Süddeutsche Zeitung

Bundesliga:Freiburg schüttelt und berappelt sich

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Der Sportclub ist nach dem 3:1 gegen Augsburg wieder Vierter. Bremen befreit sich dank Niclas Füllkrug - und Mainz holt sich viel Selbstvertrauen vor dem Pokalduell gegen den FC Bayern. Das Wichtigste zum Spieltag.

Von Anna Dreher, Milan Pavlovic und Martin Schneider

SC Freiburg - FC Augsburg 3:1 (2:1), Tore: 1:0 Michael Gregoritsch (13.), 1:1 Mergim Berisha (29., Foulelfmeter), 2:1 Lucas Höler (30.), 3:1 Philipp Lienhart (85.)

Nur ein paar Sekunden hat sich der FC Augsburg über den Ausgleich gefreut. Dann gab es Anstoß für Freiburg, ein weiter Schlag nach vorne, ein starker Volley-Querpass von Ritsu Doan - und Lucas Höler staubte wieder zur Führung ab. Das 1:0 hatte Michael Gregortisch mit einem wirklich sehr platzierten Schuss gegen den langen Innenpfosten erzielt, Augsburg kam per Elfmeter zum erwähnten Kurz-Ausgleich, Mergim Berisha versenkte.

Torhüter Rafal Gikiewicz verhinderte kurz darauf das Freiburger 3:1, ebenso in der zweiten Halbzeit Augsburgs Pedersen, der mit der Hüfte einen Sildillia-Schuss an den Pfosten lenkte. Eine klare Nummer war das Spiel trotzdem nicht, es war intensiv und von Zweikämpfen geprägt, der FCA gab nie auf - am Ende konnte Christian Streich nach Philipp Lienharts 3:1 nach Eckball trotzdem wieder bessere Laune haben. Freiburg hat sich nach der 0:6-Dusche gegen Wolfsburg also wieder geschüttelt und berappelt, Augsburg steckt weiter im Abstiegskampf, bleibt sich aber wie immer treu und wechselte immerhin zum dritten Mal Kelvin Yeboah, Neffe des legendären Anthony, ein.

FC Bayern München - Eintracht Frankfurt 1:1 (1:0), Tore: 1:0 Leroy Sane (34.), 1:1 Randal Kolo Muani (69.)

Die Unruhe der vergangenen Tage war auch am Samstag in der Münchner Arena zu spüren. Die Themen boten ja noch immer jede Menge Gesprächsstoff. Zur Erinnerung: Der langjährige Torwarttrainer Toni Tapalovic ( zudem enger Freund des derzeit verletzten Nationalkeepers Manuel Neuer) wurde wegen Differenzen entlassen, was viele Fragen nach sich zog. Dass Serge Gnabry an einem freien Tag nach Paris zur Fashion Week geflogen war, fanden auch nicht alle super. Zumal auf das 1:1 zum Jahresauftakt in Leipzig ein 1:1 gegen den 1. FC Köln gefolgt war. Sportvorstand Hasan Salihamidzic kritisierte Gnabrys Ausflug als "amateurhaft". Und während Trainer Julian Nagelsmann nun befand, wichtig sei, "dass die richtige Antwort auf dem Platz kommt" und sagte, "ich habe ihn nicht in den Senkel gestellt", verteidigte Vorstandschef Oliver Kahn am Samstag bei Sky die harte Linie des Klubs: "Man muss auch ein bisschen den Zeitpunkt sehen, wir haben jetzt im deutschen Fußball einen der schwersten Momente." Er spielte damit auf das Abschneiden des DFB-Teams in Katar an.

Gnabry bekam dann gegen Eintracht Frankfurt gar nicht die Chance, eine Antwort auf dem Platz zu geben, er saß nämlich auf der Bank. Auch seine Mitspieler konnten zunächst keine Reaktion zeigen, was an den dicht verteidigenden Gästen lag. Als Leroy Sané es nach zehn Minuten in den Strafraum schaffte, machte er sich durch eine schlechte Ballannahme eine potenziell gute Chance kaputt. Das Glück der Bayern war, dass es Kolo Muani kurz darauf auf der anderen Seite ebenso an der nötigen Kontrolle fehlte. Der Franzose konnte bei seinem nächsten Versuch von Bayerns Torwart Yann Sommer nur mit einer harten Grätsche gestoppt werden - was Sommer eine gelbe Karte einbrachte.

Nach einer halben Stunde waren dann aber vor allem die Münchner torgefährlich: Abschlüsse von Thomas Müller, Joshua Kimmich und wieder Müller konnte der aufmerksame Kevin Trapp parieren. Vier Minuten später war es dann so weit: Der Ball landete erneut bei Sané, diesmal war die Annahme makellos, er hielt so entschlossen drauf, dass der Ball gar nicht anders konnte, als im Tor zu landen. Beim letzten Aufeinandertreffen hatten die Münchner zur Pause 5:0 geführt und nach Schlusspfiff 6:1 gewonnen. Dass ihnen das am 18. Spieltag nicht gelingen würde, werden sie längst geahnt haben, aber zumindest ein Sieg sollte doch...? Doch dann wurde die Defensive zu nachlässig und die Bewachung von Muani sträflich vernachlässigt: Der Franzose tänzelte an Dayot Upamecano vorbei und schloss ab zum 1:1. Nagelsmann reagierte mit zwei Wechseln - Gnabry war einer davon. Eine Antwort konnte er aber auch jetzt nicht geben. So wird die Unruhe den FC Bayern weiter beschäftigen.

Hertha BSC - 1. FC Union Berlin 0:2 (0:1), Tore: 0:1 Danilho Doekhi (44.), 0:2 Paul Seguin (67.)

Der 1. FC Union Berlin ist immer genau eine Standard-Situation von der Führung entfernt. Man weiß das, elf Tore nach ruhenden Bällen stehen in der Statistik, es sind die meisten der Liga vor Leipzig (10) und Wolfsburg (9). Hertha BSC hat erst einmal nach Eckball oder Freistoß getroffen, der schlechteste Liga-Wert, aber es ging ja kurz vor der Pause im kalten Olympiastadion erstmal darum, ein Tor des Gegners zu verhindern. Klappte nicht. In der 43. Minute flankte Christopher Trimmel hoch und weit in den Sechzehner, Danilho Doekhi stand noch nicht mal besonders frei, er setzte sich einfach stark durch und köpfelte die Führung nach einer weitgehend ereignislosen ersten Halbzeit.

Und wenn es noch eine zweite Sache gibt, die man bei Union nur zu gut weiß, dann die, dass Sheraldo Becker sehr schnell ist. Nach einem Zweikampf zwischen Marc-Oliver Kempf und Rani Khedira am eigenen Strafraum gewann Union den Ball und Becker flitzte unaufhaltsam über den ganzen Platz und legte für Paul Seguin auf. Schiedsrichter Felix Brych schaute sich den Kempf/Khedira-Zweikampf nochmal an - entschied aber tendenziell zurecht nicht auf Foul und erkannte das Tor an.

Für Hertha geht die ganze Misere also weiter, Platz 17 ist die Realität und der Rivale von der anderen Seite der Stadt ist vorerst punktgleich mit dem FC Bayern. Den Satz muss man zum Auftakt der Rückrunde wirklich zweimal lesen. Vor dem Spiel wurde Unions Präsident Dirk Zingler übrigens noch zu einem Transfergerücht befragt. Isco, spanischer Dribbler und fünfmaliger Champions-League-Sieger mit Real Madrid, ist aktuell vertragslos und soll bei Union ein Thema sein. Zingler sagte nichts dazu, aber vermutlich wäre in der Startelf erstmal eh kein Platz für ihn - es läuft ja auch so.

SV Werder Bremen - VfL Wolfsburg 2:1 (1:0), Tore: 1:0 Niclas Füllkrug (24., Handelfmeter nach Videobeweis), 2:0 Niclas Füllkrug (77.), 2:1 Kevin Paredes (90.)

Das Duell der seit zehn Spielen ungeschlagenen Werkself aus Wolfsburg gegen das schlechteste Team der vergangenen vier Spieltage begann fast standesgemäß: Wimmer drang in den Bremer Strafraum vor, und der zuletzt mehrmals unsichere Torwart Pavlenka bekam nach nicht einmal 50 Sekunden soeben noch die Beine zusammen, um einen Tunnel zu vermeiden. Bremen spielte danach aber fast nie wie ein Klub, der zuletzt 17 Tore in vier Partien kassiert hat: hinten solide attackierten sie mit Köpfchen und Herzblut. In der 20. Minute zwang Stage VfL-Torwart Casteels zu einer Parade. Wenige Sekunden später bekam der Wolfsburger Gerhardt einen Ball aus nächster Nähe an die Hand - von Absicht oder Vorteil konnte keine Rede sein, aber Schiedsrichter Siebert entschied Minuten später trotzdem auf Elfmeter, den Niclas Füllkrug gegen den notorischen Strafstoßkiller Casteels sicher zum 1:0 verwandelte (24.).

Beide Teams pfiffen anschließend weitgehend auf die Defensive und kamen zu diversen Großchancen. In der 32. Minute lag der Ball nach einer unübersichtlichen Situation im Bremer Tor, aber eine Zentimeter-Abseitsentscheidung verhinderte den Ausgleich oder einen Elfmeter.

Nach der Pause übernahmen die Gäste die Spielkontrolle, ohne gefährlich zu werden. Werder schaute sich das in Ruhe an - und sorgte mit einem feinen Angriff für die Entscheidung: Weiser legte von der Torauslinie zurück zum Torraum, wo Füllkrug trocken zum 2:0 abschloss. War das die Entscheidung? Nein, denn Paredes verkürzte per Fernschuss (90.), und Schiedsrichter Siebert ließ satte sechs Minuten nachspielen. Doch es gab nur noch eine Rudelbildung - aber kein Tor.

TSG 1899 Hoffenheim - Borussia Mönchengladbach 1:4 (0:2), Tore: 0:1 Jonas Hofmann (12.), 0:2 Jonas Hofmann (37., nach Videobeweis), 1:2 Ihlas Bebou (80.), 1:3 Lars Stindl (83.), 1:4 Hannes Wolf (90+1.)

Mitte Oktober 2022 war die TSG Hoffenheim Tabellenvierter, ja, das war in dieser Saison. Seitdem ist der Klub ohne Sieg, hat sechs der vergangenen acht Partien verloren, und nach dem 1:4 gegen die bislang auch weit unter Plan agierende Gladbacher Borussia kann man sich langsam schon fragen, ob André Breitenreiter am Saisonende noch Trainer der TSG sein wird. Auf der anderen Seite dürfte Daniel Farke eine ruhige(re) Woche am Niederrhein erleben.

Entscheidend am Samstag: Bei Gladbach waren die zuletzt fehlenden Marcus Thuram, Lars Stindl und Jonas Hofmann wieder im Team, auch Christoph Kramer lief auf, obwohl er sich unter der Woche, bei der bitteren Auswärtsniederlage in Augsburg (0:1), zum wiederholten Mal eine Gehirnerschütterung zugezogen hatte. Es dauerte bis zur zwölften Minute, bis es einen Torschuss zu notieren gab (Bischof für Hoffenheim), aber Zählbares gab es erst im Gegenangriff, bei dem ein Diagonalpass von Stindl die weit aufgerückte TSG-Elf entblößte. Jonas Hofmann nahm den Ball geschickt mit und bezwang Baumann mit einem satten Flachschuss von der Strafraumgrenze ins kurze Eck (12.). Direkt nach Wiederanpfiff kam Baumgartner gegen die glückstrunkene Gladbacher Abwehr an den Ball, umkurvte Torwart Omlin, doch Itakura rettete kurz vor der Torlinie.

Das anschließend ziemlich schläfrige Treiben wurde vor der Pause nur zweimal unterbrochen: durch ein rabiates Foul von Angeliño an Kramer (17.) - und durch die zweite Zusammenarbeit von Stindl (Pass) und Hofmann (platzierter Flachschuss), nach der es 0:2 stand (37.). Ein zielgerichtetes Aufbäumen der Hoffenheimer war nach dem Wechsel kaum auszumachen. Besser sah es aus, wenn Gladbach anrollte, doch nach der Kombination Thuram/Hofmann/Stindl rettete Baumann mit einer Fußparade (66.). Und kaum war Hoffenheim doch das 1:2 gelungen (Bebou, 80.), deckte Gladbach die Lücken im TSG-Verbund auf: Stindl schob nach Vorlage von Hofmann (83.) ein, Wolf beschloss einen Bilderbuch-Konter mit dem 4:1 (90.+1).

FSV Mainz 05 - VfL Bochum 5:2 (3:0), Tore: 1:0 Jae-Sung Lee (1.), 2:0 Silvan Widmer (17.), 3:0 Karim Onisiwo (28.), 4:0 Karim Onisiwo (58.), 4:1 Pierre-Kunde Malong (70.), 4:2 Erhan Masovic (72.), 5:2 Karim Onisiwo (87.)

Angeblich sechs Millionen Euro hat der FSV Mainz 05 für den Stürmer Ludovic Ajorque an Racing Straßburg gezahlt. In England bekäme man für die Summe natürlich nicht einmal einen neuen Zeugwart, für Mainz ist das aber viel Geld, gerade für einen Wintertransfer. Aber die Lücke im Sturm war groß, und Ajorque hat in Frankreichs Ligue 1 immerhin zwölf Tore geschossen, acht vorbereitet, er stand gegen Bochum erstmals in der Startelf. Und wie das manchmal so ist - wenn jemand neu kommt, fühlen sich die Etablierten angestachelt und so wurde Karim Onisiwo der Mann des Spiels und mutmaßlich auch der Mann des Spieltages.

Nach 47 Sekunden traf zwar Jae-sung Lee, den wunderbaren Spielzug dahin führte aber der schnelle Onisiwo mit einem Sprint an. Nach 18 Minuten stand es schon 2:0. Onisiwo verlor im Dribbling zwar erst die Orientierung und dann den Ball, doch Silvan Widmer schaltet schneller als die Bochumer Abwehr und schob ein. Das 3:0 und das 4:0 schoss der Österreicher dann selbst, beim dritten Tor war er wieder flink unterwegs und überlupfte Bochums Manuel Riemann, beim vierten Tor stand er knapp nicht im Abseits.

Kunde Malong und Erhan Masovic sorgten für einen kuriosen Bochumer Doppelschlag innerhalb von zwei Minuten. Mainz holte sich also nochmal hohen Puls ab (Keven Schlotterbeck hatte die große Chance zum 3:4), rettet aber - natürlich - dank eines Traumtores von Karim Onisiwo zum 5:2 (Schuss in den Winkel) das Ergebnis über die Zeit. Auf den Tribünen in Mainz wäre übrigens noch viel Platz für ein paar Zuschauer gewesen, unterhaltsam war das Spiel ja. Am Mittwoch kommt der FC Bayern zum DFB-Pokalspiel - dann wird es voller sein.

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