Bundesliga: FCK - St. Pauli:11 Schwiegersöhnchen

Das war's wohl: Der FC St. Pauli agiert auch in Kaiserslautern viel zu lieb und steht praktisch als Absteiger fest. Der FCK hingegen bleibt der Liga nach dem 2:0 wohl erhalten. Neue Hoffnung schöpft auch der VfL Wolfsburg.

Carsten Eberts

Seine Spieler seien zu lieb, hatte Holger Stanislawski unlängst geklagt. Sie schimpften nicht genug, polarisierten kaum, strahlten dem Trainer des FC St. Pauli zu wenig dessen aus, worauf es im Abstiegskampf ankommt: "Auf dem Platz muss ich jemand sein, den man nicht gerne als Schwiegersohn hat", sagte Stanislawski. Er wollte seine Profis aufwecken - das hatte jeder verstanden.

1. FC Kaiserslautern - FC St. Pauli

Wie Absteiger: Trainer Holger Stanislawski (rechts) und Marcel Eger.

(Foto: dapd)

Nun ist Stanislawski ein Trainer, dem man die kluge Motivation seiner Spieler gemeinhin zutraut. Allein: Diesmal schaffte er es nicht. Unbedingt hätte der FC St. Pauli beim Mitaufsteiger 1. FC Kaiserslautern einen Sieg benötigt, um doch noch irgendwie die Klasse zu halten. Die Mission glückte nicht - und der FC St. Pauli muss sich nach dem 0:2 (0:1) am Betzenberg auf ein neuerliches Jahr in der zweiten Liga einstellen.

Rechnerisch kann St. Pauli den Relegationsplatz noch erreichen - doch wer will bei zwei verbleibenden Spieltagen und fünf Punkten Rückstand daran glauben? Ähnlich verhält es sich mit dem FCK: Die Lauterer sind noch nicht endgültig gerettet, können bei 40 Punkten jedoch ziemlich sicher für ein weiteres Jahr Erstklassigkeit planen. "Ich bin da noch ein bisschen konservativ", sagte Trainer Marco Kurz nach dem Spiel, "da will ich lieber den Spieltag noch abwarten. Aber Fakt ist, dass wir mit 40 Punkten als Aufsteiger richtig gut unterwegs sind."

Es war sicherlich keine Partie, die vom FCK zu irgendeinem Zeitpunkt überragend geführt wurde. Doch was die Mannschaft von Trainer Marco Kurz an diesem Freitagabend zeigte, war schlichtweg genug: In der 28. Minute schickte Leon Jessen von rechts eine weiche Flanke in den Hamburger Strafraum, Christian Tiffert stand goldrichtig und köpfte den Ball ungehindert ins linke Eck. Ausgerechnet Tiffert, war ihm doch im Hinspiel noch das spielentscheidende Eigentor zugunsten des FC St. Pauli unterlaufen. Anschließend hatte er sogar noch einen Schneeball ins Gesicht bekommen.

Der Führungstreffer sprach aus Hamburger Sicht wieder einmal Bände. Keeper Benedikt Pliquett rastete schier aus, er knöpfte sich Abwehrmann Ralph Gunesch vor, der Tiffert zuvor völlig vernachlässigt hatte. Stanislawski hatte es befürchtet: St. Pauli agierte auch an diesem Abend zu lieb, um überlebenswichtige wichtige Punkte für ein weiteres Jahr Bundesliga zu sammeln.

Es war gewiss nicht so, dass St. Pauli keine Chancen hatte. Die Mannschaft zeigte ansprechenden Fußball, in der 39. Minute konnte sich Gerald Asamoah die Ecke quasi aussuchen, scheiterte dennoch unvermögend an Lauterns jungem Keeper Kevin Trapp. Kurz darauf tat es ihm Max Kruse gleich - wieder hielt der herausragende Trapp die Führung fest.

In der zweiten Halbzeit mühte sich St. Pauli dann verstärkt - doch es reichte nicht, um den FCK ernsthaft zu gefährden. Gunesch köpfte meterweit drüber, auf der anderen Seite scheiterte Tiffert mit einem abgelenkten Schuss knapp an Pliquett. In der 68. Minute dann die Entscheidung: Tiffert schlug eine Ecke hoch in den Strafraum, Mathias Abel kam gänzlich frei zum Kopfball und verwertete sicher. Die Abwehr des FC St. Pauli wiederum: ganz lieb - und viel zu weit weg.

"Das war fußballerisch eine gute Leistung", sagte Stanislawski nach dem Spiel, "aber wir schlafen bei zwei Situationen gnadenlos, eine Katastrophe. Und dann machen wir die Tore nicht." Dabei schickte er ganz leere Blicke durch das Fritz-Walter-Stadion. Die Bundesliga ist relativ sicher um einen sympathischen Klub ärmer.

Wolfsburg siegt in Bremen

Felix Magath ist mit dem VfL Wolfsburg im Abstiegskampf der Fußball-Bundesliga ein Befreiungsschlag geglückt. Die Niedersachen setzten sich bei Werder Bremen durch einen Treffer von Sascha Riether in der 22. Minute mit 1:0 (1:0) durch.

Werder Bremen - VfL Wolfsburg

Tor zum 0:1: Wolfsburgs Sascha Riether (rechts) jubelt mit Cicero.

(Foto: dpa)

Mit dem zweiten Sieg innerhalb von sechs Tagen hat der Meister von 2009 in der Fußball-Bundesliga zumindest bis Samstagnachmittag den Relegationsplatz verlassen und kletterte auf Platz 14. Der Klub von der Weser verpasste es dagegen, den Klassenerhalt mit einem Heimsieg perfekt zu machen. "Wir haben hier nicht ganz unverdient gewonnen. Unser Start war gut, dann aber haben wir den Bremern immer mehr das Feld überlassen. In der zweiten Halbzeit waren wir dann besser und zielstrebiger", sagte Magath, der der selben Startelf vertraute, die vergangene Woche 4:1 gegen Köln gewonnen hatte.

Bremens Trainer Thomas Schaaf hatte seine Elf im Vergleich zum 3: 1-Erfolg beim FC St. Pauli auf einer Position umgebaut. Für den verletzten Stürmer Sandro Wagner rückte der Österreicher Marko Arnautovic in die Mannschaft. Ohne Erfolg: "Wir haben zu keiner Sekunde Druck aufgebaut. Die Offensive war zu schwach, da war keine Überzeugung im Spiel."

Im Weserstadion entwickelte sich von Beginn an ein intensives Spiel, in dem beide Teams ihr Heil in der Offensive suchten. Die erste Gelegenheit hatten die Gastgeber in der 9. Minute. Torsten Frings, der sein 400. Bundesligaspiel absolvierte, zog einen Freistoß aus halblinker Position auf das Tor von Diego Benaglio, der mit dem abgefälschten Ball leichte Probleme hatte. In der Folgezeit übernahm die Elf von Thomas Schaaf das Kommando, brachte Wolfsburg aber nicht ernsthaft in Gefahr.

Nach der Führung für die Mannschaft von Felix Magath war Werder kurz geschockt, Silvestre zwang seinen eigenen Torhüter Tim Wiese mit einer zu kurzen Kopfballrückgabe zu einer Parade (28.). Danach versucht Werder, die Kontrolle zurückzugewinnen. Die Gastgeber konnten aber keine große Torgefahr ausstrahlen.

Nach dem Seitenwechsel erwischten die Bremer erneut den besseren Start und hatten in der 55. Minute durch Marko Marin die Ausgleichschance auf dem Fuß. Der Schuss des Technikers aus 15 Metern war allerdings zu schwach, um Benaglio zu überwinden. Kurz darauf folgte ein gefährlicher Konter der Wolfsburger, den Grafite beinahe per Distanzschuss zum 0:2 abgeschlossen hätte.

In der Schlussphase entwickelte sich eine packende Partie mit Chancen auf beiden Seiten. Marcel Schäfer (69.) und Simon Kjaer (72. ) verpassten die Vorentscheidung für Wolfsburg per Kopf. Wolfsburgs Regisseur Diego, 2009 Pokalsieger mit Werder, wurde von den 40.000 Zuschauern im ausverkauften Stadion nach seiner Auswechslung in der 79. Minute mit Sprechchören verabschiedet. Bei Wolfsburg verdienten sich Grafite und Riether die Bestnoten. Bei Bremen konnten Marin und Wesley überzeugen.

(Text: sid)

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