Bundesliga:Kohfeldt steht wieder mit leeren Händen da

Bundesliga: Dramatische Serie: Florian Kohfeldt verliert auch in Leipzig.

Dramatische Serie: Florian Kohfeldt verliert auch in Leipzig.

(Foto: Jan Woitas/dpa)

Der VfL Wolfsburg verliert auch in Leipzig, das 0:2 verschärft die Situation für den seit Wochen erfolglosen Trainer. RB setzt seine gute Rückrunde und die Aufholjagd in der Tabelle fort.

Von Nico Fried, Leipzig

Eines beherrschen sie beim VfL Wolfsburg: den Tempogegenstoß, wenn es um Florian Kohfeldt geht. Die Welle der Fragen nach der Zukunft des Trainers hat sich nach dem 0:2 in Leipzig am Sonntagnachmittag noch gar nicht richtig aufgebaut, da rennen die Verantwortlichen schon dagegen an. Sportdirektor Marcel Schäfer tändelt nach dem Schlusspfiff nur kurz: Es sei "eine unfassbar schwierige Phase" für den Verein, sagt er. Dass "sehr viel infrage gestellt" werde, so sei eben das Geschäft. Doch dann schließt Schäfer auch schon ab: "Wir wollen gemeinschaftlich durch diese Phase gehen." Wenn die Mannschaft mal so beherzt nach vorne spielen würde, wie der Sportdirektor den Trainer schützt, dann wäre wohl vieles einfacher für den VfL Wolfsburg.

Kurz darauf sitzt der Mann mit der frisch erneuerten Arbeitsplatzgarantie in der Pressekonferenz und sagt: "Ich freue mich über diese glasklare Rückendeckung." Elf Spiele haben die Wolfsburger nicht gewonnen. In vier Spielen hintereinander haben sie nicht einmal ein Tor erzielt. Ob er es nicht außergewöhnlich finde, dass er da trotzdem seinen Job behalten darf, wird Kohfeldt gefragt: "Außergewöhnlich ist der Zusammenhalt, den wir in Wolfsburg haben", antwortet der Trainer, "und dass wir gemeinsam versuchen, diese schwierige Phase zu bewältigen".

Vor dem Spiel in Leipzig hatte Kohfeldt vom Morgen nach dem torlosen Unentschieden gegen Hertha BSC Berlin vor einer Woche berichtet, dem ersten Punktgewinn seit mehreren Wochen: "Es tat gut, aufzuwachen und das Gefühl zu haben, nicht ganz mit leeren Händen dazustehen." Eine Woche später zeigte die Formkurve des VfL Wolfsburg in Leipzig weiter nach oben, aber in der Tabelle ging es weiter nach unten, Platz 15. Und was sagt Kohfeldt? "Ich sehe, dass die tägliche Arbeit beginnt, sich auszuzahlen", was eine wirklich erstaunliche Interpretation der Tatsache ist, dass er wieder mit leeren Händen dasteht.

"Man merkt im Training, dass die Mannschaft bereit ist, sich gegen diese schwere Phase zu stemmen", hatte Kohfeldt vor der Reise nach Leipzig berichtet. Mit Blick auf weite Strecken der Partie war das nicht zu viel versprochen. Nach zuletzt kompletten Geisterspielen durften diesmal wieder 1000 Zuschauer ins Stadion. Und die sahen wohl auch zu ihrer eigenen Überraschung, wie die Gäste konzentriert und engagiert zu Werke gingen, hinten lange nichts zuließen und sich gelegentlich sogar in Richtung Tor des Gegners aufmachten, dabei allerdings lange die Distanz wahrten, so wie sich Tanzschüler bei den ersten Foxtrott-Schritten nicht zu nahe kommen.

Leipzig begann erstmals mit dem Spanier Hugo Novoa in der Startelf, der einen Tag vor seinem 19. Geburtstag erkennbar entschlossen war, seine Chance zu nutzen. Vor allem über seine rechte Seite rollten die ansehnlicheren offensiven Aktionen der Gastgeber. In der 18. Minute schoss er einfach mal selbst, scheiterte aber an Koen Casteels im Wolfsburger Tor.

Doch die Leipziger Angriffe versiegten, je länger das Spiel dauerte. Stattdessen setzten die Wolfsburger nach einer halben Stunde für ihre Verhältnisse geradezu zu einem Sturmlauf an, brachten einen Kopfball von Sebastiaan Bornauw und einen Freistoß von Aster Vranckx aufs Tor, kurz vor der Pause hätten hintereinander Vranckx, der für den gesperrten Renato Steffen spielte, und Yannick Gerhardt die trostlose Torlosigkeit beenden können, trafen aber nur Leipziger Gliedmaßen. "Da darf auch mal einer reingehen", bemerkt Kohfeldt nach dem Spiel sarkastisch.

Nach einer verunglückten Flanke der Leipziger gab es kurz vor der Pause sogar erste Pfiffe aus dem 1000er-Zuschauergrüppchen. Weil es in der zweiten Halbzeit erstmal nicht besser weiterging, brachte Domenico Tedesco in der 55. Minute mit Tyler Adams, Lukas Klostermann und Dani Olmo gleich drei Neue, was das Spiel umgehend belebte. Keine 60 Sekunden später lag der Ball prompt im Netz, allerdings war der Drang der Leipziger nach vorne plötzlich so übermächtig gewesen, dass zuvor gleich zwei von ihnen im Abseits standen.

Bundesliga: Entscheidung per Lupfer: Leipzigs Defensivspieler Josko Gvardiol (Mitte) erzielt das 2:0 gegen Wolfsburgs Torwart Koen Casteels.

Entscheidung per Lupfer: Leipzigs Defensivspieler Josko Gvardiol (Mitte) erzielt das 2:0 gegen Wolfsburgs Torwart Koen Casteels.

(Foto: Annegret Hilse/Reuters)

Das Spiel wurde jetzt schneller, abwechslungsreicher. Chancen ergaben sich allerdings zunächst auf beiden Seiten weniger durch Kombinationen, dafür fehlten beiden Teams die durchschlagenden Ideen, als durch Schüsse aus der Region der Strafraumgrenze. Dann aber setzten sich die Leipziger in der 76. Minute doch einmal durch: Christopher Nkunku leitete den Angriff ein, Olmo flankte von rechts, Silva köpfte den Ball an die Latte, Willi Orban staubte ab: 1:0. Damit war das Spiel entschieden, das 2:0 von Josko Gvardiol, der sich selbst zum Geburtstag beschenkte, nur noch der Abschluss eines Spiels.

Domenico Tedesco blickt nun auf einen perfekten Januar zurück: Vier Spiele, vier Siege, die Champions-League-Plätze zumindest wieder in Sichtweite. Und, was für den Leipziger Trainer fast genauso wichtig ist: Die Zahl der Verletzten hat sich minimiert, in der Länderspielpause hat er mit Ausnahme des US-Nationalspielers Tyler Adams praktisch den ganzen Kader um sich.

Auch Florian Kohfeldt will die zwei Wochen Pause nutzen. Die Siege der unmittelbaren Konkurrenten im Abstiegskampf, Greuther Fürth und Bielefeld, lassen ihn unbeeindruckt. "Wir müssen selber Punkte sammeln, damit wir da unten rauskommen", so der Coach. Es sei "noch zu früh in der Saison, um auf andere zu gucken".

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