Bundesliga:Mainz 05 will sich offenbar weiterhin von El Ghazi trennen

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Eine Aufnahme von Mitte Juni : Fußballprofi Anwar El Ghazi (rechts) und sein Anwalt warten im Flur des Arbeitsgerichts Mainz auf den Beginn der Verhandlung. (Foto: Arne Dedert/dpa)

Erst am Freitag hat ein Arbeitsgericht die fristlose Kündigung des Fußballprofis wegen propalästinensischer Instagram-Posts für unwirksam erklärt. Damit wollen es die Mainzer aber offenbar nicht bewenden lassen.

Von Detlef Esslinger, München

Der FSV Mainz 05 wird voraussichtlich weiter versuchen, sich von seinem Spieler Anwar El Ghazi zu trennen. Nach SZ-Informationen erwägt der Klub Berufung gegen ein Urteil des Arbeitsgerichts Mainz von Freitagnachmittag einzulegen. Der Spieler hatte dort gegen seine fristlose Kündigung wegen eines Instagram-Posts geklagt. Das Gericht gab ihm unter Hinweis auf die Meinungsfreiheit recht.

Anlass für den Rechtsstreit ist ein Beitrag, den El Ghazi am 15. Oktober 2023 bei Instagram veröffentlicht hatte. Darin verurteilte er die Blockade des Gazastreifens, mit der Israel damals zunächst auf das Massaker der Hamas vom 7. Oktober reagiert hatte. Der Beitrag endete mit der Parole: „From the river to the sea, Palestine will be free.” Sie wird in vielen Ländern auf propalästinensischen Demonstrationen gerufen; über ihre Strafbarkeit sind deutsche Gerichte unterschiedlicher Ansicht. Indem die Parole von einem Palästina vom „river“ (dem Jordan) bis zur „sea“ (dem Mittelmeer) spricht, nimmt sie jedoch zumindest in Kauf, als Aufruf zur Vernichtung Israels interpretiert zu werden.

Mainz drückt in Mitteilung Bedauern des Spielers aus – El Ghazi widerspricht

El Ghazi, 29, ist Niederländer, und spielt vor allem als Rechtsaußen. Er hat marokkanische Eltern und wechselte erst im September 2023 nach Mainz, zuvor war er bei der PSV Eindhoven angestellt. Seinen Beitrag löschte er auf Bitten des Vereins bereits nach wenigen Minuten, worauf der Streit aber erst begann. Zunächst mahnten die Mainzer ihn ab und suspendierten ihn; in Gesprächen erinnerte der Vorstand den Spieler an den Wertekanon des Vereins, der einen jüdischen Mitbegründer hat.

Dazu veröffentlichte Mainz 05 am 30. Oktober eine Pressemitteilung, in der es hieß, El Ghazi bedauere „die Veröffentlichung des Beitrages und auch dessen negative Wirkung, gerade auch für den gesamten Verein“. El Ghazi setzte daraufhin am 1. November erneut einen Post bei Instagram ab – in dem er seinem Arbeitgeber unter anderem vorwarf, diese Erklärung sei in der Sache nicht korrekt und auch von ihm nicht autorisiert worden. Obwohl El Ghazi in dem Post auch erklärte, er sei gegen das Töten „aller unschuldigen Zivilisten“ sowie „gegen Antisemitismus“, kündigte der Verein ihm am 3. November fristlos.

Spieler müssen in der Öffentlichkeit „Rücksicht auf die Interessen“ des Vereins nehmen – Post „noch von der Meinungsfreiheit gedeckt“

Vor Gericht ging es nun um mehrere Fragen: Hatte der Angestellte El-Ghazi nun doch Antisemitismus offenbart, indem er die Pressemitteilung seines Arbeitgebers angriff? Hatte er ihn zudem öffentlich der Lüge bezichtigt? Schädigt er mit beidem das Image des Vereins bei Fans und Sponsoren, auch weil er ein viel größeres Publikum hat? El Ghazi kommt bei Instagram auf 847 000 Follower, Mainz 05 auf 269 000. In den Standardverträgen der Bundesliga werden die Spieler daran erinnert, „medienpräsente Arbeitnehmer“ zu sein, die in der Öffentlichkeit „Rücksicht auf die Interessen“ des Vereins nehmen müssten.

Das Gericht gab El Ghazis Klage statt, weil sein Post vom 1. November „noch von der Meinungsfreiheit gedeckt“ sei. Die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses sei für Mainz 05 daher „nicht unzumutbar“, auch wenn man die Vertragspflicht eines Spielers zur Rücksichtnahme auf den Verein in Rechnung stelle. Der Klub hingegen vertritt die Auffassung, El Ghazi habe am 1. November eine antisemitische Haltung bestätigt. Auch habe er angedroht, sich weiter öffentlich zu dem Thema zu äußern.

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