Bundesliga:Die alten Großen sind die neuen Kleinen

Bundesliga: Einmal kurz innehalten: "Mit voller Überzeugung und Vorfreude" wechselt Daniel-Kofi Kyereh vom Zweitligisten FC St. Pauli zum Europacup-Teilnehmer SC Freiburg.

Einmal kurz innehalten: "Mit voller Überzeugung und Vorfreude" wechselt Daniel-Kofi Kyereh vom Zweitligisten FC St. Pauli zum Europacup-Teilnehmer SC Freiburg.

(Foto: Christian Charisius/dpa)

Am Transfermarkt lässt sich die neue Architektur der Bundesliga gut ablesen. So wechselt der umworbene Zweitliga-Spieler Daniel-Kofi Kyereh nicht nach Bremen, Gladbach oder Stuttgart - sondern zum SC Freiburg.

Kommentar von Christof Kneer

Der sogenannte "Transferticker", das muss man mal lobend erwähnen, ist eine ausgesprochen demokratische Angelegenheit. In telegrammartigem Stil werden hier weitgehend hierarchiefrei sämtliche Bewegungen auf dem Fußballmarkt notiert, kein Name ist größer als der andere. Der berühmte niederländische Mittelfeldspieler Frenkie de Jong (steht vor Wechsel vom FC Barcelona zu Manchester United) steht da artig in einer Reihe mit dem nicht berühmten Stürmer Vafing Jabateh, der vom VfL Oldenburg zum BSV Kickers Emden wechselt.

Bei schneller Durchsicht dieser Rubrik ergibt sich ein Gewirr aus Namen und Nachrichten, und manchmal wird aus vielen wilden Linien sogar ein Muster. Zum Beispiel, wenn zu lesen ist, Werder Bremen habe beim Berater des Spielers Boetius angerufen und dort das Interesse des Vereins hinterlegt. Oder wenn es heißt, dass der VfB Stuttgart die Verpflichtung des Hamburgers Vagnoman aus Kostengründen als "derzeit nicht realistisch" einstufe. Und wenn man dann, als Gegenbeispiel, vom Transfer des Spielers Daniel-Kofi Kyereh erfährt. Der Spielmacher des Zweitligisten FC St. Pauli wechselt zum SC Freiburg.

Was all diese Linien zum Muster verbindet: Die halbe Liga wollte Kyereh, nur einer hat ihn bekommen. Die Bremer stiegen als Erste aus dem Poker aus, der Spieler war einfach zu teuer. Eine Runde länger im Spiel blieben Mainz, Mönchengladbach und Stuttgart, sie hätten die viereinhalb Millionen Euro Ablöse schon irgendwo in ihren Etats gefunden. Aber der Spieler wollte nach Freiburg, "mit voller Überzeugung und Vorfreude", wie er sich zitieren lässt.

Niemand fürchtet mehr den Freiburger Abstieg, außer natürlich der Trainer Streich

Manchmal stecken hinter den kleinen Namen die großen Geschichten. Zwar wird die Gemeinde der Traditionalisten mit warmem Herzen auf die neue Erstliga-Saison blicken, Schalke 04 und Werder Bremen sind wieder da, auch der VfB Stuttgart ist der Liga erhalten geblieben. Aber Personalien wie die von Daniel-Kofi Kyereh zeigen, wie sehr sich die Liga verändert hat. Um einen Zweitligaspieler zu bekommen, reicht es nicht mehr, der Verein von Ailton und Micoud (Werder), von Raúl und Özil (Schalke), von Khedira und Gomez (VfB) zu sein. Werder muss jetzt Berater von vereinslosen Spielern (Boetius) anrufen. Stuttgart kann sich keine Zweitliga-Rechtsverteidiger (Vagnoman) leisten. Und der SC Freiburg holt außer Kyereh noch den deutschen Nationalspieler Matthias Ginter.

Nun, da die gute, alte Liga fast wieder beisammen ist, lässt sich ihre neue Architektur nicht mehr übersehen. Die alten Großen sind die neuen Kleinen, und ehemals Kleine wie Freiburg locken inzwischen mit einem chaosfreien Umfeld, marktgerechter Lohnstruktur sowie einer Teilnahme am Europapokal. Der SC Freiburg ist kein Overperformer mehr, sondern ein ambitionierter Erstligist, dessen Abstieg niemand mehr erwartet, außer natürlich der Trainer Streich.

Nirgendwo lassen sich die neuen Verhältnisse besser ablesen als auf dem Transfermarkt, wie jüngst schon eine andere Personalie zeigte. Um den deutschen U21-Stürmer Jamie Leweling warben ebenfalls Stuttgart, Mainz und Mönchengladbach, am Ende entschied sich der Spieler für ein chaosfreies Umfeld mit marktgerechter Lohnstruktur und Europacup-Teilnahme und wechselte zu Union Berlin.

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