Bundesliga:Englische Verhältnisse

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Am 2. Januar schon wieder auf dem Platz: der VfB Stuttgart und RB Leipzig. (Foto: AFP)

Der erste Winter ohne Pause seit 1986 könnte die Spannung in der Bundesliga erhöhen. Doch die Qualität der Spiele und die Gesundheit der Profis dürften unter der hohen Belastung leiden.

Kommentar von Martin Schneider

Jede Zeit hat ihre Probleme, und im Januar 1979 war das Problem der Bundesliga: Schnee. Insgesamt 46 Spiele wurden damals verschoben, weil die Stadien aussahen wie die Auslaufzonen von Skisprungschanzen oder wie eine besonders schützenswerte Sumpflandschaft. Ein ARD-Kommentator sprach davon, dass man hier mal wieder die "Grenzen des Allwettersports Fußball" aufgezeigt bekomme. Mit dem Zollstock wurden Schneehöhen gemessen, mancher Platzwart bohrte Löcher in den Rasen, um dem Schmelzwasser einen Ausweg zu ermöglichen. Fußball im Winter war damals vollkommen normal, 1964 gab es zum Beispiel eine Silvesterpartie zwischen Nürnberg und Stuttgart.

1986 hatte der DFB dann genug und führte eine Winterpause ein. Dieser Kniff hatte gleich mehrere Vorteile: Das Spielplanchaos hörte auf und Partien bei wärmerem Wetter waren attraktiver für Stadionzuschauer - die damals die Haupteinnahmequelle der Klubs waren. Die Liga musste um jeden zahlenden Fan kämpfen. Volle Stadien waren Mitte der 80er die Ausnahme.

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Die regelmäßige Saisonunterbrechung hat seitdem in Deutschland überlebt und ermöglichte in den 90er Jahren zum Beispiel Kuriositäten wie den DFB-Hallenpokal. Aber selbst als der eingestellt wurde, die Rasenheizung eingeführt wurde und der damit verbundene Witz, wer denn deren Erfinder sei (Antwort: Ottmar Hitzfeld) auserzählt war, blieb die Winterpause in Deutschland bestehen.

Die anderen europäischen Ligen konnten mit dieser Idee seit jeher wenig anfangen: In Italien und Spanien gab es naturgemäß viel weniger schneebedingte Absagen, in England hat Fußball am zweiten Weihnachtstag Tradition. Aber in der Bundesliga, die auch als einzige große Liga nur 18 statt 20 Mannschaften und damit vier Spieltage weniger hat, bestand man darauf, weil sich die deutschen Klubs einen Wettbewerbsvorteil erhofften.

Wer sich zwischenzeitlich mal ausruhen kann, wer sogar nochmal ein Trainingslager (Belek, Marbella, Katar) einlegen kann, der geht gestärkter in die wichtigen europäischen Finalspiele zwischen Februar und Mai - so die Argumentation. Zwar gab es immer mal wieder Stimmen pro Durchspielen, etwa von Franz Beckenbauer. Aber die Mehrheit der Trainer und Spieler war immer Verfechter des Winterurlaubs. Toni Kroos stellte sogar mal die These auf, dass das traditionell schwache Abschneiden der englischen Nationalmannschaft bei WM- und EM-Turnieren mit dem atemlosen Spielplan der Insel zu tun habe.

Ob es einen Standortvorteil wirklich gab, ist schwer zu be- oder widerlegen, aber dieses Jahr ist er definitiv weg. Auch der deutsche Fußball pausierte nur zwischen dem 22. Dezember und dem 2. Januar und peitscht die Spieler weiter durch diese eng getaktete Pandemie-Saison. Der FC Bayern, der auch noch an der Klub-WM in Katar teilnimmt, könnte bei einem Verbleib in allen Wettbewerben bis in den Mai im Schnitt alle vier Tage spielen. Man bemerkte schon vor Weihnachten bei den Münchnern Erschöpfung, und nicht nur bei ihnen. In ganz Europa haben die hochbelasteten Spitzenklubs Probleme. Nirgends gibt es einen Alleingang, weder von Liverpool, noch von Juventus, noch von Barcelona oder Real Madrid.

Das mag aus Spannungsaspekten zu begrüßen sein, allerdings litt bereits die Qualität des dargebotenen Sports sichtlich, gerade die Attraktivität der DFB-Pokalspiele unmittelbar vor den Festtagen war trotz K.-o.-Modus überschaubar. Vorzuwerfen ist das niemandem, und Mitleid ist bei den immer noch hochbezahlten Akkordarbeitern der Fußballbranche nun auch nicht angebracht.

Aber es ist natürlich eine Frage, ob der Fußball sich einen Gefallen damit tut. Die Menschen in Deutschland gewähren dem Profisport ja gerade das Privileg, auch im zweiten Lockdown seinen Geschäften nachzugehen, kritische Stimmen gibt es wenige, die Einschaltquoten steigen wieder. Aber die Begeisterung für das Unterhaltungsprodukt kann schnell nachlassen, wenn in den Arenen nur noch müde Gladiatoren stehen, die sich reihenweise verletzen.

Und wenn die Spitzenspieler sich dann bis ins Champions-League-Finale geschleppt haben - dann geht zwei Tage später die EM-Vorbereitung los.

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