Niederlage für Hertha BSC:"Ich kann jetzt nichts verkünden"

Niederlage für Hertha BSC: Wie lange noch im Amt? Herthas Trainer Tayfun Korkut.

Wie lange noch im Amt? Herthas Trainer Tayfun Korkut.

(Foto: Federico Gambarini/dpa)

Nach dem 0:2 in Gladbach und dem Sturz auf Tabellenplatz 17 werden die Hertha-Verantwortlichen gefragt, ob es mit Trainer Tayfun Korkut noch weitergeht. Fredi Bobic erbittet eine Nacht Bedenkzeit.

Von Ulrich Hartmann, Mönchengladbach

80 Minuten vor Spielbeginn hatten die Fußballer von Hertha BSC den Innenraum des Borussia-Parks betreten, um den Rasen zu begutachten. "Wir woll'n Euch kämpfen sehen", skandierten in diesem Moment bereits mit einem gewissen Nachdruck die aus Berlin mitgereisten Fans im Gästeblock. Die Spieler drunten waren noch in Zivil, sie schlenderten und plauderten, aber die Fans wussten: Es kann nicht schaden, ihnen das Wichtigste schon einmal zuzurufen.

70 Minuten vor Spielbeginn waren die Fußballer der Hertha dann in der Tabelle auf den vorletzten Platz abgerutscht. Der VfB Stuttgart sicherte sich in diesem Moment einen Punkt im Gastspiel bei Union Berlin und überholte die Berliner durch das bessere Torverhältnis.

Mit dem guten Tipp ihrer mitgereisten Fans erhielten die Berliner Spieler danach zwar die Gelegenheit, entsprechend zu kämpfen und den vorletzten Platz Richtung Norden wieder zu verlassen, doch sie verloren bei Borussia Mönchengladbach mit 0:2 (0:1). Es war ihre fünfte Niederlage nacheinander und ihr neuntes siegloses Spiel in Serie. Zwölf Wochen mit nur zwei Punktgewinnen hat es also gedauert, ehe Hertha nach einem 3:2-Sieg gegen Borussia Dortmund am 18. Dezember vom elften Platz mit 21 Punkten auf den vorletzten Platz mit 23 Punkten abgerutscht ist.

"Es gibt jetzt so kurz nach dem Spiel keine Hau-Ruck-Aktion", sagt Fredi Bobic

Der schleichende Niedergang müsste nun eigentlich das sofortige Ende für den Trainer Tayfun Korkut bedeuten, denn es hatte zuvor ultimative Forderungen gegeben. "Es ist unausweichlich, dass wir in Gladbach punkten", hatte Herthas Sport-Geschäftsführer Fredi Bobic vor dem Spiel gesagt. "Verlieren verboten!", hatte Korkut explizit als Maßgabe akzeptiert. Doch direkt nach dem Spiel wollte man sich zumindest die Nacht nehmen, um einmal über alles zu schlafen.

Niederlage für Hertha BSC: Matthias Ginter (Mitte) machte mit seinem Kopfballtreffer zum 2:0 alles klar.

Matthias Ginter (Mitte) machte mit seinem Kopfballtreffer zum 2:0 alles klar.

(Foto: Federico Gambarini/dpa)

"Es gibt jetzt so kurz nach dem Spiel keine Hau-Ruck-Aktion", sagte Bobic nach dem Abpfiff, "ich kann jetzt nichts verkünden, wir werden uns Sonntagfrüh in Ruhe besprechen mit unserem Finanz-Geschäftsführer Ingo Schiller und dem Präsidenten Werner Gegenbauer, und dann werden wir sehen." Der Leistung der Mannschaft konnte Bobic durchaus etwas abgewinnen: "Ich habe gesehen, dass die Jungs alles reingehauen haben; die zweite Halbzeit war offen, da waren sie ein bisschen dran."

"Heute kann man der Mannschaft keinen Vorwurf machen in Sachen Einstellung und Wille", fand auch Korkut. Ob er am kommenden Samstag gegen Hoffenheim noch Trainer sein werde, das könne er so kurz nach dem Spiel nicht beantworten. "Dazu kann ich nichts sagen; wir werden uns unterhalten und ich weiß, dass niemand über dem Verein steht." Ob dies bedeute, dass er mit seiner Entlassung rechne, wurde er daraufhin gefragt und antwortete: "Ich rechne mit gar nichts."

Für die Gladbacher und ihren in häuslicher Corona-Isolation befindlichen Trainer Adi Hütter hingegen war der Sieg ein zumindest statistischer Befreiungsschlag. "Es ist zu spielen mit der Absicht zu gewinnen", hatte Gladbachs Co-Trainer und Interimschef Christian Peintinger vor dem Spiel gesagt und dabei geklungen, als zitiere er aus dem jahrhundertealten ersten Fußballgebot, das in England einst in eine Steinplatte gehauen worden ist. "Die Mannschaft muss liefern", hatte Gladbachs Sportdirektor Roland Virkus zugleich unmissverständlich gefordert. Und sie lieferte. "Die Mannschaft hat eine tolle Reaktion gezeigt nach der 2:3-Niederlage in Stuttgart", sagte Peintinger hinterher erleichtert, mochte insgesamt aber noch keine Entwarnung geben: "Dazu müssen wir diese Leistung erst einmal bestätigen und kontinuierlicher werden." Mit nun 30 Punkten fehlt allerdings nicht mehr so ganz viel, um den Klassenerhalt unter Dach und Fach zu bringen.

Davie Selke schimpft über die Gegentore - beide nach Standards

Die besonderen Voraussetzungen für dieses brisante Spiel waren an beiden Start-Formationen zu erkennen gewesen. In Berlins Team fand man nach der vorangegangenen 1:4-Niederlage gegen Frankfurt gleich sechs neue Spieler, und bei Gladbach begannen mit Luca Netz, 18, Joe Scally, 19, Kouadio Koné, 20, und Jordan Louis Beyer, 21, vier der jüngsten Spieler im Kader, während Routiniers wie Lars Stindl, 33, Tony Jantschke, Patrick Herrmann, Christoph Kramer, alle 31, und Stefan Lainer, 29, (aber alle noch nicht wieder topfit) auf der Bank saßen.

Gladbach zeigte von Anfang an Spielfreude. Das könnte an der zuvor lange nicht mehr wahrgenommenen Kulisse von 30 675 Zuschauern ebenso gelegen haben wie an den Räumen, die die halbherzigen Berliner ihnen gewährten. In der 9. Minute traf Breel Embolo den Pfosten, in der 24. Minute versenkte Alassane Plea einen Foulelfmeter, den Marc-Oliver Kempf per Fußfeger an Marcus Thuram verschuldet hatte. Das einzig Schlechte für Gladbach und das einzig Gute für Berlin: Zur Pause stand es nur 1:0.

Nach vorne ließen die Berliner in der zweiten Halbzeit sogar gelegentlichen Spielwitz aufblitzen, doch nach hinten agierte die mit 60 Gegentreffern zweitschlechteste Defensive der Liga unbedarft. Für die Gladbacher war es ein bisschen enttäuschend, dass sie gegen solche Unbedarftheit erst einen Elfmeter und mit einem Eckball auch noch einen zweiten ruhenden Ball benötigten, um ihre Tore zu schießen. Das 2:0 erzielte Matthias Ginter per Kopf nach einer Ecke von Netz in der 59. Minute.

Jurgen Ekkelenkamp traf für Berlin in der 77. Minute die Latte. Viel mehr war nicht bei der immerhin bemühten Hertha. "Zwei Gegentore durch Standards, das ist ärgerlich, das ist ernüchternd", schimpfte der Angreifer Davie Selke und nannte Herthas Situation acht Spieltage vor Saisonschluss unmissverständlich "eine Scheiß-Situation". Mit diesem Gefühl verbrachten die Herthaner die Nacht. Am Sonntag wird sich zeigen, welche Entscheidung aus dieser Situation hervorgeht.

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