RB Leipzig:Jürgen Klopp darf sich noch ausruhen

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Leipzigs Willi Orban (re.) gewann gegen Mainz alle seine Zweikampfkämpfe, erzielte das 2:0 – und glaubt, dass seine Mannschaft gute Chancen gegen ein größeres Kaliber hat. (Foto: Kirill Kudryavtsev/AFP)

Nach dem 2:0 in Mainz will RB Leipzig auch in der Champions League gegen den FC Liverpool ohne Gegentor bleiben – und verzichtet gegen das Ex-Team des neuen Vordenkers ganz auf dessen Tipps.

Von Frank Hellmann, Mainz

Es ist erst fünf Wochen her, da machte der Mainzer Stadionsprecher Andreas Bockius lauthals auf einen besonderen Tribünengast in der Arena aufmerksam. Fast schon hymnisch wurde die Anwesenheit von Jürgen Klopp vor dem Heimspiel gegen Werder Bremen (1:2) verkündet, Sprechchöre auf den verehrten ehemaligen Trainer folgten.

Wie sehr dessen bevorstehender Einstieg als Fußballchef beim Red-Bull-Imperium die Fankurven erzürnt, war nun bei der Mainzer 0:2-Heimniederlage gegen RB Leipzig zu besichtigen. Auf mehreren Transparenten war das Unverständnis verschriftlicht. „Alles, was wir Dich haben werden lassen, hast Du vergessen“ stand in Versalien auf einer Banderole. Und auf einem anderen Plakat: „Bist Du bekloppt?“

Die Leipziger wird das Thema in der kommenden Woche wohl weiter beschäftigen, am Mittwoch trifft RB in der Champions League auf den FC Liverpool, den nächsten ehemaligen Arbeitgeber Klopps also. Aber so wirklich beunruhigt wirken sie deshalb eher nicht. Als Marco Rose, Leipzigs Trainer und einst Mainzer Spieler unter Klopp, nach der Partie auf seinen früheren Coach angesprochen wurde, sagte er mit einem breiten Grinsen: „Der Kloppo ist auf Mallorca und kümmert sich um seine Frau, um seinen Hund, um seine Kinder. Der braucht seine Ruhe.“ Und eines werde er jetzt bestimmt nicht tun: ihn anrufen.

Vielleicht benötigt Rose dessen Hilfe auch gar nicht. In Leipzig ist nämlich auch ganz ohne den künftigen Vordenker eine Mannschaft entstanden, die vor allem im Spiel gegen den Ball überzeugt. In den vergangenen fünf Begegnungen gab es nicht ein Gegentor. Die Sachsen sind damit nicht zufällig Tabellenzweiter und punktgleich mit dem FC Bayern – und so gut in eine Bundesliga-Saison gestartet wie noch nie.

„Die haben ordentlich Respekt vor uns“, glaubt Abwehrchef Willi Orban

Torwart Peter Gulasci sieht in der defensiven Stabilität „eine Grundidee“, um mehr Konstanz in den Alltag zu bekommen. Fünf Minuten fehlen dem in Jugendzeiten in Liverpool ausgebildeten 34-Jährigen noch, dann hat er den Vereinsrekord für die längste Phase ohne Gegentreffer sicher. Und Abwehrchef Willi Orban glaubt angesichts der neuen Defensivstärke, dass seine Mannschaft jetzt gute Chancen hat, in der Königsklasse erstmals gegen ein größeres Kaliber zu punkten: „Liverpool spielt nicht mehr so wild wie unter Klopp. Die haben ordentlich Respekt vor uns.“ Das habe ihm zumindest der ehemalige Klubkollege Dominik Szoboszlai bei der ungarischen Nationalmannschaft geflüstert.

Deutliche Botschaft: Wie sehr der bevorstehender Einstieg von Jürgen Klopp als Fußballchef beim Red-Bull-Imperium die Fankurven erzürnt, war auch in Mainz zu sehen. (Foto: Torsten Silz/dpa)

Orban selbst brachte es gegen Mainz sogar auf 100 Prozent gewonnene Zweikämpfe – und krönte seine Vorstellung mit dem Abstauber zum 2:0 (37. Minute). Zuvor hatte Xavi Simons die Mannschaft nach einem unwiderstehlichen Antritt und einem Schuss durch die Beine des Mainzer Keepers Robin Zentner in Führung gebracht (20.). Und wenn Benjamin Sesko nicht aus unerfindlichen Gründen den mitgelaufenen Xavi missachtet hätte (70.), wäre der Sieg noch klarer ausgefallen.

Die Leipziger hakten dessen unnötigen Alleingang aber zumindest nach außen schnell ab, stattdessen rühmten sie sich für ihre überzeugende Verteidigungsarbeit gegen den früheren Angstgegner. „Wir hatten Bock auf Defensive“, sagte Sportdirektor Rouven Schröder. Und Orban, 31, machte es besonders glücklich, dass der niederländische Offensivakteur Xavi nicht nur ein Tor erzielte, sondern später sogar am eigenen Strafraum grätschte: „Man hat gesehen, dass die Jungs, die nicht die Paradedisziplin Verteidigen haben, trotzdem auch Lust zum Verteidigen haben.“

Trainer Rose hat dafür bewusst einen Stilwechsel vorgenommen, wie am Samstag zu sehen war: Nur weil zwei Bullen auf dem Trikot prangen, müssen die Protagonisten kein bedingungsloses Pressing aufführen. „Ich habe den Jungs vor dem Spiel gesagt: Ich brauche heute keine 70 Prozent Ballbesitz“, sagte er. Die Anti-Klopp-Plakate wollte Rose an seiner ehemaligen Wirkungsstätte gar nicht bemerkt haben. Stattdessen lautete seine Meinung zu dem Thema, das bis zum offiziellen Amtsantritt Klopps in Leipzig alle beschäftigen dürfte: Auch in Mainz müsste man diesen doch dafür lieben, „dass er hier eine Ära geprägt hat“.

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