Freiburg besiegt Gladbach 2:1:Hat hier jemand Europa gesagt?

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Bestens eingespielt während der Partie und beim anschließenden Jubel: Freiburgs Spieler bejubeln den 2:1-Auswärtserfolg bei Borussia Mönchengladbach. (Foto: Pau Barrena/Getty Images)

Wer ins internationale Geschäft will, sollte nicht zu viel darüber nachdenken: Dem SC Freiburg gelingt das beim 2:1 bei Borussia Mönchengladbach deutlich besser – die Gastgeber reagieren angefressen.

Von Ulrich Hartmann, Mönchengladbach

„Stein und Bein auf die Elf vom Niederrhein“ schwören gern laut singend die Fans von Borussia Mönchengladbach in ihrem gleichnamigen Lied. Aber so wütend und trotzig wie in der Nachspielzeit der Partie gegen den SC Freiburg hat man sie diese sonst so stolze Zeile selten posaunen hören.

Ausgangs eines allzu defensiven und schwachen Spiels der Gladbacher hatte der 19 Jahre junge Schweizer Johan Manzambi für den SC Freiburg in seinem sechsten Kurzeinsatz den 2:1 (1:1)-Siegtreffer erzielt (90. Minute). Die Gladbacher, die mit einem Erfolg ganz nahe an die Champions-League-Plätze hätten heranrücken können, hatten stattdessen im vierten Heimspiel nacheinander zum dritten Mal verloren und es entsprechend zum wiederholten Mal versäumt, sich ganz vorn in der Tabelle einzunisten.

„Die Mannschaft hat in dieser Saison bis jetzt einen super Job gemacht“, relativierte hernach im Kabinengang Borussen-Sportvorstand Roland Virkus: „Die Spieler sehen natürlich, welche Chancen sich dort vorn in der Tabelle ergeben und wollen dann unbedingt – aber dann verkrampfst du eben auch mal.“ Dass rund um den Borussia-Park seit Wochen über eine Qualifikation für den Europapokal gesprochen wird, bekomme eben auch die Mannschaft mit. „Europa, Europa, Europa!“, sagte Virkus halb fasziniert, halb mahnend.

Kein Verständnis hatte für diese Erklärung anschließend in der Pressekonferenz der darauf angesprochene Trainer Gerardo Seoane. Er behauptete: „Kein Spieler auf dem Platz hat irgendwelche Gedanken an irgendwelche Szenarien – so eine Leistung hat rein fußballerische Gründe.“ Seoane ergänzte im Brustton der Überzeugung: „Europäische Destinationen haben in unserer Kabine keinen Platz.“

Deutlich besser kamen in einer vergleichbaren Gefühlslage am Samstag die Freiburger mit diesem tabellarischen Szenario zurecht. Mit dem ersten Erfolg nach zuvor fünf sieglosen Spielen überholten sie die Gladbacher und sprangen auf den sechsten Platz. „Schöner kann so ein Nachmittag nicht enden“, sagte Abwehrspieler Christian Günter selig am Sky-Mikrofon, wollte beim Blick auf den Rest der Saison aber nicht zu forsch klingen. „Nur, wenn wir weiter so spielen wie heute“, sagte er über den Traum vom internationalen Geschäft, „wird sich zeigen, ob wir da vorne noch reinrutschen können.“

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Die ersten beiden Treffer in einer ausgeglichenen ersten Halbzeit waren mit maßgeblicher Unterstützung der jeweils verteidigenden Mannschaft gefallen. Zunächst lenkte Freiburgs Linksverteidiger Günter in der 14. Minute eine Hereingabe vom Gladbacher Rechtsangreifer Franck Honorat ins eigene Tor. Bloß zwei Minuten später irritierten sich nach einem Kopfball von Freiburgs Patrick Osterhage der Gladbacher Torwart Tiago Pereira Cardoso und sein Kollege Ko Itakura auf der Torlinie gegenseitig. So war es Pereira Cardoso, der dem kopfballabwehrbereiten Itakura den Ball sozusagen von der Stirn spitzelte, diesen dabei aber bloß ins eigene Tor lenkte. Ein ganzes und ein halbes Eigentor in der strahlenden Sonne des Niederrheins waren aus neutraler Sicht bis zu diesem Zeitpunkt: ausgleichende Gerechtigkeit.

Ihr 19 Jahre junges Torwarttalent Pereira Cardoso bewahrte die Borussen in der zweiten Halbzeit mit zwei Glanztaten zunächst vor dem früheren Rückstand. Seine Vorderleute zeigten gegen dominante Freiburger aber nahezu kaum offensive Ambitionen – und wenn einmal, dann verloren sie zu oft zu schnell den Ball. Insofern war es für die Gladbacher vom Zeitpunkt her ärgerlich, aber unerwartet und unverdient war es nicht, dass Manzambi in der 90. Minute nach Flanke von Ritsu Doan den 2:1-Siegtreffer erzielte.

Gladbachs Tim Kleindienst kritisiert seine Mitspieler

„Je mehr du etwas möchtest, desto disziplinierter musst du sein“, lobte Trainer Julian Schuster das spielerische Verhalten seiner Freiburger. Als Ratschlag an die Gladbacher war das natürlich nicht gemeint, aber beherzigen könnten sich die Borussen diesen Sinnspruch künftig vielleicht doch. Der seit einigen Wochen im Borussia-Trikot nicht mehr ganz so durchschlagskräftige Mittelstürmer Tim Kleindienst jedenfalls ging nach dem Schlusspfiff im Sky-Interview zumindest verbal in die Offensive.

Zwar räumte er ein, dass auch von ihm zu wenig gekommen sei, trotzdem sagte er über Mitspieler: „Wenn wir da oben noch ein Wörtchen mitreden wollen, dann müssen wir uns schnellstens verbessern. Ich habe das Gefühl, dass einige mit dem Erreichten vielleicht schon zufrieden sind.“ Das müsse jeder Spieler für sich jetzt mal hinterfragen. Kleindienst hofft, dass man aus diesem Spiel auch Erkenntnisse über die Mentalität der Mannschaft gewinnt: „Darüber müssen wir deutlich sprechen. Denn wir haben noch fünf Spiele, und in denen geht es noch um was.“

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