Bundesliga:Hoffenheim hadert mit dem Fußballgott

Lesezeit: 3 min

Ärgerlich: Hoffenheims Trainer Julian Nagelsmann. (Foto: REUTERS)
  • 1899 Hoffenheim überzeugt gegen den BVB, am Ende reicht es aber nur zum 1:1.
  • Dortmund trifft spät und freut sich über den glücklichen Punktgewinn.
  • Hier geht es zur Tabelle der Fußball-Bundesliga.

Von Tobias Schächter, Sinsheim

Als Christian Pulisic nach überragender Vorarbeit von Marco Reus kurz vor Schluss das 1:1 für Borussia Dortmund erzielte, lief Julian Nagelsmann heiß. Eigentlich hatte der Trainer der TSG Hoffenheim bei nächster Gelegenheit Abwehrspieler Kevin Akpoguma zur Sicherung der Führung einwechseln wollen. Nun entschied sich Nagelsmann nach dem Ausgleich um und wechselte Stürmer Ishak Belfodil ein. Und in der zweiten Minute der Nachspielzeit hätte dieser Belfodil tatsächlich den Siegtreffer für die TSG erzielen müssen: Aber der im Sommer aus Bremen gekommene Algerier brachte das Kunststück fertig, den Ball zwei Meter vor dem leeren Tor in den Himmel über Sinsheim zu treten.

"Wir hatten den Winner auf dem Fuß, der uns mal guttun würde", haderte Nagelsmann. Vor einer Woche verlor seine Elf bei Aufsteiger Düsseldorf völlig unnötig, nachdem Andrej Kramaric eine ähnlich klare Möglichkeit zur Führung vergeben hatte; unter der Woche hätte Hoffenheim in der Champions-League bei Schachtjor Donezk gewinnen statt 2:2 spielen müssen. Und an diesem Samstag dominierte die TSG Borussia Dortmund lange klar - und musste sich am Ende mit nur einem Punkt zufrieden geben. Nagelsmann blickte nach Belfodils vergebener Großchance ungläubig nach oben, später sagte er: "Ich schicke ein Stoßgebet Richtung Fußballgott. Es wäre gut, wenn er mal wieder über Sinsheim abbiegen würde."

"Den Punkt nehmen wir gerne mit"

Gegen Dortmund spielte Hoffenheim lange ganz stark - aber wieder einmal blieb der Ertrag gering: Nach vier Spieltagen stehen für die TSG nur vier Punkte auf dem Konto, zu wenig für die eigenen Ansprüche - und zu wenig angesichts der Chancen, die die Mannschaft zuletzt in Düsseldorf und nun gegen den BVB fahrlässig vergab. Ganz anders war die Gefühlslage in Dortmund: Der BVB ist durch den Punkt mit nun acht Zählern unter dem neuen Trainer Lucien Favre in der Liga weiter ungeschlagen.

Auch der Champions-League-Start war unter der Woche durch den 1:0-Sieg in Brügge geglückt. "Den Punkt nehmen wir gerne mit", sagte Reus nach dem Abpfiff erleichtert. Vor allem, weil die Elf nach einer roten Karte für Innenverteidiger Abdou Diallo (75.) nach einer Notbremse an Andrej Kramaric die Schlussphase dezimiert spielen musste. "Komischerweise haben wir danach besser Fußball gespielt", meinte Reus, ohne eine Erklärung für diese Erkenntnis zu finden.

Es war allerdings keine Überraschung, dass der Ausgleich nach einer Zusammenarbeit zwischen Reus und Pulisic fiel, der BVB entwickelte über die gesamte Spielzeit nur Gefahr, wenn die zwei schnellen Offensivspieler loszogen. Wobei den Dortmundern in der Anfangsphase ein Elfmeter verweigert wurde - Nico Schulz hatte Pulisic im Strafraum ein Bein gestellt (6.), der Video-Assistent griff aber seltsamerweise nicht ein.

Nach dieser Aktion diktierten die insgesamt bissigeren, gierigeren und reifer wirkenden Hoffenheimer das Spiel. Der überragende Stürmer Joelinton traf kurz vor der Pause zur Führung, aber weil die TSG in der zweiten Halbzeit mehrere Chancen ungenutzt ließ und zwei vermeintliche Tore wegen Abseitsstellung nicht anerkannt bekam, blieben die Dortmunder im Spiel - und erzielten nach 84 Minuten wieder einmal spät ein wichtiges Tor.

Und zum dritten Mal drehte die Borussia in der Liga nun schon einen Rückstand: Gegen Leipzig und Frankfurt gewann sie noch, nun reichte es noch zu einem wichtigen Zähler. "Wir haben heute wieder überragende Moral gezeigt, die uns in dieser Saison schon viel geholfen hat und uns hoffentlich noch viel helfen wird", sagte Reus und glaubte: "Für den Prozess, in dem wir uns befinden, ist dieser Punkt unheimlich wichtig."

Dortmund sucht mit dem neuen Trainer und einigen neuen Spielern vor allem Stabilität. Da ist jedes Erfolgserlebnis hilfreich, und das Remis bei den starken Hoffenheimern war für den jungen BVB ein Erfolg. Doch wie fragil noch vieles ist, zeigte die Aufstellung: Mittelfeldrenner Marius Wolf agierte als Mittelstürmer, weil Angreifer Paco Alcacer verletzt fehlte. Auf Mario Götze hatte Trainer Lucien Favre freiwillig im Kader verzichtet.

Kurios wurde es in der 60. Minute, als Favre zwei Mal auswechselte, und Mahmoud Dahoud und Wolf vom Platz gingen. Favre aber wollte Wolf offenbar gar nicht auswechseln, er regte sich darüber sichtlich auf. Darauf angesprochen, gab er später "ein Kommunikationsproblem" zu. Wen er statt Wolf hatte auswechseln wollen, wollte der Schweizer allerdings nicht verraten. Er wirkte ein wenig genervt.

Es war ja trotz Punktgewinn kein Tag zum Feiern für den BVB, auch die Dortmunder Fans hatten sich nicht unbedingt beliebt gemacht. Sie beleidigten mal wieder den Hoffenheimer Gesellschafter Dietmar Hopp. Vor dem Spiel war bekannt geworden, dass der gegen mehr als 30 Personen Anzeige erstattet hatte nach Beleidigungen gegen ihn beim letzten Aufeinandertreffen der beiden Teams Ende Mai. Nun wurde zum Anpfiff im BVB-Block ein riesiges Plakat entrollt, auf dem Hopps Gesicht im Fadenkreuz zu sehen war. Darunter stand zu lesen: "Hasta la vista, Hopp." So ein Plakat war schon vor zehn Jahren bei einer Partie der beiden Vereine ausgerollt worden. Dortmund-Boss Watzke entschuldigte sich am Sonntag offiziell, die Anfeindungen seien "nicht zu akzeptieren".

© SZ vom 23.09.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Bundesliga
:Bayern rauscht zum nächsten Sieg

Die Münchner gewinnen 2:0 gegen Schalke - dank James' Kopfballtreffer und eines Elfmeters von Robert Lewandowski. Die Vize-Meister aus Gelsenkirchen sind nun vorübergehend Letzter.

Von Ulrich Hartmann

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: