Süddeutsche Zeitung

Bundesliga: Köln - Bayern:"Ein erlösendes Gefühl"

Beim 1:1 gegen den FC Bayern trifft Kölns Lukas Podolski auf seinen Ex-Klub - und nach einer gefühlten Ewigkeit sogar mal wieder ins Tor.

Philipp Kreutzer, Köln

Das Bemühen konnte ihm niemand absprechen. Lukas Podolski hat wirklich alles gegeben, doch so leicht lässt sich eine Blockade eben nicht lösen. Es waren am Samstag nach dem Abpfiff beinahe eineinhalb Stunden vergangen, als der Stürmer endlich doch noch konnte - und bei der Dopingkontrolle seiner Pflicht nachkam.

Auch die ausharrenden Journalisten haben diese frohe Botschaft mit großer Erleichterung vernommen, konnten doch kurz darauf endlich die Interviews mit dem Spieler des Tages beginnen.

Auf dem Platz nämlich, hatte Podolski zuvor sehr wohl und schon früh gekonnt. Er traf mit einem knallharten Freistoß aus rund 25 Metern und freundlicher Unterstützung von Bayern-Keeper Hans-Jörg Butt zur Führung des 1. FC (32.).

Sein zweiter Bundesligatreffer in dieser Saison beendete eine 1424 Minuten anhaltende Torflaute des Angreifers. "Das ist ein erlösendes Gefühl, wenn man sich vorher so lange nicht mehr freuen konnte", gab er Einblick in sein Seelenleben.

"Das ist wie ein kleiner Sieg für uns"

Podolski beantwortete die an ihn gerichteten Fragen freundlich und geduldig, er wirkte sehr viel entspannter als noch am Mittwoch, als er nach dem Länderspiel gegen Argentinien mit einem Reporter aneinander geraten war.

Seine Lust am Spiel war spürbar zurückgekehrt, er stellte zufrieden fest: "Erst gegen Leverkusen unentschieden und jetzt gegen Bayern unentschieden, das wie ein kleiner Sieg für uns." Kölns Trainer Zvonimir Soldo wünscht sich, dass bei seinem Stürmer nun der Knoten geplatzt ist: "Ich hoffe, er startet jetzt eine Serie."

Podolskis Einsatz war lange fraglich gewesen, denn im Länderspiel am Mittwoch gegen Argentinien hatte er sich einen Bluterguss im Oberschenkel zugezogen. Zu spüren war davon am Samstag nichts. Mit einem trockenen Schuss an die Latte sorgte er für die erste torgefährliche Situation des Spiels (7.), in der Folge leitete er mehrfach die gefährlichen Kölner Angriffe der ersten Hälfte ein, später wurde sein Abseitstreffer zu Recht aberkannt (73.).

"Wir haben in der ersten Halbzeit sehr gut gespielt", stellte Podolski fest, "was mich ärgert ist, dass wir uns in der zweiten Hälfte zu weit zurückgezogen haben und unsere Angriffe nicht mehr versucht haben. Hätten wir das gemacht, wäre mehr drin gewesen."

Ein Sieg war ihm nicht vergönnt, doch immerhin ist es Podolski gelungen, eine allgemein anerkannte Regel abzuschaffen. Nämlich jene, wonach er nur in der Nationalmannschaft gute Leistungen zeigen und treffen kann.

Er hat sie innerhalb von drei Tagen widerlegt: Die übersichtliche Darbietung gegen Argentinien am Mittwoch erinnerte eher an den FC-Poldi der vergangenen Monate, der Bundesliga-Auftritt am Samstag kam dem Bundes-Poldi schon sehr nah. Und das ausgerechnet gegen seinen Ex-Klub, wodurch die Bayern im Fall eines Leverkusener Erfolgs am Sonntag in Nürnberg wieder auf Rang zwei zurückfallen könnten.

Die Münchener versäumten wie schon beim 1:1 vor 14 Tagen in Nürnberg einen Auswärtssieg gegen eine Mannschaft aus dem unteren Tabellendrittel. Dafür gab es aber mehr Ursachen als nur einen Podolski in Topform.

Nach dominanten ersten 15 Minuten verloren die Bayern mehr und mehr die Kontrolle über das Geschehen. Trainer Louis van Gaal wusste, was passiert war: "Wir haben zu viel durch die Mitte gespielt, das ist nicht klug. Dadurch haben wir viele Ballverluste erlitten, und so ist Köln ins Spiel gekommen."

Lesen Sie auf der nächsten Seite, was Bastian Schweinsteiger zu Podolskis Tor zu sagen wusste.

Köln war vor der Pause die bessere Mannschaft: Die nach der Verletzung von Martin Demichelis neuformierte Bayern-Abwehr um Daniel van Buyten und Holger Badstuber in der Innenverteidigung sowie Youngster Diego Contento auf der linken Seite gerieten einige Mal erheblich unter Druck.

Dass die Flügel der Bayern lahmten, war sicher dem Fehlen der zwei Superstars geschuldet: Arjen Robben kam wegen einer Grippe nicht zum Einsatz, Franck Ribéry saß zunächst auf der Bank, weil er mit lädiertem Sprunggelenk von der französischen Nationalmannschaft zurückgekehrt war.

"Ribéry hatte Schmerzen, er wollte lieber nicht spielen", erklärte van Gaal. Er schonte beide Spieler für Dienstag, wenn die Bayern beim AC Florenz zum Achtelfinal-Rückspiel der Champions League antreten.

Der für den Franzosen auf dem linken Flügel aufgebotene Thomas Müller fügte seinen guten Leistungen dieser Saison zwar einen weiteren frechen Auftritt hinzu. Doch vom Jungnationalspieler die gelegentliche Genialität eines Robben oder Ribéry einzufordern, wäre vermessen.

Hamit Altintop, der sich auf der rechten Seite versuchte, hatte viel größere Schwierigkeiten, sich überhaupt einmal in Szene zu setzen. Mit der Einwechslung von Ribéry und Miroslav Klose (56.) gewannen die Bayern dann aber die Kontrolle zurück. Klose war es, der nur zwei Minuten später mit der Hacke den Ausgleich einleitete. Müller trat energisch im 16-Meter-Raum an, legte überlegt zurück und Schweinsteiger vollendete zum 1:1 (58.).

"Der letzte Tag ist der wichtigste"

Kurz darauf hätte der Torschütze beinahe sogar die Führung erzielt, doch sein Kopfball prallte an die Latte (64.). Fünf Minuten vor Ende traf Ribéry mit einem Schuss nur den Pfosten, die Bayern kamen dem Sieg am Ende sehr nah. "In einigen Situationen haben wir Glück gehabt", gestand Soldo.

Van Gaal hingegen mochte die Ursache für den verpassten Erfolg nicht in der zweiten Halbzeit verorten: "Wir müssen das Glück erzwingen, und das haben wir in der ersten Hälfte 30 Minuten lang nicht gemacht."

Darüber und über die verlorenen Punkte hat sich van Gaal sicher geärgert, doch anmerken lassen wollte sich der stolze Fußballlehrer das nicht. Ohnehin verhält es sich, wie er mit Blick auf die Tabelle wissen ließ, folgendermaßen: "Der letzte Tag ist der wichtigste. Da muss man oben sein."

Um Gelassenheit bemühte sich auch Christian Nerlinger: "Das Ergebnis wirft uns nicht um, man kann ja nicht bis zum Schluss nur Siege einkalkulieren." Der Bayern-Manager machte sich sogar Gedanken über den Gegner: "Für Podolski freut es mich, er war ja zuletzt viel Kritik ausgesetzt."

Ähnlich äußerte sich Bastian Schweinsteiger, der ja seinem einstigen Mitspieler als Teil des kongenialen Duos "Schweini & Poldi" besonders innig verbunden ist. Als Podolski später von Schweinsteigers Sympathie für seinen Treffer hörte, antwortete er zunächst ganz pflichtbewusst: "Wir brauchen die Punkte, und die Bayern brauchen die Punkte."

Dann aber zeigt er sich doch noch gönnerhaft: "Ich freue mich nicht über gegnerische Tore, aber wenn der Schweini das macht, kann man schon gratulieren."

Podolski hat dabei gelächelt, er wirkte durchaus ein wenig befreit.

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