündelte, was die Gegenwart von RB Leipzig und Borussia Mönchengladbach ausmacht; und sie trug sich zu, als die Partie gut 51 Minuten alt war.

Gladbachs Torwart Yann Sommer, der mit dem Ball am Fuß so sicher ist, dass er mal als Kandidat für den FC Barcelona gehandelt wurde (und am Samstag diverse gute Paraden zeigte), spielte den Ball in den Fuß von RB-Stürmer Christopher Nkunku, der den weit aus seinem Tor geeilten Sommer umspielte und André Silva so großzügig wie perfekt bediente. Der Portugiese hatte viel Zeit und nur das leere Tor vor sich. Doch der Angreifer setzte den Ball aus 15 Metern genau an die Querlatte.

Borussia Dortmund
:Nicht nur Pech

20:5 Torschüsse, 15:0 Ecken - am Ende aber nur ein 1:1 in Bochum. Julian Brandt bemängelt Konsequenz, Torhüter Kobel zeigt sich schuldbewusst und prophezeit, dass eine Aufholjagd Richtung FC Bayern "sehr, sehr hart" wird.

Von Ulrich Hartmann

Die Verunsicherung der Gladbacher konnte man da genauso herauslesen wie den unerbittlichen Hunger der Leipziger. Aber auch, dass bei den Leipzigern noch ein paar Prozentpunkte zur Perfektion fehlen. Als man doch auf die Tribüne blickte, sah man bei Temperaturen, die sich knapp unter dem Gefrierpunkt bewegten, diverse verletzungsbedingt abwesende Spieler, unter ihnen Yussuf Poulsen - und die lachten sich kaputt. Weil sie wussten, dass Silvas schier unglaublicher Fehlschuss ("Das kann passieren. Aber das darf nicht passieren", sagte er selbst) kein Drama heraufbeschwören würde, und das nicht nur, weil Leipzig da schon durch Tore von Josko Gvardiol und Silva mit 2:0 führte.

Leipzig vergibt viele Chancen, das Ergebnis früh nach oben zu schrauben

Die privilegierten Zuschauer im sonst leeren Stadion sollten Recht behalten. Die Borussia kam in der 88. Minute noch durch Rami Bensebaini zwar zum Anschlusstreffer. Doch in der Nachspielzeit trafen Nkunku (90.+2) und Benjamin Henrichs (90.+4) bei blitzartig vorgetragenen Kontern - und stellten zum Einstand ihres neuen Trainers Domenico Tedesco, 36, den absolut angemessenen 4:1-Endstand her. "Ich freue mich für unseren neuen Trainer", sagte Leipzigs Geschäftsführer Oliver Mintzlaff und schlug den Bogen zur Beurlaubung seiner vormaligen Wunschlösung Jesse Marsch, die am Sonntag beschlossen worden war: "Heute fühlt es sich so an, als sei es die richtige Entscheidung gewesen."

Das lag auch daran, dass die Spielfreude der Mannschaft dazu beitrug, dass Gladbach nunmehr "die dritte deftige Niederlage" nacheinander begutachten musste, wie es Trainer Adi Hütter nannte. 14 Gegentore hat sein Team nun in drei Spielen zu verdauen, fünf davon erfolgten nach Standards. "Das ist absolut crazy", sagte Torwart Sommer. Es war ihm kein Trost, dass es noch viel mehr Gegentore hätten sein können. "Wir hatten vier, fünf Mal die Chance, das 3:0 zu machen", klagte Tedesco, der gar nicht mal so viel im Vergleich zu der letzten Partie veränderte, sondern den Eindrücken folgte, die ihm die Mannschaft vermittelte: "Grundsätzlich ist es so, dass die Mannschaft ein Stück weit nach Ballbesitz lechzt."

Der Effekt: Es fehlte nicht viel, und die Gladbacher wären früh in einen ähnlichen Strudel geraten wie am vorangegangen Sonntag gegen Freiburg. Seinerzeit lagen sie ja zur 37. Minute mit 0:6 zurück. Gegen die Leipziger hingegen hielten sie vergleichsweise lange durch, weil Konrad Laimer (7.), André Silva (10.) und Christopher Nkunku (19.) fantastische Einschussmöglichkeiten verschmähten.

Musste einige Male hinter sich schauen - und greifen: Gladbachs Torhüter Yann Sommer (Mitte) widerspricht jedoch der Vermutung, dass es an Zusammenhalt fehlen könne: "Ich lass mir nicht einreden, dass wir kein Team sind." (Foto: Michael Taeger/Jan Huebner/imago)

Danach aber trafen der grandios aufspielende Innenverteidiger Josko Gvardiol, der eine Freistoßflanke von Angelino aus sechs Metern per Kopf ins Netz (24.) wuchtete, und Querlattenspezialist Silva, nachdem Christopher Nkunku umsichtig eine Hereingabe von Linksverteidiger Angelino durch die Beine durchgelassen hatte (32.). Leipzig hatte auch danach noch Chancen. Und obschon Gladbachs Leistung nach der Pause "zumindest vom Aufwand und dem Dagegenhalten okay war", wie Kapitän Lars Stindl sagte, war es eine kleine Überraschung, dass der Anschlusstreffer fiel. Nicht aber, dass Leipzig noch für zwei Schlussakkorde sorgte, die Trainer Hütter beschämten: "Hinten raus geht das einfach nicht."

"Jeder hat etwas für sich gemacht", sagt Kapitän Lars Stindl

Woran das liegt? Gute Frage. Kapitän Lars Stindl warf durchaus die Frage nach dem inneren Zusammenhalt auf, und das hatte jede Logik, denn Mönchengladbach war am Samstag wieder das Gegenteil von Kompaktheit. "Jeder hat etwas für sich gemacht und nicht zusammen als Team", sagte Stindl. Torwart Sommer widersprach: "Ich lass mir nicht einreden, dass wir kein Team sind." Der Schweizer bemängelte aber die fehlende Aggressivität in den Duellen mit dem Gegner: "So kannst du kein Spiel gewinnen", ärgerte er sich. Und solche Bemerkungen sind meistens ein Zeichen dafür, dass eine Mannschaft sich ernsthafte Zukunftssorgen macht.

Ganz so weit wollte Trainer Hütter nicht gehen. "Es ist schon eine Verunsicherung da", konzedierte er. Aber: "Von einer gefährlichen Situation würde ich nicht sprechen, weil die Mannschaft auch zu viel Qualität hat." Das kann man nicht anders sagen, Manager Max Eberl hat ihm einen Kader gebaut, der in der Theorie nichts mit der nun geltenden Realität zu tun hat. Während Leipzig zu den europäischen Plätzen aufschloss, steht Hütters Team nur zwei Punkte vor dem Relegationsplatz. Am Mittwoch empfangen die Borussen Hütters Ex-Mannschaft Eintracht Frankfurt, das ist nicht gerade leichte Kost. Gleichwohl, Hütter gab sich kämpferisch: "Da haben wir uns selber reingebracht, da kämpfen wir uns auch gemeinsam wieder raus."

© SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

FC Bayern in der Einzelkritik
:Coman, wie er Haken schlägt und lacht

Der Flügelstürmer läuft ganz Mainz davon, Jamal Musiala muss Wehrhaftigkeit beweisen und die Dreierkette hat lange Probleme: Der FC Bayern in der Einzelkritik.

Von Sebastian Fischer

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: