Bundesliga: Gerald Asamoah:Zwischenstopp am Hülser Badeweiher

Gerald Asamoah, WM-Discjockey 2006 und Kandidat für die Schalker Ahnengalerie, ist auf Vereinssuche - nach seinem Abstecher zu St. Pauli heuert der ehemalige Nationalstürmer kurzfristig bei einem von Olaf Thon trainierten Fünftligisten an. Doch eigentlich hat er bereits ganz andere Pläne.

Philipp Selldorf

Die Geschichte über Gerald Asamoah im aktuellen Reviersport steht hinten im Kleingedruckten auf Seite 30, Rubrik: "NRW-Liga". Auf seine Anhänger muss das beunruhigend wirken. Immerhin hatte das Fachblatt für den Ruhrpott-Fußball den Bericht auf der Titelseite angekündigt: ""Sensation! Asa fängt bei Thon in Hüls an."

FC Schalke 04 v Werder Bremen - Bundesliga

Einer der liebsten Schalker: Gerald Asamoah ist in Gelsenkirchen nach wie vor gerne gesehen.

(Foto: Bongarts/Getty Images)

Ein wenig Etikettenschwindel haben die Zeitungsmacher allerdings betrieben, denn es ist keineswegs so weit gekommen, dass sich der ehemalige Nationalspieler und amtliche Kabinendiscjockey der WM 2006 auf die demnächst anstehenden Punktspiel-Treffen in der fünften Liga mit TuS Erndtebrück oder Westfalia Rhynern vorbereitet. Vorerst hat sich der 32 Jahre alte Stürmer lediglich dem Training der ersten Mannschaft des VfB Hüls angeschlossen, das seit April vorigen Jahres sein früherer Teamkollege Olaf Thon leitet.

Am 25. Juni, einen Tag vor Schalkes Start in die Saisonvorbereitung, hatte Asamoah den bis 2012 laufenden Vertrag mit seinem Stammverein aufgelöst, gelöscht wurde dabei auch die Vereinbarung, im weiteren Arbeitsleben als "Teambotschafter" Schalke zu Diensten zu sein. Nach zwölf Jahren Zugehörigkeit zum Gelsenkirchener Bundesligaklub war das für beide Seiten keine einfache Sache, aber es war auch unausgesprochen klar, dass Asamoah - heimgekehrt von seinem Ausflug zum FC St. Pauli - keine gute Zukunft im Team des anspruchsvollen Trainers Ralf Rangnick haben würde, und so hat sich Sportchef Horst Heldt mit dem Publikumsliebling auf eine Lösung verständigt.

Sie kostet Schalke eine Abfindung, "die deutlich unter dem liegt, was er verdient hätte", wie es im Klub heißt, und dem Betroffenen einen halbwegs standesgemäßen Abschied ließ. Seitdem ist Asamoah aber vereinslos, und das ist im Fußball ein Status, der im Zivilleben dem Zustand der Staatenlosigkeit gleicht. Ein verlorener Zustand also.

Für Männer in seiner Situation hat der Profiverband VdV in Duisburg das Trainingscamp für vereinslose Profis eingerichtet, das just wieder seinen Betrieb aufgenommen hat und derzeit 26 Teilnehmer zählt. "Aber das ist nichts, was sich für Gerald eignet", wie Thon entschieden feststellt.

Nicht zuletzt darauf hatte sich Thon besonnen, als er Asamoah am vorigen Samstag in der Schalke-Arena beim Abschiedsspiel für Marcelo Bordon antraf. Er hat ihn in der Kabine aufgesucht und gefragt, ob er nicht am Sonntag beim Training mitmachen wolle, und Asamoah nahm das Angebot gern an, zumal er ja quasi um die Ecke vom Sportplatz am Hülser Badeweiher wohnt, in Marl-Sickingsmühle nämlich.

Oder doch ins Ausland?

Er schränkte bloß ein, dass er nicht wisse, wie lange er noch das Wiedersehen mit Bordon und Kevin Kuranyi und anderen Alt- und Ex-Schalkern feiern müsse. Zu spät kamen am Sonntag aber andere Spieler des VfB, und so geriet Asamoahs erstes Training beim Oberligisten zu einer Strapaze wie zu seinen Zeiten mit Felix Magath. Es dauerte drei Stunden. "Ein bisschen Strafe muss ja sein", sagt Trainer Thon. Am Montag beließ er es bei zwei Stunden.

Die Arbeitsgemeinschaft komme allen Beteiligten zugute, meint Thon: "Ihm macht es Spaß, und für uns ist es eine Ehre, ihn dabei zu haben. Meine Spieler können einiges von ihm lernen." Geschäftsführer Horst Darmstädter schwärmte, dieser Trainingsgast sei "eine tolle Sache für den ganzen Verein". Doch der Spaß kann bald vorbei sein, Thon erzählt, dass der bald 33-jährige Asamoah aus mehreren Auslandsangeboten wählen könne, "es kann ganz schnell gehen, wie ich ihn verstanden habe". Seine Vermittleragentur verhält sich zu näheren Angaben diskret, und ihn selbst dazu zu befragen, ist nicht ganz einfach.

Asamoahs Telefon entgegnet Anrufern den Text: "Der gewünschte Gesprächspartner möchte zur Zeit keine Gespräche annehmen. Bitte haben Sie Verständnis!" Thon meint: "Gerald ist in guter Verfassung, zwei, drei Jahre wird er noch machen."

Wo immer ihn der Fußball nun hinführt, in Schalke wird er unvergesslich bleiben. Klub und Spieler haben zusammengepasst wie füreinander geschaffen, hochtrabend formuliert lässt sich sagen: Asamoah zählt zu Schalkes prägenden Figuren des frühen 21. Jahrhunderts. Er hat seine Platzreservierung für die Ahnengalerie, womöglich hängt sein Porträt irgendwann in Öl neben den Bildern von Fritz Szepan und Ernst Kuzorra.

Selbst die Trennung kam gerade zum rechten Zeitpunkt, um ihn in guter Erinnerung bleiben zu lassen. Torwart Manuel Neuer ist das nicht vergönnt, obwohl er ein mindestens genauso überzeugtes Ordensmitglied war und wohl immer noch ist. Über seine mögliche Teilnahme an Bordons Abschiedsspiel wurde in der Fangemeinde erregt diskutiert, bei Erscheinen wäre er ausgepfiffen worden. So richteten sich die Pfiffe gegen den unschuldigen Dortmunder Gast Dedé.

Asamoah hingegen empfing Ovationen und hatte ständig eine Menge zu lachen. Wie üblich.

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