Bundesliga:Hamburg ist kaum noch zu retten

Bundesliga - Hamburger SV vs 1.FSV Mainz 05

Noch einer der besseren HSV-Spieler: Sven Schipplock liegt nach dem Spiel niedergeschlagen auf dem Rasen.

(Foto: REUTERS)
  • Nach dem 0:0 gegen schwache Mainzer scheint es keine Hoffnung mehr für den HSV zu geben.
  • Der Abstand zum Relegationsplatz beträgt sieben Punkte, nächste Woche spielt Hamburg beim FC Bayern.
  • Ob Sportdirektor Jens Todt bleiben darf, ist fraglich.

Von Jörg Marwedel, Hamburg

Die Bediener der Wasserwerfer und die berittene Polizei waren auf das Schlimmste eingestellt, die Fans auch. Aber alles, was nach dem 0:0 des Hamburger SV gegen Mainz 05 blieb, waren ein paar "Absteiger, Absteiger"-Rufe an die Spieler aus der Kurve und das böse Plakat "Fußball-Zerstörer". Die Anhänger scheinen sich langsam auf die erste Zweitliga-Saison ihres Klubs einzustellen. Ihr HSV hechelt weiter sieben Punkte hinter dem Relegationsplatz her und ist nach diesem Spiel gegen den Tabellennachbarn kaum noch zu retten. Für viele Zuschauer war dieses Remis der letzte Beweis, dass der HSV für die Bundesliga nicht mehr gut genug ist. Denn einen schwächeren Gegner als Mainzer gibt es derzeit nicht.

Trainer Bernd Hollerbach hat zwar kein neues Offensivspiel der schwächsten Angriffsreihe der Liga (18 Tore) installiert, aber er versucht es inzwischen mit jedem Stürmer, der vielleicht doch noch Besserung bringen könnte. Hatte er in Bremen Bakery Jatta, 19, aus der zweiten Mannschaft in die Startelf beordert, passierte das diesmal - zu dessen Überraschung - Sven Schipplock. Auch Luca Waldschmidt, der in dieser Saison ebenfalls bisher keine Rolle spielte, kam in der 46. Minute aufs Feld. Dafür war Großverdiener Bobby Wood gar nicht im Kader. Eines muss man aber feststellen: Schipplock, der oft gescholtene, war der beste Mann in der Offensiv-Reihe. Aber auch das nützte nichts, obwohl die Hamburger am Schluss 20:5 Torschüsse und 11:1 Ecken herausgeholten.

"Ein Wahnsinn", jammerte hinterher Sportchef Jens Todt und zählte auf: Zwei Lattentreffer, ein nicht gegebenes Tor und einen verschossenen Elfmeter. Hollerbach war zunächst mal in der Kabine, um die Profis wieder aufzurichten. "Es waren alle bedrückt", gab er seinen Eindruck wieder. Aber es sei nun mal nicht seine Persönlichkeit, jetzt aufzugeben. Zumal sein Team "alles reingehauen" habe. Doch auch das nützt wohl nichts mehr.

Verloren hatten die Hamburger im Grunde gegen Florian Müller, 20, den dritten Torwart der Mainzer. Der Saarländer und U20-Nationaltorwart, laut eigenem Urteil "ein ruhiger Typ", hatte in seinem ersten Bundesligaspiel (der frühere Hamburger Renè Adler und Robin Zentner waren nicht einsatzfähig) eine Menge Szenen, in denen er sein großes Talent unter Beweis stellte. Bei Schüssen von Kostic und Walace war er ebenso da wie beim Versuch von Schipplock in der 22. Minute, dessen Ball er an die Latte lenkte. Und als er nach einem Foul des 05-Verteigers Leon Balogun an Waldschmidt (was für Balogun die gelb-rote Karte bedeutete) auch in der 62. Minute den schwach geschossenen Elfmeter von Filip Kostic aus seiner rechten Ecke fischte, war er endgültig zum Mainzer Spieler des Tages geworden, der von allen Mitspieler geherzt wurde und vom Sport-Vorstand Rouven Schröder als "Wettkampf-Typ" geadelt wurde.

Ohne den Video-Beweis hätte der HSV vermutlich trotzdem gewonnen. In der 24. Minute hatte der aufgedrehte Schipplock seinen Nebenmann Kostic mit einem Hackentrick bedient und der ließ Müller das einzige Mal keine Chance. Es war allerdings erstaunlich, dass der Assistent an der Linie die klare Abseitsposition übersehen hatte, so dass die Kölner Video-Assistenten eingreifen mussten. Einzige mögliche Erklärung: Der Assistent war sich unsicher, ob nicht noch ein Mainzer den Ball berührt hatte und ließ die Szene daher überprüfen. Wie es auch war: Dieser Treffer wäre "der Brustlöser gewesen", glaubte Hollerbach hinterher.

"Es kommen außergewöhnliche Wochen auf uns zu", orakelte Sportchef Todt. Vielleicht auch auf ihn, denn im Aufsichtsrat wurde schon angedeutet, dass er eventuelle Planungen für die zweite Liga nicht mehr befehligen darf, sondern ein neuer Sportvorstand. Und diese Planungen müsste eigentlich spätestens jetzt starten. "Bisher hat keiner mit mir geredet", sagte Todt noch. Vermutlich ist das die Ruhe vor dem Sturm, denn beim HSV wird in den kommenden Monaten unter der Federführung des neuen Präsidenten Bernd Hoffmann vermutlich vieles verändert werden - nicht nur, was den Sportchef angeht.

Die Mainzer dagegen fuhren zufrieden über den "glücklichen Punkt" (05-Coach Sandro Schwarz) in die rheinland-pfälzische Hauptstadt zurück. Gegen Schalke am kommenden Freitag reiche die in Hamburg gezeigte Leistung nicht, warnte Rouven Schröder. Und da war er keineswegs allein in der 05-Reisegruppe.

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